Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
Diese verübten Verbrechen wider die Natur, indem sie mit Geistern sprachen und die Toten ins Leben zurückriefen.
    Weitere Sites. Weitere alte Stiche und Gemälde. Groteske Darstellungen verkrümmter Gestalten, Menschen, die Tote erweckten, Geister beschworen, Dämonen riefen.
    Mit zitternden Fingern schaltete ich den Browser aus.

13
    I ch verließ das Medienzimmer sehr vorsichtig und halb in der Erwartung, dass Derek hinter der Ecke lauern würde, um sich sofort auf mich stürzen zu können.
    Beim Grollen seiner Stimme fuhr ich zusammen. Das Geräusch kam aber aus dem Esszimmer. Er fragte Mrs. Talbot, wann er zu Dr. Gill hineingehen konnte. Ich rannte ins Unterrichtszimmer. Sie waren immer noch mit Mathe beschäftigt, und Ms. Wang winkte mich auf einen Stuhl an der Tür.
    Als die Unterrichtsstunde zu Ende war, kam Derek hereingeschlurft. Ich gab mir große Mühe, ihn zu ignorieren. Als Rae mich zu dem Schreibtisch neben ihrem hinüberwinkte, stürzte ich geradezu zu ihr. Derek sah nicht einmal in meine Richtung und setzte sich einfach auf seinen üblichen Platz neben Simon. Ihre Köpfe und Stimmen senkten sich, als sie miteinander redeten.
    Simon lachte. Ich versuchte zu verstehen, was Derek sagte. Erzählte er Simon von seinem kleinen Scherz? Oder wurde ich jetzt wirklich paranoid?
    Nach der Englischstunde waren wir für heute fertig. Derek verschwand mit Simon, und ich folgte Rae ins Esszimmer, wo wir mit den Hausaufgaben begannen.
    Ich brachte meine eine Seite über Satzdiagramme kaum zu Ende. Es war, als entzifferte ich eine Fremdsprache.
    Ich sah Geister. Wirkliche Geister.
    Vielleicht wäre dies für jemanden, der zuvor bereits an Geister geglaubt hatte, einfacher gewesen. Aber ich tat nichts dergleichen.
    Meine Kenntnisse in Religionsfragen beschränkten sich auf das, was ich bei sporadischen Kirchen- und Bibelstundenbesuchen mit Freunden mitbekommen hatte. Dazu kam ein kurzes Zwischenspiel an einer privaten christlichen Schule zu einer Zeit, als mein Dad mich nicht an einer öffentlichen Schule hatte unterbringen können. Ich glaubte an Gott und das Jenseits auf die gleiche Art, auf die ich auch an Sonnensysteme glaubte, die ich noch nie gesehen hatte – ein sachliches Akzeptieren ihrer Existenz, obwohl ich mir über die Details niemals Gedanken gemacht hatte.
    Wenn Geister existierten, bedeutete das dann, dass es keinen Himmel gab? Waren wir alle dazu verdammt, als Schatten ewig auf der Erde zu wandeln in der Hoffnung, jemanden zu finden, der uns sehen und hören und …
    Und
was
konnte? Was wollten die Geister von mir?
    Ich dachte an die Stimme im Keller. Was
der
gewollt hatte, wusste ich. Ich sollte eine Tür öffnen. Dann war dieser Geist also seit Jahren zugange, hatte endlich jemanden gefunden, der ihn hören konnte, und seine wirklich weltbewegende Bitte war: »Hey, könntest du mir die Tür da aufmachen?«
    Und was war mit Liz? Das musste ich geträumt haben. Alle anderen Möglichkeiten … das konnte ich mir ganz einfach nicht vorstellen.
    Aber eins war sicher. Ich musste mehr erfahren, und wenn die Pillen verhinderten, dass ich die Geister sehen und hören konnte, dann musste ich aufhören, sie zu schlucken.
     
    »Dir wird das nicht passieren.«
    Ich wandte mich vom Wohnzimmerfenster ab, als Rae hereinkam.
    »Was Liz passiert ist. Verlegt zu werden. Dir wird das nicht passieren.« Sie setzte sich aufs Sofa. »Deswegen machst du dir Gedanken, stimmt’s? Und hast den ganzen Tag keine zehn Worte gesagt?«
    »Tut mir leid. Ich bin einfach bloß …«
    »Wahnsinnig erschrocken.«
    Ich nickte. Es stimmte, auch wenn der Grund nicht der war, den sie vermutete. Ich setzte mich in einen der Schaukelstühle.
    »Wie ich gestern Abend gesagt habe, Chloe, es gibt einen Trick, wie man hier rauskommt.« Sie senkte die Stimme. »Was du auch davon hältst? Von ihren Etiketten. Immer nur nicken und lächeln. Sag ›Ja, Dr. Gill. Sie haben ja so recht, Dr. Gill. Ich möchte unbedingt Fortschritte machen, Dr. Gill.‹ Mach das, und du kannst jetzt jeden Tag genau wie Peter durch diese Haustür da verschwinden. Wir beide. Und dann schicke ich dir eine Rechnung für meinen guten Rat.«
    Ich gab mir Mühe zu lächeln. Nach allem, was ich bisher gesehen hatte, war Rae eine Musterpatientin. Warum also war sie immer noch hier?
    »Wie lang ist man denn durchschnittlich hier drin?«, fragte ich.
    Sie ließ sich auf dem Sofa nach hinten fallen. »So etwa zwei Monate, glaube ich.«
    »M-monate?«
    »Peter war etwa so

Weitere Kostenlose Bücher