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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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verstehen, so laut höhnte seine Eifersucht, und ununterbrochen schnellte sein Blick zu dem Tisch am Fenster, wo
     er die warmen Finger des Fremden Victors Haut liebkosen sah. Verächtlich schnaubte Yiannis, als er den Dreck unter den Nägeln
     des Mannes entdeckte.
    Es war absurd, das war ihm klar – nicht zuletzt, weil dem Zyprer ein Bein fehlte. Trotzdem spuckte er innerlich Gift und Galle.
     Er hatte Angst. Seit der Prügelei im Café war Victor mürrisch und reserviert, ganz so, als würde er Yiannis die Schuld an
     ihrer Blamage geben. Als er endlich einlenkte und wieder ins gemeinsame Bett kam, waren seine Berührungen grob und gewaltgeladen.
     Während Victor von Rachegedanken getrieben war, wollte Yiannis einfach nur, dass Frieden einkehrte. Es war ganz so, als hätte
     sich ein Schalter umgelegt: In Loukis’ geballter Faust hatte Yiannis erkannt, was den Rivalen antrieb – es war die gleiche
     Hitze, die ihm selbst durch die Adern schoss, wann immer er an Victor dachte.
    Yiannis neigte im Allgemeinen nicht zu Gewalt, und die Erinnerung an das, was auf dem Hof der Türken geschehen war, verfolgte
     ihn bis heute. Das Adrenalin hatte seinen Verstand aussetzen lassen, und er hatte sich nach dem Überfall nicht männlicher
     gefühlt, im Gegenteil. Es war kein fairer Kampf gewesen, sondern ein Hinterhalt, und er schämte sich vor sich selbst, was
     vielleicht auch der Grund dafür war, dass er Loukisseinen Gegenangriff verzieh: Es linderte seine Schuldgefühle. Praxi hingegen war ein anderes Thema. Seine Frau konnte von
     ihm aus in dem dunklen Loch ihrer Mutter verrotten. Sie hatte ihn nie geliebt, und wenngleich er es versucht hatte, war es
     ihm ebenso wenig gelungen, sie zu lieben. In der Nacht, als sie aus ihrem gemeinsamen Haus gelaufen war, um Schande über ihn
     zu bringen, hatte sie seine Geduld endgültig überstrapaziert. Und auch wenn er seine Tochter vermisste, so war er zufrieden
     mit den Besuchen, die seine Schwiegermutter zwei Mal in der Woche arrangierte. Die Erleichterung über Praxis Auszug wurde
     nur noch größer, als er eines Tages den Küchenschrank öffnete. Es war Victor, der die Kerne entdeckte.
    »Unglaublich«, sagte der Offizier. »Was, wenn deine Tochter die in die Finger gekriegt hätte?«
    »Das sind doch nur Apfelkerne.« Ratlos, was seine Frau dazu bewogen haben könnte, sie aufzuheben, ließ Yiannis die Kerne durch
     seine Finger gleiten.
    »Die sind giftig, du Idiot! Diese Schüssel enthält genug Zyanid, um ein Pferd zu töten.«
    Schnell stellte Yiannis die Schüssel beiseite und wusch sich die Hände. Als Victor fort war, untersuchte er den Rest des Schrankes.
     Er hatte das Gefühl, dem Tod ins Auge zu blicken: flaschenweise Bleich-, Lösungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Kanister
     voller Feuerzeugbenzin und eine ganze Schublade voll mit glitzernden Messern. Yiannis sah für einen kurzen Moment sein Leben
     an sich vorüberziehen, an dessen Ende er mit dem Gesicht nach unten auf seinem eigenen Küchenboden lag – getötet durch Gift,
     zerfressen von Chemikalien und mit vier Klingen im Rücken.
    Im Café beobachtete Yiannis vom Spülbecken aus, wie sich Victors verkrüppelter Freund zum Gehen bereit machte: Er klemmte
     sich seine beiden Krücken unter die Arme und schüttelte Victor die Hand, bevor er nach draußen hinkte, wo ihm ein Fahrer in
     ein Auto half.
    »Wer war das?«, fragte Yiannis.
    »Ein Kollege«, antwortete Victor.
    »Hässlicher Bursche, was?«
    Victor knallte die Gläser, die er von seinem Tisch mitgebracht hatte, mit solcher Wucht auf die Theke, dass eines davon zerbrach.
     Yiannis versuchte seinem Blick standzuhalten, musste dann aber wegschauen. Er wandte sich wieder dem Spülbecken zu.
    »Dieser
hässliche Bursche
ist einer der tapfersten Männer, die ich kenne!«
    »Entschuldige, ich …«
    »Halt’s Maul, Yiannis! Spül einfach weiter deine schmutzigen Gläser. Tu das, was alle Mädchen tun.«
     
    Loukis hob den Kieselstein auf und legte ihn in die Schale, die Marios ihm geschnitzt hatte. Vierzehn Stück waren es inzwischen,
     allesamt weiß, alle sorgfältig abgewaschen, und alle hatten sie vor seiner Tür gelegen. Er hatte drei Wochen gebraucht, um
     dahinterzukommen, wer die geheimnisvolle Kieselsteinfee war. Und es war jede schmerzhafte Minute wert gewesen, die er mit
     Krämpfen in den Beinen neben Mehmet und Pembes Veranda gekauert hatte. Die Steine waren heimliche Geschenke seiner heimlichen
     Tochter.
    Loukis wusste nicht,

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