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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Glassplittern und Patronenhülsen. Eine abgebrochene Neonröhre hing aus ihrer Fassung von der Decke, zwei weitere waren ausgefallen, die letzte flackerte in irrem Rhythmus. Die Dimmerbeleuchtung, deren Birnen größtenteils intakt geblieben waren, reichte nicht aus, den großen Raum aufzuhellen.
    Mehrere Männer mit Springerstiefeln und Sturmhauben waren gerade dabei, die Einrichtung zielgerichtet in ihre Einzelteile zu zerlegen. Es klirrte und krachte, während sie Möbel zerschlugen und Regale von den Wänden rissen. Andere gingen von Tür zu Tür und wühlten sich durch die Seitenräume.
    »Glaubst du, wir haben sie alle?«, fragte Alistair. Er saß auf einem der Barhocker und lud seine Makarov-Pistole nach, ein durchschnittlich wirkender Mann mit durchschnittlichen, braunen Augen. Seine Sturmhaube war an der Seite zerrissen und blutverklebt, doch seine Haut darunter war intakt. Er war ein Druide, seine Regenerationskraft hatte seine Wunden längst geheilt.
    Derrien schüttelte den Kopf. »Man kriegt niemals alle, wenn man gegen Ratten kämpft. Es kommen immer ein paar davon.« Er hielt inne mit seiner Beschäftigung, das eingetrocknete Blut von seiner Klinge zu kratzen. »Der springende Punkt ist: Haben wir Rabenfeder?«
    Alistair antwortete nichts und wandte den Blick ab. Derrien machte mit seiner Putzarbeit weiter.
    Das Schwert in seiner Hand war kein gewöhnliches Schwert. Die Klinge war von einem Meisterschmied in der Bretagne in einer Esse aus elementarem Feuer nach den Geheimnissen der Damaszener geschmiedet worden und zeigte das durch den vielfachen Faltungsvorgang entstandene Wellenmuster. Die Parierstangen waren im Stile zweier sich küssender Fische gehalten, das Heft war lederumwickelt und für zwei Hände ausgelegt, obwohl die Waffe auch mit einer zu führen war. In den Knauf war ein strahlendblauer Saphir eingelegt. Es war
Wasserklinge
, das Druidenschwert seines Bruders Ronan. Seines
einzigen
Bruders. Der, der vor einer Woche in der Schlacht von Espeland gefallen war. Die Erinnerung war noch frisch und ließ Derrien mit den Zähnen knirschen.
    Ronan hatte den Kelten den Sieg gebracht, hatte man Derrien erzählt. Der Schildwall war bereits an zwei Stellen gebrochen, die Schlacht damit so gut wie verloren gewesen. Aber Ronan hatte das Zentrum gehalten und war schließlich selbst durchgebrochen, was den Grundstein für den letztendlichen Triumph bedeutet hatte. Doch Ronan hatte keine Gelegenheit bekommen, seinen Erfolg auszukosten – ein schwarzer Pfeil, ein Schattenpfeil, hatte ihn in den letzten Minuten der Schlacht getötet.
    Derrien war währenddessen nicht untätig geblieben. Während in der Innenwelt die Schlacht getobt hatte, hatte er den Kampf in die Außenwelt getragen. Mit Hilfe seiner Waldläufer-Druiden und den Bergener Renegaten hatte er in einer blutigen Nacht Bergens Pforten erobert und dabei mindestens ein Dutzend Ratten getötet. Die vom Schlachtfeld geflohenen Schatten benutzten die Pforten, um in die Außenwelt zu gelangen, und waren ihnen dort ins offene Messer gelaufen. Fünfzehn Schatten hatten sie erschlagen, in einer einzigen Nacht! Dann kam der überstürzte Gegenangriff des Feindes mit einem weiteren Dutzend toter Ratten. Drei Renegaten waren gefallen, dazu ein paar gewöhnliche Menschen und Talente, keiner von Derriens Druiden. Alles in allem war der Feldzug ein großer Erfolg.
    Aber sie waren keinem ihrer drei Hauptziele näher gekommen. Ashkaruna, der Rabenlord, hatte die Schlacht zwar verloren, sich aber allen Anschein nach an den besetzten Pforten vorbei retten können – zumindest war
seine
Leiche noch nicht aufgetaucht. Und während Ronan mit der Ratsarmee bei Espeland kämpfte und Derrien die Bergener Pforten stürmte, hatte Lord Rushai, ein weiterer mächtiger Schattenlord, eine
zweite
Armee in Richtung Süden geführt und dort die Druidenarmee aus Dachaigh na Làmthuigh 1 vernichtend geschlagen. Und eine Antwort auf die große Frage –
Wie vermehren sich die Schatten, und woher kommen sie?
– hatte sich bisher auch noch nicht ergeben. Es geschah im Frühjahr, das war alles, was sie wussten. Aber wie? Und wo? Was mussten sie tun, um sie zu stoppen? Der ganze Feldzug verlor an Bedeutung, wenn anschließend zwei Dutzend neue Schatten aus ihren Eiern schlüpften und sich zum Kampf gegen die Druiden rüsteten!
    »Dmitriy!«
    Derrien sah auf, als er seinen Codenamen hörte. In einer Wand hinter dem Laufsteg hatte sich eine verborgene Tür geöffnet. Der Mann, der

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