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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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, kann aufgrund der Vergleiche jetzt aber definitiv sagen, dass es sich um die Calliphora vomitoria handelt, die blaue Schmeißfliege. Das passt auch zu dem Ort, wo Sie die Puppenhülle gefunden haben. Die Schmeißfliege taucht eher in ländlichen Gegenden und besonders in Wäldern auf. Sie ist ein großartiges Hilfsmittel, um bei Mordermittlungen den Todeszeitpunkt zu bestimmen.« Er hob eine Augenbraue. »Aber das wissen Sie sicher schon.«
    Joe nickte. »Und was würde das hinsichtlich des Lebenszyklus bedeuten?« Er hoffte, Neal würde einen Zeitrahmen nennen, der bewies, dass Shaun die Tat nicht begangen haben konnte.
    »Nun, Schmeißfliegen befallen einen Leichnam sofort. Sie haben eine extrem ausgeprägte Antenne für den Tod, könnte man sagen. Die Schmeißfliege legt auf einen Schlag bis zu dreihundert Eier in Körperöffnungen oder Wunden.« Er hob den Blick. »Aber jetzt erzähle ich Ihnen sicher wieder etwas, das Sie schon wissen, daher brauche ich nicht weit auszuholen. Also, wenn ich zugrunde lege, was Sie mir erzählt haben, würde ich sagen, dass das Tier ungefähr zwanzig Tage, bevor Sie diese Puppenhülle gefunden haben, gestorben ist.«
    »Vielen Dank«, sagte Joe und versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. Das würde bedeuten, dass Katie in der Nacht ihres Verschwindens ermordet worden war. Und die letzten Personen, die sie lebend gesehen hatten – abgesehen vom Mörder –, waren Petey Grant und kurz davor Shaun gewesen.
    Als Joe sich auf den Rückweg machte und den Campus überquerte, warf er die Puppenhülle in einen Papierkorb.
    »Ich wollte dir noch was sagen, Richie«, begann Frank. »Bevor Shaun gestern in die Wache kam, war Joe Lucchesi mit neuen Informationen hier …«
    »Das ist ja praktisch«, sagte Richie.
    »Lass die ironischen Bemerkungen. Wir haben die Pflicht, allen Hinweisen nachzugehen. Joe war besorgt. Er glaubt, dass eine Person aus einem anderen Fall, mit dem er als Detective in New York zu tun gehabt hat, hinter ihm her sein könnte und dass diese Person Katie ermordet hat, um sich an ihm zu rächen. Joe hat letztes Jahr in New York einen Entführer erschossen, aber das wurde nicht an die große Glocke gehängt. Der Freund dieses Entführers ist kürzlich aus dem Knast entlassen worden und könnte hierher in die Gegend gekommen sein …«
    Frank stellte wieder einmal fest, dass Richies Augen einen glasigen Schimmer annahmen, wenn das Gespräch länger als ein paar Minuten dauerte. Sein rechtes Auge schielte dann leicht nach rechts; doch sobald er in die Wirklichkeit zurückkehrte, war sein Blick wieder normal.
    »Wie kommt Joe darauf?«, fragte Richie schließlich.
    »Jedenfalls hat er es sich nicht aus den Fingern gesaugt. Gestern Abend hat er vor Ed Danahers Kneipe ein Beweisstück gefunden, das in direktem Zusammenhang zu diesem Fall steht.«
    »Hm«, sagte Richie, nachdem er darüber nachgedacht hatte. »Könnte was dran sein.«
    Frank glaubte zuerst, aus Richies Stimme Spott herauszuhören, erkannte dann aber, dass er sich irrte. Richies Reaktionen waren oft unberechenbar. Er stürzte sich auf jede neue Entwicklung, als würde sie zur Lösung des Falles führen, und verlor dabei allzu schnell den Gesamtzusammenhang aus den Augen. Für ihn avancierte jeder, der mit einer neuen Entwicklung in Verbindung stand, sofort zum Hauptverdächtigen. Folglich gab es für ihn einen raschen Wechsel potenzieller Täter: Petey, Shaun, Joe, Duke Rawlins …
    Frank war drauf und dran, Richie einen Vortrag darüber zu halten, war aber zu erschöpft. Stattdessen gab er Richie ein paar zusätzliche Informationen und verließ die Wache.
    Die Beine auf dem Tisch ausgestreckt, saß Anna auf der Couch und las in einem Buch. Joe kam ins Wohnzimmer und setzte sich neben sie. Er nahm die Fernbedienung und zappte durch die Kanäle, ohne den Ton einzuschalten.
    »Du willst mir also nichts sagen«, sagte Anna schließlich und nahm ihre Lesebrille ab. »Unser Sohn hat uns angelogen, und du verheimlichst mir etwas …«
    »Fang nicht schon wieder an.«
    »Es ist eine ernste Sache, Joe. Shaun hat gelogen.«
    »Er ist sechzehn. Und er hatte Angst. In dem Alter erzählt man
    keinem Erwachsenen, dass man Sex hatte, schon gar nicht den
    eigenen Eltern und der Polizei.« Anna starrte ihn an.
    »Was ist?«, sagte Joe. »Du hast deine Eltern nie angelogen?« »Du bist noch nie wegen Mordes verhaftet worden«, sagte
    sie.
    Joe stand auf. »Ich gehe spazieren.«
    Oran Butler und Keith Twomey saßen in

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