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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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fünfzehn Schritt lang und von Knochen übersät war. Linker wie rechter Hand ging der Boden in Höhlenwände über. Die Decke war nicht auszumachen, dazu lag sie zu hoch. Offenbar hatte mich das Flügeltor in eine natürliche Höhle gebracht, die die Erbauer von Hrad Spine vor vielen Jahrtausenden entdeckt hatten.
    Zur dritten Terrasse führte eine steinerne Brücke hinunter, die unmittelbar hinter dem Flügeltor begann und irgendwo weit unten endete.
    Mhm.
    Es lockte mich nicht sehr, auf einem nur vier Schritt breiten Steg ohne jedes Geländer nach unten zu balancieren.
    Neugier zwang mich, einen Oberarmknochen aufzuheben und in die Tiefe zu werfen. Noch im selben Augenblick bereute ich mein Tun, denn wer wusste schon, wen ich da aufschreckte. Nun war es jedoch zu spät. Immerhin vergaß ich nicht zu zählen, um eine Vorstellung von der Tiefe dieser Höhle zu gewinnen. Als ich bei dreiundneunzig ankam, gab ich den Versuch auf: Ich würde den Aufprall ohnehin nicht hören.
    Obwohl ich allmählich hätte weitergehen sollen, schindete ich noch mit allerlei Gedankenspielen Zeit. So würde ich ein solides Goldstück verwetten, dass die Brücke länger war als das Leben eines Ogers. Einen Pfeiler, auf dem sie ruhte, konnte ich übrigens nirgendwo ausmachen. Welche Magie mochte den Stein also in der Luft halten?
    Auch fürchtete ich eine Begegnung mit den Dienern des Herrn auf dieser Streitbahn. Lathressa, Balistan Pargaide, Bleichling und noch ein weiteres Dutzend dieser Mistkerle würden entzückt sein, mich auf so engem Raum zu stellen. Andererseits besaßen sie den Schlüssel, der mir die Rückkehr ans Sonnenlicht verhieß … Doch genug gegrübelt! Jetzt galt es zu handeln! Wie hieß es doch in dem Gedicht?
    Eile weiter, harre nicht! Weit stehen die Flügel offen
    Hinein zu des Schlummernden Raunens Ruhestatt.
    Doch zeigen sich Mensch, Elf und auch Ork getroffen
    Vom Wahnsinn – der auch dich in seinen Fängen hat.
    Wenn das nicht anspornte! Vor allem da schon mal die Flügel alles andere als weit offen gestanden hatten und der weitere Weg zu den Sälen des Schlummernden Raunens über diesen dünnen steinernen Faden führte, der sich zwischen dem Dunkel und dem Nichts spannte.
    Dennoch zauderte ich nun nicht länger, gab einem »Feuer« in Gedanken den Befehl aufzuflammen, betrat die Brücke und setzte mich in Bewegung.
    Das magische Licht mit ausgestrecktem Arm weit vor mich haltend, tastete ich mich vorwärts und hoffte inständig, das »Feuer« möge nur bitte nicht die Aufmerksamkeit wenig freundlich gesinnter Kreaturen auf mich lenken.
    Die Brücke zog sich so gerade wie eine Saite dahin. Sobald ich vergaß, wo ich mich befand, und dem Rand nicht zu nahe kam, stellte der Weg im Grunde keine große Herausforderung dar.
    Stille und Dunkel. Dunkel und Stille. Wie wollte man die Beinernen Paläste eigentlich ohne diese beiden Wörter beschreiben?
    Mit jeder Faser meines Körpers spürte ich die Last des Dunkels, der Stille und der zahllosen League aus Gestein und Erde über mir.
    Das »Feuer« verscheuchte die Finsternis kaum und warf sein Licht nur je sieben Schritt vor und hinter mich, sodass ich wie eine einsame Fliege aus dem Ausschnitt eines Dämons herauskrabbelte. Die Brücke brachte mich unmerklich in eine immer größere Tiefe. Nun wurde es auch kühler, allerdings wehte in der Höhle kein Lüftchen.
    Da flammten weit vor mir plötzlich weiße Funken auf. Wie winzige glühende Sandkörnchen sahen sie aus. Sofort blieb ich stehen und schirmte das »Feuer« mit beiden Händen ab.
    Weitere milchig weiße Funken stoben auf. Mich trennten mindestens tausend Yard von ihnen. Drei lange und peinigende Minuten spähte ich in die Finsternis, doch weitere Explosionen blieben aus. Was auch immer sich Lathressa da ausgedacht haben mochte – und das war ihr Werk, dessen war ich mir sicher –, der Spuk war vorbei.
    Ich setzte mich in den Schneidersitz und wartete vorsichtshalber noch einmal zehn Minuten, bis die Diener des Herrn endgültig abgezogen waren. Danach machte ich mir keine Gedanken mehr, sie könnten das »Feuer« sehen, denn dazu war der Abstand zwischen mir und der Gesellschaft um Balistan Pargaide wirklich zu groß. Und verglichen mit den Funken Lathressas war mein »Feuer« nicht mehr als ein Stück Kohle in den Flammen eines Waldbrandes.
    Nachdem ich zwanzig Minuten gegangen war, hörte ich ein gleichmäßiges leises Schwirren. So surren aufgeregte Bienen in ihrem Stock, so rauscht Wasser, das aus

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