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Schattenstunde

Schattenstunde

Titel: Schattenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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bin?
    Oder rauszufinden, dass ich’s nicht bin?
    Ich senkte die Finger auf die Tasten hinunter und tippte
A. R. Gurney Schule Kunst Buffalo Tod Hausmeister
.
    Tausende von Suchergebnissen. Die meisten hatten auf die eine oder andere Art mit dem Dramatiker A. R. Gurney aus Buffalo zu tun. Aber dann sah ich die Worte
tragischer Unfall
und wusste Bescheid.
    Ich zwang mich, die Maus auf dem Bildschirm aufwärts zu schieben, klickte und las den Artikel.
    Im Jahr 1991 war Rod Stinson, einundvierzig, leitender Hausmeister an der A. R. Gurney School of the Arts, bei einer Chemikalienexplosion ums Leben gekommen. Ein fürchterlicher, unnötiger Unfall. Eine Aushilfsputzkraft hatte einen Behälter mit der falschen Lösung gefüllt.
    Er war gestorben, bevor ich auch nur geboren worden war. Daher war es kaum vorstellbar, dass ich jemals von dem Unfall gehört hatte.
    Aber andererseits … dass ich mich nicht erinnern konnte, davon gehört zu haben, bedeutete nicht unbedingt, dass ich nicht irgendwann etwas aufgeschnappt hatte. Vielleicht etwas, das ein Lehrer einmal erwähnt und ich mir tief im Unterbewussten gemerkt hatte, damit die Schizophrenie es dann wieder herauszerren und zu einer Halluzination verarbeiten konnte.
    Ich überflog den Artikel noch einmal. Kein Foto. Ich kehrte zu meiner Trefferseite zurück und klickte den nächsten Eintrag an. Mehr oder weniger die gleichen Informationen, aber zu diesem Artikel gehörte ein Bild. Und es konnte überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass dies der Mann war, den ich gesehen hatte.
    Hatte ich sein Foto schon früher einmal irgendwo gesehen?
    Du hast für alles eine Antwort, stimmt’s? Eine »logische Erklärung.« Okay, und was würdest du denken, wenn du das hier in einem von deinen Filmen sehen würdest?
    Ich würde mir wünschen, zum Bildschirm rennen und diesem albernen Mädchen, dem die Wahrheit ins Gesicht starrte, eine kleben zu können, weil sie zu dumm war, sie zu sehen. Nein, nicht zu dumm. Zu verbohrt.
    Du willst eine logische Erklärung? Dann sieh dir doch die Tatsachen an. Die Szenen.
    Erste Szene: Mädchen hört körperlose Stimmen und sieht einen Jungen, der plötzlich vor ihren Augen verschwindet.
    Zweite Szene: Mädchen sieht toten Typ mit merkwürdigen Verbrennungen.
    Dritte Szene: Mädchen stellt fest, dass es den verbrannten Hausmeister wirklich gegeben hat und dass er in ihrer Schule auf genau die Art umgekommen ist, die sie gesehen hat.
    Und trotzdem glaubt dieses Mädchen, unsere angeblich nicht unintelligente Heldin, nicht daran, dass sie Geister sieht? Schüttel die doch mal einer durch.
    Ich sträubte mich immer noch. Sosehr ich die Welt des Kinos liebte, ich kannte den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Geschichten. In Filmen können Geister und Außerirdische und Vampire existieren. Man braucht nicht selbst an Aliens zu glauben, um in einem Kino zu sitzen, zuzusehen, wie die handelnden Personen sich mit den Hinweisen auf eine Außerirdischeninvasion herumschlagen, und brüllen zu wollen:
»Hallooo!«
    Aber wenn man den Leuten im wirklichen Leben erzählt, dass man von geschmolzenen Schulhausmeistern verfolgt wird, dann sagen sie nicht: »Wow, wahrscheinlich siehst du Geister.« Stattdessen sorgen sie dafür, dass man an einem Ort wie diesem hier landet.
    Ich starrte das Foto an. Es bestand nicht der geringste Zweifel.
    »Ist das der Typ, den du gesehen hast?«
    Ich fuhr auf meinem Stuhl herum. Derek stand unmittelbar hinter mir. Für einen Menschen seiner Größe bewegte er sich so leise, dass man fast hätte meinen können,
er
wäre ein Geist. Genauso lautlos und genauso unwillkommen.
    Er zeigte auf die Überschrift über dem Artikel. »A. R. Gurney. Das ist doch deine Schule. Den Typ hast du gesehen, stimmt’s?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    Er musterte mich wortlos.
    Ich schaltete den Browser aus. »Ich hab was für die Schule recherchiert. Ein Referat, das ich fertigstellen will, wenn ich zurück bin.«
    »Worüber? ›Leute, die an meiner Schule umgekommen sind‹? Weißt du, ich hab ja schon immer gehört, Kunstschulen sollen da ziemlich merkwürdig sein …«
    Mir sträubten sich die Haare. »Merkwürdig?«
    »Brauchst du was zum Recherchieren?« Als er sich vorbeugte, um nach der Maus zu greifen, trieb mir eine Spur Schweißgeruch in die Nase. Nichts, das die Zimmerpflanzen zum Welken gebracht hätte, einfach ein erster Hinweis darauf, dass das Deo nicht mehr wirkte. Ich versuchte unauffällig auszuweichen, aber er merkte

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