Schattentänzer
zersplitterte und mich zwang, die Augen zu öffnen …
Um mich herum herrschte Finsternis. Es war heiß, so heiß, dass ich kaum Luft bekam. Jeder Atemzug drohte mir die Lungen zu versengen, die Augen traten mir fast aus den Höhlen. Es schien mir das reinste Wunder, dass weder meine Kleidung noch meine Haare in Flammen standen. Ich schirmte mein Gesicht mit dem Arm ab, aber die erhoffte Erleichterung blieb aus. Im Gegenteil sogar, das Atmen fiel mir noch schwerer.
»Bei allen tausend Dämonen!«, brummte ich. »Wo bin ich nun schon wieder gelandet?«
»Dort, wo du schon zweimal gewesen bist. Diejenigen, die den Weg in die Urwelt kennen, kehren immer wieder in sie zurück. Das haben wir dir doch gesagt, oder?«
Also erneut die Welt des Chaos. Und abermals nahmen mich die drei Schatten in Empfang. Ihre Gesichter konnte ich jedoch nicht ausmachen, ich vernahm nur ihre Stimmen.
»Das habt ihr, Ladys.«
»Welche Freude, dass du uns nicht vergessen hast. Sei gegrüßt, Schattentänzer.«
»Meine Verehrung. Wie heiß es diesmal bei euch ist.«
»Unsere Welt stirbt, und das, was du mitgebracht hast, beschleunigt ihren Tod noch.«
Unwillkürlich tastete ich nach der Tasche, in der sich das Horn befand.
»Es war nur ein Traum«, murmelte ich erleichtert, als ich begriff, dass ich den Tod Sialas nur geträumt hatte.
»Ein Traum?« Einer der Schatten lachte bitter. »Vielleicht hast du ja auch in die Zukunft gesehen? Oder in die Vergangenheit?«
»Oder du hast erblickt, was nun nicht mehr geschehen wird?«, bemerkte ein anderer Schatten.
»Ich weiß es nicht.«
»Auch wir wissen nicht, was der Schattentänzer gesehen hat und was seine Gesichte bedeuten. Die Waagschalen zittern bereits. Spute dich, dein Ziel zu erreichen!«
»Aber wo ist es?«, fragte ich begriffsstutzig.
»Du musst dabei sein, wenn die Würfel zum letzten Mal fallen. Wenn diese Partie endet. Du kannst noch immer gewinnen, auch wenn das Horn die unterirdischen Verliese der Gefallenen verlassen hat.«
»Brich auf, Schattentänzer! Wenn das Artefakt hier ist, stirbt unsere Welt noch schneller.«
Die Dunkelheit wurde von drei rechteckigen Lichtern zerschnitten. Unwillkürlich kniff ich die Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich drei Ausgänge vor mir.
»Was ist das?«, fragte ich die Schatten.
»Das? Dein Ausgang aus unserer Welt.«
»Aber es sind drei Türen!«
»Das stimmt.« Der zweite Schatten schien zu lächeln. »Du musst eine von ihnen wählen.«
Ich vermutete einen Hinterhalt.
»Das ist keine Falle, Schattentänzer. Es sind lediglich die Türen des Schicksals. Alle zukünftigen Ereignisse hängen davon ab, durch welche Tür du gehst.«
Was für eine verlockende Aussicht!
»Was liegt denn hinter diesen Türen?«
»Das weiß niemand. Lass dein Herz sprechen und gehe hindurch! Leb wohl«, sagte die Dritte.
»Leb wohl, Schattentänzer.«
»Leb wohl«, echote die Erste.
Hol mich doch das Dunkel! Was spielte es schon für eine Rolle, welche Tür ich nahm! Als ob nicht ohnehin alles schlecht enden würde! Ich ging auf die rechte Tür zu.
Auf halbem Weg blieb ich jedoch stehen. Merkwürdig. Die Schatten hatten mir den Weg aus der Welt des Chaos gezeigt, ohne dass ich sie danach gefragt hatte. Dabei hatten sie mich beim letzten Mal noch gebeten, bei ihnen zu bleiben und ihrer Welt neues Leben einzuhauchen. Ob dieser Sinneswandel auf das Horn des Regenbogens zurückging, das die Urwelt vergiftete?
Als ich mich umdrehte, sah ich, dass sie mich die ganze Zeit über schweigend beobachtet hatten.
»Was wird nun?«
Sie verstanden, was ich meinte.
»Die Welt des Chaos stirbt. Wenn nicht heute, dann morgen. Alles nimmt einmal ein Ende.«
»Und alles hat seinen Preis«, warf die Dritte ein.
Die Worte Sagras fielen mir ein, die sie an die Schatten gerichtet hatte. Die Schatten würden mein Leben mit dem Tod ihrer Welt bezahlen.
»Was wird dann aus euch, Ladys?«
Ich musste lange auf eine Antwort warten: »Das ist unsere Welt«, sagte die Dritte schließlich. »Und wir werden sie nicht verlassen.«
Ich bleibe nicht gern etwas schuldig, ja, ich begehe sogar zuweilen eine Dummheit, nur um meine Schuld zu begleichen. Deshalb drehte ich nun auch den Türen den Rücken zu. Unverzüglich legte sich Dunkel über sie. Die Schatten konnte ich jedoch weiterhin tadellos erkennen.
»Du willst nicht von hier weggehen?« In der Stimme der Ersten schwang Angst mit.
»Ich gehe durchs Feuer. Wie bisher auch.«
»Das Feuer ist bereits
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