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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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großer Schattenlord, von dem bestimmt jeder von euch schon gehört hat! Lord Rushai! Die Kelten nennen ihn den Schwarzen Baum, er ist der Mann, der ihren größten Volkshelden in eine Falle gelockt und getötet hat! Er ist der Sieger der Schlachten von Kvam und Sauda und Fürst über das Keltenvolk von Stavanger.«
    »Wir kennen keinen Rushai!«, rief Veronika hinab und hoffte, dass ihre Stimme dabei nicht zitterte.
Rushai …
Tatsächlich hatte sie schon sehr viel von ihm gehört, aber ihre Männer hoffentlich nicht. Für die bevorstehende Schlacht brauchten sie jedes bisschen Mut, das sie kriegen konnten. Vielleicht half es ihnen, wenn sie glaubten, der Anführer des feindlichen Heeres war ein unbekannter, unbedeutender Mann.
    »Wenn Ihr Lord Rushai nicht kennt, seid Ihr entweder dumm oder ignorant. Ihr hättet Euch bei den Kelten besser erkundigen sollen!«
    »Oder Ihr seid ein Lügner, Tel’shatar! Und ich mag es nicht, mit Lügnern zu sprechen! Sagt, was Ihr zu sagen habt, oder ich lasse meine Bogenschützen auf Euch schießen!«
    So, wie sich seine Fäuste ballten, hatte sie offenbar einen schwachen Punkt getroffen. Der Schatten war stolz. Sein Pferd spürte seinen Ärger offenbar und tänzelte unruhig zur Seite. Es dauerte einen Moment, bis er es unter Kontrolle gebracht hatte.
    »Finde Pettar«, raunte sie Gunnar zu, »und sage ihm, dass ich ihm das Fell über die Ohren ziehe, wenn er zugibt, den Namen Rushai zu kennen!« Sie berührte den Thorshammer um ihren Hals und hoffte inbrünstig, dass der ehemalige Kelte einer von den Leuten war, die mit Torwald in die Halle verschwunden waren, und nicht noch auf dem Wall stand. Ein falscher Gesichtsausdruck konnte reichen, um ihren Männern Angst und Schrecken einzujagen …
    »Also gut«, knurrte der Schatten schließlich. Es war tatsächlichein Knurren, mehr tierisch als menschlich, das ein flaues Gefühl in Veronikas Magen hinterließ. »Hier ist Rushais Angebot: Wenn ihr die Tore der Festung öffnet und sie kampflos in seine Hände gebt, erhält jeder von euch freies Geleit nach Oslo, sobald Åndalsnes erobert und der Weg über das Rauma- und Lågental frei ist. Lehnt ihr das Angebot ab, sterben alle.«
    Veronika zog überrascht die Augenbrauen nach oben. Es war ein besseres Angebot, als sie je erwartet hatte, insbesondere von einem Schatten, deren Grausamkeit und Menschenverachtung bei Kelten wie Germanen geradezu legendär war. Aber das Angebot hatte einen Haken. »Wir wären Narren«, rief sie zu ihm hinab, »wenn wir unser Leben einem Schatten anvertrauten! Hatten wir nicht vorhin schon festgestellt, dass Ihr ein Lügner und Betrüger seid?«
    Der Schatten rammte die Sporen seiner Stiefel in die Flanken des Pferds, das mit weiß verdrehten Augen und einem erschrockenen Wiehern anstieg.
Du magst mich nicht, hmm?
, dachte sich Veronika.
Ich gestehe dir etwas: Ich mag dich auch nicht!
Sie zuckte mit den Schultern. Sie war schließlich nicht hier, um sich Freunde zu machen.
    »Fragt ihn«, erklärte der Schatten, nachdem er sich wieder unter Kontrolle gebracht hatte. »Er war früher ein Mitglied des Keltenrates von Stavanger!«
    Die Miene des Mannes verzog sich gequält. »Mein Name ist Devon o’Cronan«, meinte er mit leiser Stimme und zu Boden geschlagenen Augen. Er musste es zweimal wiederholen, bis er laut genug war, dass Veronika vom Wall aus die einzelnen Worte verstand. »Nach den verlorenen Schlachten von Kvam und Sauda wurde ich in den Fürstenrat zu Dachaigh na Làmthuigh gewählt.«
    »Stavanger«, erklärte der Schatten.
    »Stavanger, ja. Ich war mit der Verteidigung der Stadtmauern beauftragt. Als die Schattenarmee heran war, bot Rushai freien Abzug für meine Sippe und mir ein Leben in Gefangenschaft.« Das Gesicht des Mannes verzog sich, als ob er etwas Saures im Mund hätte. »Ich habe angenommen, und ich lebe. Meine Sippe wurde nach Ceum Ceàird geschickt – »
    »Oslo«, fügte der Schatten ein.
    Der Kelte warf ihm einen bösen Blick zu. »Ja, Oslo. Auf dem Weg dorthin geschah der Germanenaufstand, so dass sie sich nun in irgendeiner norwegischen Kriegsgefangenschaft befinden.«
    »Rushai hat Wort gehalten«, fasste Tel’shatar zusammen. »Und er wird es wieder tun.«
    Veronika nickte nachdenklich. Vielleicht mochte Lord Rushais Freizügigkeit nicht zu dem passen, was man sich unter typischem Schattenverhalten vorstellte, aber es passte sehr gut zu dem, was sie bisher von ihm gehört hatte – ein hochintelligenter Schatten, trickreich

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