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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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eine Sitzgruppe für sechs Personen, der Rest war vollgestellt mit Gartengerät und Säcken voller Erde und Blumendünger. Die Staubschicht und die Zahl der Spinnweben bestätigten, was das verrostete Schloss schon angedeutet hatte: Heute interessierte sich niemand mehr für das kleine Gebäude in diesem verwilderten Garten direkt hinter dem Uferweg der Elbe.
    Spider stieg hinter den Tisch und wischte eine Scheibe frei von Staub, um nach draußen sehen zu können. Armstrongs große Körperratten stöberten raschelnd in dem Gerümpel. Colt ließ sichauf einen der Stühle sinken und legte den Kopf auf den Tisch. Keelin wandte sich nach Mickey um und sah ihn mit großen Augen an. Er fragte sich, ob sie in der Dunkelheit überhaupt etwas sehen konnte – im Gegensatz zu seinen Rattenbrüdern, die wie er allesamt Kampf- oder Tiergestalt angenommen hatten, war sie auf ihre menschlichen Sinne beschränkt.
    »Was tun wir jetzt?«, fragte sie.
    ~Scheiße gut Frage~, quiekte Armstrong unter einem Rasenmäher hervor.
    Mickey wurde es für einen Moment warm ums Herz, als er mit dem Gedanken spielte, die Maschine anzuwerfen. Doch Armstrong zu Hackfleisch zu verarbeiten würde keinem von ihnen weiterhelfen. Wenn er in seiner Rattengestalt starb, würde noch nicht einmal jemand
satt
werden. Er verkniff sich einen Seufzer. »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
    Die Druidin setzte sich auf einen der Stühle, zog die Beine an ihren Körper und schlang die Arme darum. Sie klapperte kurz mit den Zähnen, verkniff es sich jedoch gleich wieder. Ihre Arme und Hände zitterten wie Espenlaub. »Glaubst du, sie finden uns hier?«
    »Nicht vor ihrem Ritual. Sie haben unsere Spur spätestens an der Elbe verloren.« Sie waren extra deswegen in den Fluss gestiegen und hatten sich ein paar Hundert Meter treiben lassen. Er seufzte. »Die Frage ist, was passiert danach?«
    »Sie werden uns nicht vergessen haben«, meinte Spider, ohne sich umzudrehen, »nach dem, was wir dort unten abgezogen haben. Sie werden Blut sehen wollen.«
    »Und sie werden uns finden«, murmelte Mickey. »Spätestens, wenn sie meine tote Körperratte benutzen.« Ein Körperteil – und die tote Ratte war als Körperteil noch besser als ein Stück Fingernagel oder ein Haar – würde sie nach einem Ritual der Suche direkt zu ihm führen.
    »Das heißt«, fasste Keelin zusammen, »dass wir es noch einmal versuchen müssen.« Ihre Stimme klang müde und resignierend.
    ~Quatsch und Scheiße~, knurrte Armstrongs Rattenstimme aus der Dunkelheit.
    »Was sagt er?«
    Mickey zog die Augenbrauen nach oben. Er hätte nicht gedacht, dass die Druidin die Rattenlaute als Sprache erkannte. »Er hält das für keine gute Idee«, übersetzte er diplomatisch.
    »Immerhin ist heute Halloween«, fügte Keelin hinzu.
    »Stimmt.«
Aber was hat Halloween mit unserem Problem zu tun? ,
wollte Mickey schon hinzufügen, doch er hielt sich zurück. Immerhin bedeutete Halloween, dass heute Nacht die halbe Stadt mit Maske und Verkleidung durch die Straßen rannte. In einer Nacht wie dieser war es noch schwieriger, die Stadt zu überwachen. »Aber es stellt sich die Frage, ob das reicht.«
    Keelin zuckte mit den Schultern und stützte ihr Kinn auf die Knie.
    »Wie wär’s mit einem Ablenkungsmanöver?«, fragte der Albino.
    Mickey zog irritiert die Augenbrauen zusammen. »Wir sind ein Rudel, Spider. Entweder wir schaffen es alle heraus oder keiner. Niemand spielt den Helden!« Natürlich könnten sie die Druidin opfern, aber irgendwie fühlte sich das im Moment beinahe ebenso falsch an, wie einen seiner Gefährten ans Messer zu liefern.
    »Meinte auch nicht, dass einer von uns für eine Ablenkung sorgen soll. Es könnte ja jemand von außerhalb machen.«
    Mickey sah auf. »Spuck aus, was du zu sagen hast. Ich habe heute keine Lust auf Ratespielchen!«
    Spider drehte sich um. »Stell dir vor, Ashkaruna würde bei denen anrufen und ihnen erklären, dass er von einem Haufen Druiden oder Kirchenagenten weiß, die sich dem Ritualplatz nähern. Ich schätze, das würde Tanash ziemlich ins Schwitzen bringen.«
    »Du bist ein Bastard«, knurrte Mickey und starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Warum hast du das nicht schon vor zehn Tagen gesagt?«
    »Weil Tanash da nicht halb so nervös war, wie er es heute in dieserNacht sein wird. Wenn dieser Trick funktioniert, dann heute.« Seine roten Augen hielten Mickeys Starren mühelos stand.
    Mickey hielt den Blick für ein paar Sekunden länger als angenehm

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