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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Saals bestanden aus Schädeln, die Decke aus überkreuz gelegten Rippen und Schulterblättern. Wirbelsäulen, Brustkörbe und Schädel fügten sich zu riesigen Lüstern, in denen magische Lichter brannten.
    Schaudernd lief ich inmitten der Gebeine weiter. Es gruselte mich. Und es kam mir vor, als glotzten die Seelen derjenigen, die seit Jahrhunderten auf ihre Bestattung warteten, aus dunklen Augenhöhlen auf mich.
    Nirgendwo machte ich ein vollständiges Skelett aus. Wer auch immer die Schaustücke für dieses gewaltige und schreckliche Museum zusammengetragen hatte, hatte weder Zeit noch Mühe gescheut und sämtliche Knochen sortiert. Überall ragten Berge von Knochen auf. Wirbel hier, Rippen da. Beckenknochen, Unterkiefer, Ober- und Unterschenkel, Oberarmknochen, Ellen, Speichen, Fingerglieder, ja sogar Zähne.
    Zwischen diesen Bergen hindurch zog sich ein Weg, dem ich folgte, während ich möglichst jeden Blick auf die Schädel vermied. Trotzdem fühlte ich mich durch die zahllosen Augenhöhlen wie aufgespießt. In mir kochte die Angst eines kleinen Kindes hoch.
    Irgendwann fingen dann die Pyramiden an. Für ihren Bau waren ebenfalls Schädel verwendet worden. Jedes dieser Bauwerke erhob sich über zehn Yard in die Höhe. Nach meinem Dafürhalten hatten für jede Pyramide mehrere Tausend Köpfe herhalten müssen. Und in jeder von ihnen gab es eine dunkle Nische – aber wer würde da schon hineinkriechen?
    Als ich an der achten Pyramide vorbeikam, hörte ich etwas. Es klang, als rasselten Ketten oder klimperte jemand mit Münzen.
    Kling, pling, klirr.
    Schritte näherten sich. Fieberhaft hielt ich nach einem Versteck Ausschau. Doch Sagoth wollte sich wohl einen kleinen Scherz mit mir erlauben, denn es gab nur eine Möglichkeit, mich zu verbergen: die Nischen in den Pyramiden. Das hatte ich nun davon. Man soll eben nie nie sagen.
    Die Nische stellte sich als recht geräumig heraus. Nachdem ich den Pilz in der Tasche verstaut hatte, damit mich das Licht nicht verriet, versank die Welt um mich herum im Dunkeln.
    Kling, pling.
    Die Schritte kamen näher und näher.
    Mit einem Mal traten die Wände der Pyramide mir gegenüber aus dem Dunkel hervor. Der Unbekannte hatte eine Fackel bei sich. Dann sah ich den Kerl. Er trug weder Ketten, noch hatte er Geld in den Taschen (weil diese fehlten). Er klirrte einfach bei jedem Schritt. Noch so ein ruheloser Toter. Sein Gesicht war verschrumpelt wie eine Rosine, die Nase fehlte völlig, die Wangen waren zerfetzt, durch die Löcher schimmerten Zähne. Schwarze, tote Augen. Genau wie bei Bass.
    Auf dem Kopf des Klimperers saß die Kappe eines Hofnarren, nur dass statt Schellen winzige goldene Schädel an ihr baumelten. In der linken Hand hielt er die Fackel, in der rechten einen Morgenstern. Sein Anblick war ebenso schrecklich wie linkisch.
    Wie eine Maus hockte ich in meinem Versteck. Der Unbekannte setzte seinen Rundgang durch das ihm anvertraute Terrain fort und entschwand in die Dunkelheit. Sobald seine Schritte verhallt waren, kroch ich aus der Nische. Ich musste diese Beinernen Säle so schnell wie möglich hinter mich bringen – was wollte ich mit einem Messer schon gegen einen Morgenstern ausrichten?
    Kaum hörte ich erneut ein Geräusch, da schoss ich auch schon in die nächste Pyramide. Wieder bemerkte mich der Tote nicht. Noch viermal musste sich Garrett der Schatten vor diesen Klimperern in Sicherheit bringen, die in den Beinernen Sälen Patrouille liefen.
    Irgendwann wichen die Knochenpyramiden zur Seite und gaben den Blick auf eine Art Platz frei. Auf ihm türmte sich kein einziger Knochenberg, in seiner Mitte erhob sich eine Statue.
    Ich hatte das Vergnügen, der Todesgöttin höchstselbst ins Auge zu sehen. Sie schien aus einem einzigen Knochen gehauen, nach der Art des Materials und seiner blendend perlweißen Farbe zu schließen vermutlich aus dem Stoßzahn eines Mammuts.
    Sagra saß auf einem massiven Thron, der aus menschlichen Knochen errichtet worden war, die nackten Füße auf einen riesigen Schädel gestützt. Sie war in ein schlichtes, ärmelloses Gewand gehüllt, das einer Bäuerin beim Erntedankfest gut zu Gesicht gestanden hätte, nicht aber der Gebieterin über Leben und Schicksal. Ein Schädel, der als Halbmaske gearbeitet war, verbarg das Gesicht, so dass nur die vollen Lippen (fest zusammengepresst) und das ideal geformte Kinn zu erkennen waren. Das prächtige silberweiße Haar fiel ihr über die nackten Schultern. An der Meisterschaft des

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