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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Er hatte das Gefühl, dieses Gespräch schon einmal geführt zu haben. »Genau den«, seufzte er.
    »Moment.«
    Während des Wartens lauschte Mickey in die Dunkelheit. Er konnte Spiders tapsende Schritte auf der Treppe hören, doch oben blieb weiter alles ruhig.
    »Hast du was gefunden?«, fragte er den Albino, als dieser im Treppenaufgang erschien.
    Seine Frage war unnötig. Spider war wieder in seiner Menschform und hatte sich bereits umgezogen. Er trug nun eine enge Jeans, die sehr deutlich machte, welch dürre Beinchen der Rattenmensch besaß, und einen schwarzen Wollpullover. »Hier, das müsste dir passen«, meinte er und streckte ihm einen Ballen Kleider hin.
    »Halt mal.« Mickey drückte ihm den Hörer in die Hand und floss in seine Menschgestalt. Hastig schlüpfte er aus den Lumpen und zog sich mühsam die frischen Klamotten über. Sein rechter Arm war noch immer nutzlos und musste per Hand in Hemdsärmel und Pullover gesteckt werden. Mickey wunderte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sein Körper die Schockstarre über den Tod der Körperratte überwunden hatte. Die Kleider rochen nach altem Schweiß, aber damit war zu rechnen gewesen, wenn man Klamotten aus einer Waschküche stahl. Da seine letzte Duscheauch schon wieder einige Zeit her war und das Bad in der Elbe ihn eher noch schmutziger als sauberer gemacht hatte, wären frische Kleider ohnehin sinnlos gewesen.
    Als er fertig war, streckte ihm Spider wortlos den Hörer entgegen. Offenbar hatte sich noch immer niemand gemeldet. Mickey ergriff ihn, hielt ihn sich an das Ohr und wartete.
    »Was ist los?«, fragte Ashkaruna schließlich unwirsch in die Leitung.
    »Wir brauchen deine Hilfe«, erklärte Mickey. »Wir schaffen es sonst nicht aus Hamburg. Hast du eine Möglichkeit, Tanash zu erreichen?«
    »Ja.«
    »Du musst ihn anrufen. Kannst du ihm sagen, dass ein Trupp germanischer Jarle auf dem Weg zu seinem Beschwörungskreis ist? Irgendetwas, was Tanashs Leute aus der Peripherie abzieht. Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver, sonst schaffen wir es nicht aus der Stadt!«
    Ashkaruna kicherte am anderen Ende der Leitung. Mickey hielt sich den Hörer vor das Gesicht und sah verdattert hinein. Spider warf ihm einen fragenden Blick zu, doch Mickey konnte nur mit den Schultern zucken.
    »Was ist daran so lustig?«, fragte er verwirrt.
    Ashkaruna beruhigte sich wieder, doch seiner Stimme war sein Amüsement noch deutlich anzumerken. »Das ist mit Abstand das Allerdümmste, was ich jetzt tun könnte, Mickey. Mit Abstand!«
    Mickey ballte die Faust und kniff die Augen zusammen. Es reichte Ashkaruna offenbar nicht aus, seine Bitte um Hilfe abzulehnen, nein, er musste ihn noch zusätzlich beleidigen.
Das große A
, sagte sein Telefonmann immer. Das konnte auch für
Das große Arschloch
stehen … »Warum?«, fragte er wütend.
    »Weil ich Ur’tolosh befohlen habe, Lord Tanash einen Besuch abzustatten. Ich möchte ihm doch nicht die ganze Überraschung nehmen!« Er kicherte erneut.
    Mickey spürte, wie sein Mund aufklappte. »Er kommt nach
Hamburg?
«, stammelte er schließlich, als er wieder einigermaßen die Fassung erlangt hatte.
    »Sehr wohl, sehr wohl. Ihr solltet in der Zwischenzeit die Köpfe einziehen. Viel Glück dabei.« Die Leitung klickte, dann klang der Besetztton aus dem Hörer. Mickey starrte fassungslos ins Leere.
    »Boss!«, drängte ihn Spider. »Was zum Teufel hat er gesagt? Wer kommt nach Hamburg?«
    Mickey sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an. »Ur’tolosh«, murmelte er.
    »Was?«, fragte der Albino verdattert. »Sag, dass das ein Witz ist!«
    Mickey schüttelte nur den Kopf. Es war kein Witz. Der Dämon kam nach Deutschland, um die Beschwörung eines anderen Dämons zu verhindern. »Wir müssen hier weg«, erklärte er entschieden. »Jetzt. Sofort!«
    Auf dem Rückweg zur Gartenlaube rannten sie.
     
    Ein Hornstoß erscholl über das Feld. Ein zweites Horn stimmte mit ein, dann noch ein drittes. Die Banner der einzelnen Abteilungen richteten sich wieder auf, und die feindlichen Truppen setzten sich in Bewegung.
    »Sie kommen«, murmelte Torwald.
    Veronika nickte. Sie kamen. Langsam und schwerfällig, aber sie kamen. »Schlag den Alarm«, befahl sie Yngvar, einem ihrer Unterführer. Während dieser zu der kleinen Glocke im Torturm eilte, starrte sie weiter auf das Feld.
    Zuallererst kamen fünf mehr oder weniger rechteckig angeordnete Bogenschützenabteilungen. Drei standen direkt dem Südwall gegenüber, die zwei äußeren

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