Schattentänzer
verpflichtet.«
»Und Shokren?«
»Welcher Shokren?«
»Der Schamane, der meine Tasche an sich genommen hatte«, sagte ich.
»Der hat einen Pfeil in den Hals bekommen«, klärte mich Mylord Alistan auf. »Deshalb sollten wir auch so schnell wie möglich von hier verschwinden, bevor noch jemand Alarm schlägt.«
Ich fragte nicht danach, wie sie es wohl angestellt hatten, in dieses Orkdorf einzudringen, den Schamanen zu töten und ihm die Tasche mit dem Horn abzunehmen. Ebenso verschwendete ich fast keinen Gedanken daran, dass sie erst das Horn und dann mich gerettet hatten.
»Folgt mir!«, befahl Egrassa und marschierte los. »Leise!«
Ich wollte dem Elfen sogleich hinterher, aber Kli-Kli drängelte sich vor. Glo-Glo und Alistan bildeten den Abschluss. Am Rand des Dorfes brannten Lagerfeuer, und Gesang erklang. Plötzlich erhob sich aus dem hohen, trockenen Gras ein schwarzes Gespenst. Aal. Als er mich entdeckte, nickte er kaum merklich. Glo-Glo bedachte er mit einem erstaunten Blick, sagte jedoch kein Wort.
»Ist alles ruhig?«, fragte Alistan Markhouse.
»Ja. Allerdings wollten die beiden hier zur Grube. Da musste ich etwas unternehmen.«
Erst jetzt entdeckte ich die beiden Leichen. Ich trat näher an sie heran. Olag und Fagred. Beide waren von Kli-Klis Wurfmessern getötet worden.
»Hat jemand was gehört?«, fragte Mylord Alistan besorgt.
»Sie haben nicht mal begriffen, wie ihnen geschah«, erwiderte Aal kichernd.
Glo-Glo spuckte voller Verachtung auf Fagreds Leiche.
»Weiter! Zu den Bäumen!«
Wir rannten über die Lichtung und fanden uns im Schutz der Ahornbäume wieder. Von den Stämmen lösten sich zwei kleingewachsene Figuren.
»Ich hab dir doch gesagt, dass sie es schaffen, Bartwicht!«
»Aber mit uns hätten sie es noch besser geschafft, Hutträger! Garrett, mein Freund, wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen! Oh! Du hast dir einen Bart stehen lassen! Ganz wie ich! Und wen bringst du da mit?«
»Sieht aus wie ein Kobold«, mischte sich Deler ein.
»Einen zweiten Narren verkrafte ich nicht«, stöhnte Hallas auf. Egrassa brachte die beiden rasch zum Schweigen.
Mit einem Mal raschelte es in den Blättern, dann fielen mir die ersten Tropfen ins Gesicht.
»Wir müssen hier weg, werte Freunde«, riss Glo-Glo das Ruder an sich. »Und zwar rasch!«
»Das hat uns noch gefehlt, dass ein Kobold hier den Befehl übernimmt!«, brummte Hallas.
»Wir sollten nach Osten gehen«, fuhr Glo-Glo völlig ungerührt fort. »Sobald wir diese Felsen hinter uns lassen, kommen wir an einen Bach, der nach Norden fließt. Am Wasser kann ich unsere Spuren verwischen.«
»Dann ist es entschieden!« Egrassa vertraute dem Kobold blindlings. »Du führst uns?«
»Ja. Kommt!«
Wir schlugen uns in den regennassen Wald. Es war feucht, kalt und sehr dunkel. Irgendwann tauchte Lämpler neben mir auf, knuffte mich freundschaftlich mit der Faust gegen den Oberarm und überholte mich, um Alistan Meldung zu machen.
»Aal!«, wandte ich mich an den Garraker, der hinter mir ging. »Haben die Orks denn keine Wachen für die Nacht aufgestellt?«
Mich verwirrte, dass sich alles derart in Wohlgefallen auflöste.
»Die fünf am Dorfrand haben wir erledigt, mehr Posten gab es nicht«, antwortete Aal. »Was sollen sie in ihrem eigenen Zuhause auch fürchten? Noch dazu am Abend eines Festtages? Ich glaube, ohne dieses Fest hätten wir dich nicht so einfach befreit. Vom Horn ganz zu schweigen.«
»Der Phlini hat uns von alldem berichtet«, sagte Kli-Kli. »Vom Horn und von dir.«
»Ist der Ring denn wirklich so wertvoll für ihn?«
»Ja. Wir sind dann übrigens gleich wie wild hierher gehetzt, um dich zu retten – und du hast dich noch nicht einmal bedankt!«
»Danke, Kli-Kli.«
»Doch nicht dafür«, entgegnete der Narr großherzig. »Ich bin sehr froh, dich gesund und munter wiederzusehen, Schattentänzer. Ehrenwort.«
»Ich auch.«
»Mit wem hast du dich da eigentlich angefreundet?« Der Kobold nickte in Richtung Glo-Glo.
»Wir sind gemeinsam durchs Labyrinth gegangen.«
»Verstehe.« Daraufhin verkniff sich der Kobold jede weitere Frage.
Glo-Glo beschleunigte seinen Schritt immer wieder, sodass wir zuweilen regelrecht hinter ihm herhasten mussten. Der Regen ließ nicht nach, im Gegenteil. Ich hüllte mich fest in die Jacke des inzwischen toten Fagred – soll doch ein H’san’kor seine Knochen fressen! Eine geschlagene Stunde marschierten wir ohne Unterlass. Wie mussten sich wohl die anderen fühlen? Erst
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