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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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und feststellte, dass plötzlich der Krach von oben zu hören war, würden sie sichvielleicht denken können, dass irgendwo die Türen offenstanden. Er hätte sie doch schließen sollen, aber dafür war es jetzt zu spät.
    Schließlich wagte er es, sich langsam nach unten zu lassen, ganz langsam, zuerst mit den Armen, bis er zusammengekrümmt dahing wie ein Koala am Bambus, dann mit den Beinen, als er sich sicher war, dass die Arme sein Gewicht hielten. Dabei versuchte er die ganze Zeit, nicht an den Rückweg zu denken. Denn wenn dieser Weg ausschied, musste er einen neuen finden. Und er war sich ziemlich sicher, dass ihm dafür die Zeit nicht mehr reichte. Das Ritual stören zu wollen, ohne vorher einen Fluchtweg ausgekundschaftet zu haben, war Selbstmord.
    Du wolltest nicht an den Rückweg denken
, erinnerte er sich, doch es war zu spät. Der Gedanke war gedacht.
    Er würde hier nicht mehr herauskommen.
    Das ist nicht das erste Mal, dass du das denkst
!
, schalt ihn die Stimme Fürst Herwarths.
    Aber das erste Mal, dass ich es so überzeugt denke
!
, winselte Wolfgang .
    Dann stirb wie ein Mann!
    Wolfgang zwinkerte. Er fand, dass Herwarth wie immer nicht besonders hilfreich war.
    Plötzlich drang von oben ein leises Rauschen zu ihm, das schnell lauter wurde. Es klang ein wenig nach einem Rohrbruch, fand Wolfgang und wunderte sich, was das nun wieder zu bedeuten hatte. Das Geräusch schwoll an, wurde lauter und lauter und plötzlich ergoss sich sturzbachartig Wasser in den
    Schacht. Wolfgang klammerte sich erschrocken fest, während der Schwall stärker und stärker wurde. Das meiste davon stürzte an ihm vorbei in die Tiefe, doch es prasselte genügend auf Kopf und Schultern, um ihn nach unten zu pressen. Es war so viel, dass es schwer wurde, Luft zu holen, er musste heftig husten, als er Wasser in die Lungen bekam. Sein Griff lockerte sich, als sich der Schwall noch einmal verstärkte, und dann war es plötzlich zu viel, er rutschte ab und stürzte in die Tiefe. Er versuchte, sich noch einmalfestzuhalten, erwischte sogar eines der Kabel, doch Wasser auf Öl war noch rutschiger als die Trosse allein, und er bekam keinen festen Griff. Er trudelte und trudelte und wunderte sich, wie lange das wohl noch so gehen würde.
    In diesem Moment schlug er, Beine voraus, ins Wasser. Sein Schwung reichte aus, um ihn tief nach unten zu drücken. Er fragte sich, ob es ihm gelingen würde, die Aufzugstür im Keller zu öffnen, um die Rattenmenschen dort zu ersäufen, aber er wusste im gleichen Moment, dass es utopisch war. Es war stockfinster hier unten, er sah nichts als Schwärze, und sein Atem war jetzt schon knapp. Hastig begann er mit Schwimmbewegungen, doch er spürte, dass ihn seine Ausrüstung weiter nach unten zerrte. Am Rande einer Panik streifte er das Umhängeband der Werkzeugtasche ab und schlüpfte aus seiner Jacke. Er dachte kurz an die Schuhe, gab den Gedanken jedoch sogleich auf. Bis er die sorgfältig verschnürten Springerstiefel losgeworden war, wäre er längst ertrunken.
    Seine Lungen brannten, während er sich nach oben kämpfte. Der Drang, nach Luft zu schnappen, wurde größer und größer und immer schwerer zu ignorieren. Seine Arme berührten eines der Kabel, und er begann, sich daran weiter nach oben zu ziehen, weiter, immer weiter. Er stöhnte mit geschlossenem Mund, um sich am Atmen zu hindern, während das Rauschen, mit dem sich weiter Wasser in den Schacht ergoss, lauter und lauter wurde, und plötzlich hatte er die Wasseroberfläche erreicht. Gierig schnappte er nach Luft, keuchte und hustete, als er dabei Wasser schluckte, doch es war Luft,
Luft
! Er schwamm im Schacht umher, bis er eine Stelle gefunden hatte, an die der Sturzbach von oben nicht herankam, und wartete, während er mit tiefen Atemzügen seinen Körper beruhigte.
    Es dauerte einige Zeit, bis er sich soweit erholt hatte, dass er sich die Frage stellen konnte:
Was bei den Eishöllen geht hier eigentlich vor?
Woher kam das Wasser? War irgendwo ein Deich gebrochen? Lag das Land hier überhaupt so tief, dass es bei einem Deichbruch vollWasser laufen würde? Um ihn herum rauschte und sprudelte es, während Wolfgang sorgfältig den Geruch analysierte und sich dann auf den Geschmack auf seiner Zunge konzentrierte.
    Kloake
, dachte er zuerst, aber dafür war der Geschmack viel zu wenig konzentriert. Die Kanalisation war sicherlich mit beteiligt, doch der Hauptgeschmack war brackig.
Elbwasser
. War das eine Sturmflut? Sturmfluten entwickelten

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