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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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14.30 Uhr zurück. Neal Columb.
    Einer Sekretärin, die in einem anderen Büro saß, rief er zu: »Der Zettel war für Sie, Jane. Sie brauchen Ihre wertvollen Post-its nicht zu verschwenden.«
    Nachdem Joe mehrmals auf die Uhr gesehen hatte, klopfte er schließlich an die Glastür.
    »Herein«, sagte Columb, erhob sich und reichte Joe die Hand. »Joe Lucchesi, nicht wahr? Nehmen Sie bitte Platz.«
    Columb war Anfang vierzig, gepflegt und schlank. Joe ließ den Blick über die zahlreichen Fotos an den Wänden und die Erinnerungsstücke auf den Regalen schweifen, die dem Raum eine behagliche Note verliehen.
    »Am besten, wir gehen gleich ins Labor und schauen uns an, was Sie mitgebracht haben«, schlug Columb vor.
    Sie stiegen zwei kurze Treppen zu einem Zwischengeschoss hinauf. Der Pfeil zum Labor zeigte nach rechts, doch Neal wies mit der Hand nach links.
    »Möchten Sie sich zuerst unsere Rogues’ Gallery ansehen?«
    Joe schaute ihn fragend an.
    »Das Museum«, erklärte Neal.
    »Gute Idee.«
    Sie betraten den kleinen Museumsraum, in dem es nach Chemikalien roch. Joe fühlte sich augenblicklich in die Vergangenheit versetzt. An den Wänden standen Regale und antike Mahagonischränke. Hinter den hohen Glastüren waren Gefäße zu sehen, die mit einer trüben Formaldehydlösung gefüllt waren, in der präparierte Tiere und Organe trieben.
    »Raten Sie mal, was ich hier habe«, sagte Neal, der vor einer Vitrine stehen blieb und mit der Hand den Aufkleber verdeckte. In dem Gefäß befand sich ein großes, rundes, zerbrechlich aussehendes Objekt von der Farbe einer Ingwerwurzel mit einem seltsamen, knollenförmigen Gewächs an einer Seite. Auf der Rückseite war ein großes Loch hineingeschnitten, sodass in der Mitte ein Gebilde zu erkennen war, das an eine Bienenwabe erinnerte.
    »Keine Ahnung«, sagte Joe.
    »Das ist der Magen eines Kamels. In den kleinen Taschen, die Sie da sehen, speichern die Tiere Wasser.« Neal zeigte auf ein anderes Gefäß in einem der Schränke. In einer grünlichen Lösung schwebte ein langer Faden, der wie Tagliatelle aussah.
    »Essen Sie Blutwurst?«, fragte Neal.
    »Wieso fragen Sie?«
    »Dieser Bursche hier ist der Grund, warum Sie die Blutwurst immer gut durchkochen müssen. Der Bandwurm. Er ist ein großer Fan der Schweine.«
    »Ich werde Ihren Rat befolgen.« Joe spähte in das Glas. »Einfach zu lang«, meinte er kopfschüttelnd.
    Als er sich umdrehte, zog Neal Schubladen aus einer Kommode, die nach Holz und Naphthalin roch. Präparierte Insekten waren reihenweise mit Stecknadeln auf eine cremefarbene Unterlage geheftet. Neal sprach eine Zeit lang über die verschiedenen Spezies, hielt dann inne und blickte auf die Uhr.
    »Okay. Das Labor«, sagte er. »Ich habe noch einen Termin. Sagen Sie mir schnell noch mal, um was es geht.«
    Joe hätte Neal Columb gerne die Wahrheit gesagt, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als zu lügen. Um sein schlechtes Gewissen zu besänftigen, erzählte er zuerst, was der Wahrheit entsprach.
    »In der Nähe meines Hauses befindet sich ein Waldstück. Vor zwei Tagen habe ich dort diese Puppenhülle einer Fliege gefunden. In den Vereinigten Staaten habe ich mich auf dem College mit Entomologie beschäftigt, wenn auch nur für kurze Zeit. Das Fachgebiet fasziniert mich noch immer, aber meine Kenntnisse sind begrenzt.«
    Nun suchte Joe bei einer Lüge Zuflucht.
    »In der Nähe lag ein totes Tier«, fuhr er fort. »Ich habe mich gefragt, ob es einen Zusammenhang gibt und ob Sie vielleicht die Spezies bestimmen und mir sagen könnten, wann diese Fliegen den Kadaver befallen haben.«
    »Mal sehen«, sagte Neal und nahm das kleine, braune Pillenglas entgegen, in dem Joe die Puppenhülle aufbewahrte. Er legte sie unter ein Mikroskop und blickte hindurch.
    »Sie haben vollkommen Recht«, sagte er. »Es ist die Puppenhülle einer Fliege. Nun, dann wollen wir mal sehen, ob wir dem Kind einen Namen geben können.«
    Neal Columb blätterte in Artenbestimmungsbüchern und ließ den Blick zwischen den Büchern und der Puppenhülle hin und her schweifen. Ab und zu hielt er inne und wies Joe auf bestimmte Einzelheiten hin. Schließlich ging er zu einem Schrank, in dem Flaschen mit verschiedenen präparierten Insekten standen, und nahm ein Gefäß heraus, in dem eine Puppe und eine Made in einer Formaldehydlösung schwammen.
    »Genau«, sagte er schließlich. »Was Sie da haben, ist eine Calliphora , eine Schmeißfliege. Zuerst wusste ich nicht, ob vicina oder vomitoria

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