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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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und …«
    »Sagen Sie bitte Lara zu mir.«
    Frank führte sie hinaus und ging an McClatchies altem schwarzem Citroën vorbei zu seinem Ford Focus. Auf der Fahrt setzte er die Gerichtsmedizinerin ins Bild. In der Zwischenzeit waren zwei Vans am Tatort eingetroffen. Reporter und Fotografen lungerten vor den Fahrzeugen herum. Frank fuhr an den Vans vorbei und hielt hinter dem Wagen der Kriminaltechnik. Als sie ausstiegen, schlug ihnen der Gestank von Erbrochenem entgegen.
    Ein Kriminaltechniker kam zu ihnen.
    »Haben Sie den schwachen Magen?«, fragte Lara.
    »Nein, das war mein Kollege Alan«, sagte der Mann. »Hat nichts mit der Leiche zu tun. Er hat letzte Nacht ein bisschen zu viel getrunken.«
    Lara verkniff sich ein Lächeln und blickte an dem Mann vorbei in den Van. »Kann ich meine Sachen haben?«
    »Klar.«
    Über ihre schwarze Hose und Jacke zog Lara einen weißen Schutzanzug in Größe XL, in dem sie – im Gegensatz zu einigen kräftigen Kollegen – zwar fast versank, bei dem aber wenigstens die Länge stimmte. Dann folgten die Schutzbezüge für Schuhe und Handschuhe. Schließlich zog sie die Kapuze über den Kopf, damit ihr Haar sich auf dem Weg zur Leiche nicht in Ästen und Zweigen verfing.
    »Haben Sie eine Tasche dabei?«, fragte Frank.
    »Nein«, antwortete Lara und hielt eine Tüte in die Höhe. »Nur diese Plastiktüte, falls ich etwas finde, das im Labor untersucht werden muss. Für mich beginnt die richtige Arbeit erst in der Leichenhalle.«
    Sie gingen auf das blaue und weiße Absperrband zu. Der Polizist notierte Laras Namen und die Uhrzeit.
    »Wer sind die anderen?«, fragte Lara und sah sich um.
    Der junge Polizist zeigte auf die einzelnen Personen. »Ein paar Kollegen aus Waterford, und das da ist … äh, mein Vetter. Er arbeitet bei der Zeitung.«
    Lara starrte ihn an. Frank führte sie am Absperrband entlang und den Pfad hinauf zum Leichnam und ging dann sofort zurück, um mit dem jungen Polizisten zu sprechen.
    Neben dem Leichnam stand ein weiterer Polizeibeamter, der auf einen Fußabdruck zeigte, während ein anderer Beamter sagte: »Der Abdruck ist frisch. Das ist der Fußabdruck des Polizisten aus Mountcannon. Als er mit dem Sergeant hier war. Darüber brauchen wir uns keine Gedanken zu machen. Sie haben gesagt, dass bisher sonst niemand hier am Fundort war.«
    »Hallo, Alan«, begrüßte Lara den Kollegen der Spurensicherung. »Wie war die letzte Nacht?«
    »Frag mich nicht«, sagte er.
    Lara sah sich um. »Das ist ja furchtbar.«
    »Das Verbrechen? Oder die Idioten, die hier rumlaufen?« Äußerlich wirkte er ruhig, doch Lara wusste es besser.
    »Beides«, sagte sie.
    Alan wies mit dem Kopf auf einen Mann. »Der Typ da drüben ist Journalist und hat ’ne Kamera dabei. Pass auf, dass du nicht lächelst.«
    Sie zwinkerte ihm zu. »Höchstens mein Tatort-Lächeln. Nur für Eingeweihte.«
    Frank beobachtete, wie Lara sich neben den Leichnam auf die Erde hockte, dann wieder aufstand und langsam um die Leiche herumging. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, als erwartete man, Lara würde sich jeden Moment umdrehen und verkünden, wer der Mörder sei und wo man ihn finden könne.
    Die Tatsache, dass es sich hier um einen Mord handelte, war kein Schock, nur eine betrübliche Wahrheit, der sie ins Auge blicken mussten. Frank wusste, dass die meisten Anwesenden noch nie ein Mordopfer gesehen hatten. Das galt auch für ihn selbst; die einzigen Leichen, die er bisher zu Gesicht bekommen hatte, waren die von Selbstmördern gewesen, zuletzt die eines Fünfzehnjährigen, der sich in einer Scheune in Mountcannon erhängt hatte. Frank war kurz nach der Mutter des Jungen dort eingetroffen.
    Er verspürte das Verlangen, die Welt anzuhalten, aber noch viel stärker war sein Wunsch, der Szene, die sich vor seinen Augen abspielte, ein Ende zu setzen. Die Verletzung von Katies Privatsphäre war ihm beinahe unerträglich. Und dabei wusste er, dass die Schändung, die Katie Wochen zuvor hatte erleiden müssen, weitaus schlimmer gewesen war. Diese Sache hier machte Sinn. Sie musste geschehen, damit dem Opfer Gerechtigkeit widerfuhr.
    Die Leute traten vom Leichnam zurück, während Lara Mc-Clatchie ihn untersuchte. Zwei Beamte der Spurensicherung und ein Polizeifotograf hockten sich neben sie. Stück für Stück entfernten sie die Zweige und Blätter, die Katies Oberkörper bedeckten, und hielten immer wieder kurz inne, damit der Fotograf jede neue Ansicht knipsen und filmen konnte. Nach zwei Stunden lag der

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