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Schattentag: Kriminalroman (German Edition)

Schattentag: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schattentag: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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Zitronenkuchen und betrachte Maras Schattenriss.
    »Jetzt möchte ich aufhören«, sage ich.
    »Was meinst du?«, fragt Mara.
    »Einfach aufhören.«
    »Das wird nicht gehen«, sagt Mara.
    »Wieso nicht?«
    »Heute Abend …«
    »Nein!«
    »Heute Abend ein Feuerwerk …«
    »Ich komme nicht mit.«
    »Heute Abend ein Feuerwerk auf der Insel, und ich freue mich darauf, ich möchte, dass du mitkommst.«

23
    Eine Szene, von der ich zu wissen glaube, wie sie ablaufen wird, weil ich vermute, sie erlebt zu haben. Ich bilde mir sogar ein, das Ende zu kennen.
    Den Hügel hinunter, den Steg entlang, am Rand der Insel, auf den Lärm, auf die Klippen, auf das Wasser zu.
    Maras Worte verhallen bedeutungslos.
    Wir stehen auf weichem feuchtem Sand, Mara sagt mir, dass überall grüne, rote, gelbe, blaue Lichter brennen. Es ist ein warmer Abend. Mara gießt Wein ein und reicht mir ein Glas.
    Wir sind allein.
    Das Meer rauscht.
    Der Wein schmeckt nach nichts.
    »Komm«, sage ich nach einer Weile.
    »Was?«, fragt Mara.
    »Komm schon!«, sage ich und ziehe und zerre sie mit, sie stolpert, ich zwänge sie durch die Drehtür, die Treppen hinauf.
    »Ich möchte dir etwas zeigen«, sage ich.
    Dann stehen wir im Freien, tief unter uns schlagen die Wellen gegen die Klippen.
    »Da ist ein Geländer«, sage ich. »Stell die Frage!«
    »Wo sind wir?«, sagt Mara.
    »Im Hotel, auf dem Balkon«, sage ich. »Von hier können wir am besten sehen. Das Feuerwerk fängt gleich an.«
    Maras Schattenriss sieht auf das Meer hinaus und Mara schweigt.
    »Mara!«, sage ich.
    »Hm?«
    »Dein Text!«
    »Schau nur! Die Farben! Alle Farben!«, ruft Mara dumpf.
    Ich kneife die Augen zusammen, bis ich mir vorstellen kann, die Feuerwerkskörper als graue Sternschnuppen zu sehen.
    Es dauert quälend lange.
    »Alle Farben«, flüstere ich, als es vorbei ist.
    »Alle Farben«, sagt Mara.
    »Alle Farben«, bestätigt der Polizist und legt seine kalte Hand auf meine Schulter.
    Marlene entsorgt das Kondom.
    Das Telefon klingelt.
    Ich sterbe.
    Und ziehe meine Hose hoch.
    Viviana läuft durch lila Licht auf die Tür zu.
    Ich schließe den Reißverschluss.
    Marlene wäscht sich die Hände.
    Viviana öffnet die Tür und tritt auf den Flur.
    Das Licht im Flur ist grell und gelb.
    Ich stehe im Schatten.
    Der Ventilator surrt.
    Ich möchte noch eine Weile so stehen bleiben.
    Marlene trocknet sich die Hände ab.
    Ich knöpfe mein Hemd zu.
    Im gelben Flur nimmt Viviana ein Telefonat entgegen.
    Ich rücke meine Krawatte zurecht.
    Marlene nimmt ihr Kleid von der Stuhllehne.
    Viviana nennt dem Anrufer einen Ort und einen Preis.
    Marlene streift sich das Kleid über.
    Ich fahre mir durchs Haar.
    Marlene schaltet den Ventilator aus.
    Ich atme einmal wirklich tief durch …
    Marlene geht voraus.
    … und während ich aus dem Schatten trete, beginne ich, etwas zu begreifen.
    Viviana beendet das Telefonat.
    Ich bleibe auf der Schwelle stehen.
    »Ich gehe duschen«, sagt Marlene zu Viviana.
    Ich taste nach der Wand.
    Viviana nickt.
    Ein Gesicht, das mich gestreift hat.
    »Na, mein Schatz«, sagt Viviana.
    Unten bei den Aufzügen.
    Neben mir wird ein Türgriff gedrückt.
    Das Gesicht einer Frau.
    Ich kralle meine Hände in die Wand.
    »Was ist?«, fragt Viviana.
    Etwas passiert.
    Marlene schweigt.
    Ich weiß noch nicht, was.
    Ich tauche in Marlenes leere Augen.
    Eine Tür wird geöffnet.
    »Hat’s dir auch Spaß gemacht, Laura?«, fragt eine Stimme, die ich kenne.
    »Na, klar«, sagt Laura. Sie lacht und tritt aus dem Nebenzimmer.
    »Moment noch!«, sagt Viviana.
    »Was denn?«, fragt Laura.
    Ich wende den Kopf. Meine Beine geben nach, aber ich bleibe kerzengerade stehen.
    Das Licht ist grell und gelb.
    Der Tag nicht zu Ende.
    Das Leben wie ein Traum.
    Wer hätte gedacht, dass wir uns wiedersehen würden?
    »Ich habe dir doch gesagt, dass sich die Kunden nicht unbedingt begegnen müssen«, sagt Viviana zu Laura.
    Ich reiße die Augen auf.
    »He, dich kenn ich ja, dich kenn ich«, sagt der Rollstuhlfahrer. Er lacht mir entgegen und wedelt mit den Armen wie ein glückliches Kind.
    Das Gefühl, aufzuwachen in dem Gefühl, nie wieder einzuschlafen.

24
    Und der Löwe läuft federnd und guter Dinge tiefer in den Wald hinein. Zielstrebig, er scheint genau zu wissen, was er will, sein Schritt ist leicht, sein Gesichtsausdruck immer gleich, der Löwe lächelt und läuft im Schatten saftig grüner Bäume, und ab und zu bricht die Sonne durch.
    Der Himmel ist blau.
    Nach einer Weile begegnet der

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