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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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hatte jetzt den Auftrag,
     Bomben für den Flüchtigen und seine Männer zu bauen; Bomben, die Toulla um ihren Bauch geschnallt trug und die Loukis und
     sie zur Abholung an einer zuvor vereinbarten Stelle deponierten.
    »Afxentiou lässt verbreiten«, fuhr Toulla fort, »dass wir unter keinen Umständen kapitulieren werden, egal, wie viele Fehlschläge
     wir noch erleiden. Er sagt, dass wir uns entschlossener denn je in den Kampf stürzen sollen. Er sagt, ›unser Glaube an den
     Sieg ist unerschütterlich.‹«
    »Ganz ehrlich, Toulla«, gab Loukis zurück, »im Augenblick will ich nur, dass eins nicht erschüttert wird: dein Bauch.«
    Toulla kicherte. Sie mochte Loukis. Er schwang keine großen Reden wie viele andere Jungs. Unaufgeregt tat er, was man ihm
     auftrug, und er nahm gute wie schlechte Neuigkeiten gelassen zur Kenntnis. Er gab ihr ein sicheres Gefühl. Denn so sehr Toulla
     sich bemühte, es nicht zu zeigen, war sie doch oft vor Angst wie gelähmt, zumal, wenn sie Sprengstoff umgeschnallt hatte.
     Sie hatte schreckliche Panik, dass die Bombe versehentlich beim Herumlaufen oder beim Abtasten an einem Kontrollpunkt explodieren
     könnte. Doch von Loukis ging eine wohltuende Ruhe aus, die sie ihre Angst beinahe vergessen ließ. Wenn sie auf eine britische
     Patrouille stießen, verströmte er eine solche natürliche Friedfertigkeit, dass die Soldaten ihren Argwohn sofort vergaßen.
    »Halt mal an.« Loukis zog Toulla sanft am Arm, als sie das Dorf erreichten. An dem Baum bei dem Brunnen hing ein Stück Wolle.
     »Siehst du, was ich sehe?«
    Toulla nickte. »Ich schätze, wir sollten unsere Mission abbrechen und zum Versteck gehen.«
    »Und das ›Baby‹?«
    »Das muss wohl oder übel mitkommen«, sagte sie grinsend.
    Als die beiden den Pfad hinaufstapften, der sich den steilen Hang hinter dem Dorf hochwand, kam Stelios ihnen mit hängenden
     Schultern entgegen.
    »Ihr braucht gar nicht weiterzugehen«, sagte er. »Ich …« Der Junge hielt inne, doch plötzlich schnürten ihm die Tränen den
     Hals zu. »Afxentiou ist tot«, platzte es aus ihm heraus. Er sank zu Boden und ließ seinen Tränen freien Lauf.
    Toulla versagten vor Schreck die Knie. Mit einem Satz war Loukis bei ihr, um sie von dem Gewicht um ihre Hüften zu befreien.
     Schluchzend fiel Toulla Stelios in die Arme. Loukis, der nicht imstande war, Schmerz in dieser Form zu teilen, rückte von
     den Freunden ab und versteckte den Sprengstoff unter einem großen Felsen.
    »Na, kommt schon«, forderte er sie schließlich auf. »Gehen wir zurück ins Dorf.«
    Als die drei das Kaffeehaus betraten, hatte sich die Nachricht von Afxentious Tod bereits herumgesprochen. Einigen Männern
     standen die Tränen in den Augen.
    »Afxentiou muss verraten worden sein, die Besatzer haben sein Versteck aufgespürt«, berichtete Stelios mit kehliger Stimme.
     »Sie haben ihn eingekreist, mit Helikoptern und allem. Als sie ihn aufforderten, herauszukommen, und er sich weigerte, schleuderten
     sie eine Handgranate in die Höhle. Er zahlte es den Schweinehunden mit gleicher Münze zurück. Als Nächstes durchtränkten sie
     das Gebiet mit zweihundert Litern Benzin und zündeten es an. Doch da Gott die Gerechten schützt, fing es an zu regnen, das
     Feuer ging aus. Anschließend versuchten die Besatzer, das Dach der Höhle mit Plastiksprengstoff zum Einsturz zu bringen. Auch
     das misslang. Aber jetzt konnten sie Benzin durch die Risse ins Innere gießen und so das Versteck in eine Feuerkugel verwandeln.
     Um ganz sicherzugehen, bewarfen sie den Eingang zusätzlich mit Handgranaten, sie ließen einen wahren Kugelhagel auf die Höhleniedergehen. Dieses Inferno konnte nicht mal Afxentiou überleben. Er ist gestern gestorben.«
    Als er geendet hatte, bekreuzigte sich Toulla und weinte stumm. Und wenn Loukis auch nicht am Boden zerstört war, so empfand
     er den Tod des Kommandeurs ebenfalls als Schande und war traurig, dass er nie Gelegenheit gehabt hatte, ihn kennenzulernen.
    Afxentiou war der Sohn eines Bauern aus Lysi gewesen, für seine Kameraden stand er jedoch auf einer Stufe mit den mythischen
     Helden der Antike. In den Tagen nach seinem Tod lag über Troodos eine gespenstische Stille, selbst die Vögel schienen aus
     Ehrfurcht verstummt zu sein.
    Inzwischen fielen die EOKA-Zellen in den Bergen unter ein neues Kommando, und mit neuem Eifer und entschlossener denn je wurde
     der Kampf wieder aufgenommen. Afxentiou hatte sein Leben für die Sache gelassen – die

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