SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
ihn reingesteckt, was er nicht wollte, und es tat ihr nicht leid. Sie war ihn los. Endgültig! Ja, er hatte sie unterschätzt. Sie hatte sich dafür gerächt, dass er ihr schön eingerichtetes Leben zerstören wollte. Erst hatte sie seine Nähe jahrelang ertragen müssen, und dann wollte er ihr auch noch den Luxus rauben, den sie gewohnt war und den sie hatte behalten wollen.
Das ging jetzt leider auch nicht mehr, aber sie konnte immerhin die Konten abräumen und abhauen. Genau das würde sie jetzt tun.
In Windeseile packte sie zwei Koffer und ihr Beauty-Case. Das Taxi, das sie zum Flughafen brachte, ließ sie vorher bei der Bank vorbeifahren, wo sie bis auf ein paar Euros alles plünderte, was ihr und ihrem Ehemann Leander gehört hatte. Damit würde sie die erste Zeit im Ausland spielend überbrücken können.
Wolf
Die frische Luft tat ihm gut. Wolf hielt an und warf ein Stöckchen für Lady Gaga. Sein Grübeln hatte zu dem Schluss geführt, dass dringend untersucht werden musste, wie der Charakter der getöteten Frauen gewesen war. Auch wollte er unterschiedliche Bilder von ihnen nebeneinanderhängen, auf denen sie noch gelebt hatten.
Er war sich sicher, dass es Übereinstimmungen geben musste. Irgendetwas musste den Mörder angesprochen haben. Niemand, der so vorging, tötete wahllos.
Wo würde wohl der Ort sein, an dem dieser Mann ganz für sich sein konnte, wo niemand ihn beim Töten zu hören oder zu stören vermochte? Es stand für ihn außer Frage, dass es ein Mann sein musste. Eine Frau war zu einem Kraftakt wie dem in der Stadtkirche überhaupt nicht in der Lage.
Wolf hatte auch die anderen Tatortbilder noch genau vor Augen. Die Frau, die im Pranger hing wie eine Geächtete, die nixenartig drapierte auf dem Grabstein. Dem Täter gefiel es, zu schockieren, und er hatte Fantasie dabei. Leider hatte Wolf nicht die geringste Ahnung, wer es sein konnte. Die DNA-Untersuchung hatte auch nichts ergeben.
Inzwischen konnte Wolf die letzten Meter des Weges zum Klippenturm sehen und musste an Mica denken. Doch der Gedanke verflüchtigte sich ebenso schnell wieder, weil Lady Gaga mit erhobenem Schwanz auf den Turm zustürmte. Das kannte er gar nicht von ihr.
Frank
Mit schlechter Laune saß Frank Habichthorst vor seinen Kartons. Rieke hatte sofort Nägel mit Köpfen gemacht und seine persönlichen Dinge aus dem ehemals gemeinsamen Haushalt entfernt. Es war ein Rausschmiss in hohem Bogen. Das hatte er nicht verdient. Sie konnte sich auf etwas gefasst machen. Er dachte überhaupt nicht daran, aus der alten Scheune auszuziehen. Hier ging es ihm doch gut, und wer konnte ausschließen, dass sie ihn nicht bald zurückhaben wollte. Bisher hatte er es immer geschafft, sie nach seinem Willen zu beeinflussen.
Nein, er würde einfach nicht ausziehen und die Sache aussitzen. Sollte sie sich doch ärgern. Er hatte den längeren Atem. Das würde sie schon sehen.
In seinem Kopf rauchte es.
Was war das doch für eine blöde Kuh! Wie hatte er sich für sie den Arsch aufgerissen. Sei es nun im Haushalt oder mit den Kindern. Sie war undankbar. Und dass sie sich nun wegen dieser alten Geschichte aus dem Staub machte, war doch unglaubwürdig. Bestimmt steckte dieser widerlich wichtige Orchesterleiter dahinter. Wer weiß, was der ihr versprochen hatte.
Sein Blutdruck stieg bei diesen Gedanken.
So einfach wollte er sich nicht bescheißen lassen. Das würde sie büßen müssen. Er würde ihr einen Schreck einjagen, der ihr für immer in Erinnerung bleiben würde. Ganz knapp wäre ihr Überleben. Er hatte einen Plan und gedachte, ihn umzusetzen, wenn sie in Richtung Scheie fuhr. Es war ein Plan, der nur heute funktionieren konnte.
Er
Lautlos stand er immer noch in der Ecke, als das Schreien seiner Mutter in Wimmern überging und der Vater durch die Schlafzimmertür gestürmt kam.
„Mein Gott, was ist denn hier los? Da bin ich im Stall, weil die Kuh kalben will, und du meinst, du müsstest das nachmachen?“
Sie versuchte etwas zu sagen, aber er konnte ihre Worte nicht verstehen. Ihre Haare, ihr Gesicht, das Hemd, der Körper, alles war in Schweiß gebadet. Es war nicht zu übersehen, dass sie dem Tod näher war als dem Leben. Da war keine Zeit mehr, einen Arzt zu rufen, denn im Haus war kein eigenes Telefon. Er hätte zu den Nachbarn laufen müssen, aber das würde alles zu lange dauern.
„Nur ruhig“, sagte er und fasste ihr zwischen die Beine. Es war kein Haarschopf zu spüren. Alles war bereits voller Blut. Neue
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