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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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das eine Art Protest? Wenn ich gewusst hätte, dass du hier ein Sitin veranstaltest, hätte ich niemals vorgeschlagen, den Lehnstuhl auszurangieren.«
    Frank lächelte. »Ich hatte mich nur einen Moment gesetzt, um meinen Augen ein bisschen Ruhe zu gönnen …«
    »Wie lange warst du auf?«
    »Muss bald fünf Uhr gewesen sein.«
    »Armer Kerl. Was Neues?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Komm.« Nora strich über seine Hände und erhob sich. »Frühstück.«
    Joe verlor den Mut, als er die Stimme am anderen Ende der Leitung hörte.
    »Störe ich?«, fragte Dr. McClatchie.
    »Nein.«
    »Haben Sie den Spezialisten aufgesucht?«
    »Nein.«
    »Es ist mir unangenehm, Sie darum zu bitten, aber ich würde mir das Fax, das Sie mir gestern gezeigt haben, gern noch einmal ansehen.«
    »Nein.«
    »Es ist wichtig.«
    Joe holte tief Luft und sprach schnell, um die rasenden Schmerzen, die sich über Nacht wieder in seinem Kiefer gebildet hatten, schnell hinter sich zu bringen. »Das war ein Irrtum, Doktor. Ich war aufgewühlt, und das hat mein Urteilsvermögen getrübt. Meine Theorie war falsch …«
    »Ich kann Sie kaum verstehen. Könnten Sie lauter sprechen?«
    Joe wiederholte, was er gesagt hatte. Sein Zahnfleisch pochte, und in den Schläfen verspürte er stechende Schmerzen.
    »Es könnte mir bei einem Projekt helfen. Ich halte einen Vortrag über …«
    »Tut mir Leid, Doktor. Ich habe die Blätter in den Müll geworfen, als ich wusste, dass es nichts mit Katie zu tun hatte.«
    »Hat Ihnen das jemand gesagt?«
    »Nicht direkt.«
    Joe legte auf und ging unruhig durchs Haus. Es lief ihm heiß und kalt den Rücken hinunter. Er versuchte, Anna zu erreichen, und nahm noch mehr Schmerztabletten ein.
    Schließlich legte er sich auf die Couch, bis er eine angenehme Schwere spürte. Bald darauf versank er in tiefem, traumlosem Schlaf.
    Detective Myles O’Connor stützte sich mit einem Ellbogen auf dem Dach seines Wagens ab. In seiner Rechten hielt er sein Handy, und von seinem linken Ohr hing das Kabel eines kleinen Headsets. Mit der freien Hand rückte er das winzige Mikro vor seinem Mund zurecht.
    »Hören Sie! Fazit? Ich bin neu. Er ist alt. Ich bin auf dem Weg rein, Frank Deegan ist auf dem Weg raus. Frisches Blut gegen einen Ruheständler. Was glauben Sie, wem mehr an diesem Fall liegt als mir?«
    Die Butterbrottüte in der Hand, stand Frank wie erstarrt hinter der Wand.
    Verschwitzt und verspannt erwachte Shaun. Fünf Minuten blieb er liegen, bis es ihm schließlich gelang, den Kopf zu drehen. Auf dem Nachttisch stand ein Glas Wasser. Shaun streckte den Arm danach aus, stieß das Glas jedoch zu Boden. Ein derber Fluch lag ihm auf den Lippen, doch er schaffte es nicht, die Zunge zu bewegen. Als er sich aufrichtete, schoss ihm das Blut in den Kopf, und er legte sich rasch wieder hin, als Schwindel ihn erfasste. Sein Magen rumorte. Er wusste, dass er es nicht bis ins Bad schaffen würde. Deshalb beugte er sich über den Bettrand und erbrach Galle in die Schüssel, die Joe in weiser Voraussicht auf den Boden gestellt hatte. Als Shaun sich erneut würgend übergab, lief ihm die Nase, und seine Augen traten hervor. Er hustete, um sich vom bitteren Geschmack in seiner Kehle zu befreien. Dann erbrach er sich ein drittes Mal, bis Magen und Galle nichts mehr hergaben. Er hob ein T-Shirt vom Boden auf und wischte sich damit über den Mund. Ein erneutes Schwindelgefühl zwang ihn, sich wieder zurück aufs Bett sinken zu lassen. Erinnerungsfetzen der vergangenen Nacht flackerten auf. Er wusste, dass Robert und Ali sich über ihn lustig machen würden. Und dann erst seine Eltern …
    Überall sah er Bilder von Katie, doch der Restalkohol in seinem Körper verhinderte jeden klaren Gedanken.
    Joe klopfte an die Tür und trat ein. Aus geröteten Augen musterte Shaun seinen Vater. Er sah aus, als hätte er ebenfalls getrunken. Sein Haar war zerzaust, die Augen blutunterlaufen.
    »Tut mir Leid, Dad«, sagte Shaun mit matter Stimme.
    Joe bemühte sich um ein Lächeln. »Schon gut.« Er trat ans Bett, stellte die Schüssel zur Seite und setzte sich.
    »Ich muss dir etwas sagen«, begann er. »Ich wollte warten, bis du deinen Rausch ausgeschlafen hast.«
    Zum ersten Mal im Leben sah Shaun Angst in den Augen seines Vaters.
    »Als wir gestern Nacht nach Hause gekommen sind, war deine Mutter nicht da.«
    »Was?«, fragte Shaun.
    »Sie ist weg.«
    »Weg? Wie meinst du das? Wo ist sie?«
    »Ich weiß es nicht. Sie ist nicht hier. Sie war nicht da, als wir

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