Schattensturm
daraus hervorgetreten war, war Padern, einer seiner Waldläufer-Druiden. Seine schwarze Kleidung hing nur noch in Fetzen an ihm, auf der rechten Seite fehlten das gesamte Hosenbein, der Stiefel sowie der Ärmel. Er war über und über mit Ruß verschmiert und ging mit deutlichem Hinken.
Derrien stand auf und lief ihm entgegen. »Was ist passiert?« Es schien, als ob er endlich erfahren würde, woher die dumpfe Explosion gekommen war, die sie alle während des Kampfes gehört hatten.
»Handgranate«, erwiderte Padern nur. Er winkte ihn hinter sich her und verschwand in der Tür. Derrien folgte ihm, Alistair im Schlepptau.
Dahinter schloss sich ein kurzer Korridor an, mit mehreren Türen zu beiden Seiten. Die Tür am Ende des Gangs war aus ihremRahmen gerissen und lag auf dem Boden. Padern ging zielstrebig auf die verbliebene Öffnung zu und verschwand dahinter.
Es war dunkel. Derrien nahm den Handscheinwerfer vom Gürtel und schaltete ihn an. Hinter dem Durchgang befand sich ein Treppenhaus. Der Lichtkegel fiel auf rußgeschwärzte Fliesen, ein zersplittertes Treppengeländer, Blutspritzer und schließlich eine Leiche – der Körper eines Rattenmenschen, das helle Fell rot und schwarz gefärbt von Blut und Ruß. Ihm fehlten ein Arm und der Großteil seines Kopfes.
»Alles in Ordnung«, hörte er Padern murmeln. »Wir haben gewonnen! Wir bringen dich raus hier!«
Derrien leuchtete in seine Richtung. Padern hatte sich zu einem Mann auf dem Boden gebeugt, den die Explosion beinahe ebenso schwer erwischt hatte wie die Ratte. Karanteq.
Karanteq war ebenfalls Druide und war wie Padern und Derrien Bretone. Normalerweise war er braungebrannt, doch im Licht des Scheinwerfers schien sein Gesicht aschfahl. Seine Augen waren blutige Höhlen, seine Haare größtenteils verbrannt, sein rechter Unterarm war nur noch über einen blutigen Fetzen Fleisch mit seinem Ellbogen verbunden. Sein rechtes Bein fehlte ganz.
»Kümmert euch um ihn«, befahl er zwei Männern, die ihnen gefolgt waren. Er wartete, bis sie den verstümmelten Mann unter den Achseln gepackt und nach draußen gebracht hatten, und untersuchte währenddessen weiter das Treppenhaus. Karanteqs Schicksal ließ ihn kalt. Der Mann war Druide, seine Heilungskräfte waren stark genug, um die schrecklichen Verletzungen zu regenerieren. Ganz im Gegensatz zu der Ratte.
Er suchte weiter und fand zwei weitere Tote. Dieses Mal verzog er das Gesicht. Es waren Leif und Magnus, zwei seiner eigenen Männer.
Gute
Männer. Leif war sogar ein Talent, ein Mensch, der einzelne Druidenkräfte besaß, ohne ein Druide zu sein. Ihn zu ersetzen würde Derrien sehr, sehr schwerfallen … Als Letztes fand er den Oberkörper eines weiteren Rattenmenschen, dieses Mal jedoch mit dunklem Fell. Blutiges Gedärm hing aus seinem Leib ineiner enormen Pfütze aus geronnenem Blut. Derrien fragte sich kurz, wo der Rest von ihm steckte.
»Was ist passiert?«, fragte er Padern, als Karanteq nach draußen geschafft und erneut Ruhe eingekehrt war. »Und bei den Göttern, wo steckt der Wolf?« Damit meinte er Murdoch MacRoberts, ein weiterer Druide seines Gefolges.
»Er ist dem Rabenlord hinterher. Ist er noch nicht zurückgekehrt?«
Ein Schauer lief durch Derriens Körper. Also war Rabenfeder
tatsächlich
hiergewesen. Wenn Murdoch auf seiner Fährte war, standen die Chancen gut, dass sie ihn erwischten. Murdoch war einer der erfahrensten Druiden unter den Waldläufern. Und einer der brutalsten …
Ob sie den Rabenlord brauchen für ihr Ritual? Ob nur
er
den Dämon binden kann, der seit Monaten die Küste heimsucht?
Vielleicht bekamen sie bald die Antwort auf jene Fragen.
»Wir haben hier ein ganzes
Rudel
Rattenmenschen überrascht«, fuhr Padern mit der Erklärung fort. »Fünf Stück, plus ein Skelett-Schatten und ein Rabe. Das Skelett ist geflohen, nach der Granatexplosion ist ihm Murdoch hinterher. Er war der Erste, der sich wieder erholt hatte.« Er kratzte sich an der Stirn, dort, wo ein Teil seiner Sturmhaube fehlte und sein verkohlter Haaransatz zum Vorschein kam.
Derrien nickte nachdenklich.
»Was ist mit den restlichen Ratten passiert?«, fragte Alistair. »Ich sehe hier nur zwei ihrer Kadaver.«
»Zwei sind abgehauen.« Padern deutete die Treppe nach oben. »Keine Ahnung, wo der Letzte hin ist.«
Alistair murmelte: »Ein paar kommen
immer
davon.« Es waren Derriens Worte, die er da wiederholte.
Derrien leuchtete mit dem Scheinwerfer auf den Treppenabsatz unter ihnen. »Wo führt das
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