Schattenwanderer
angedeihen. Insofern vermutete ich, dass Gosmo sich nicht einmal der Form halber widersetzt hatte.
»Du hast ihm gesagt, wo mein Unterschlupf ist«, sagte ich abschließend.
»Ja! Aber ich war fest davon überzeugt, du würdest da nie wieder auftauchen!«
»Die Doralisser, die mir Markun auf den Hals gehetzt hat, waren aber anderer Meinung. Die haben mir in der nächsten Nacht einen netten Empfang bereitet. Vielen Dank, Gosmo. Du hast dich wie ein echter Freund verhalten. Zwei Mal hintereinander.«
Mit dem Schlimmsten rechnend, erschauderte Gosmo. Niemand würde mir einen Vorwurf machen, sollte ich ihn aus unserer Welt hinausbefördern. Alle würden sagen, dass ich völlig richtig gehandelt hatte. Für Verrat, mochte er auch einem Missverständnis geschuldet sein, musste man in unserer Diebsgemeinschaft teuer bezahlen.
»Gosmo, mein Freund!«, setzte ich mit fröhlichem Ton an, was Gosmo nur noch stärker verunsicherte. »Ich bin bereit, unser Missverständnis zu vergessen und will dein Verhalten nicht einmal in der ganzen Stadt kundtun. Aber dafür verlange ich auch ein paar Gegenleistungen.«
»Alles, was ich tun kann!«, versicherte Gosmo rasch, dem klar war, dass ein paar Gegenleistungen in der einen Waagschale gegenüber dem Leumund und dem Leben in der anderen schlicht nicht ins Gewicht fielen!
»Als Allererstes erzähl mir von dem Mord an dem Magier aus Filand und dem Verkauf einer bestimmten Sache!«
Gosmo kaute auf der Lippe, rieb sich das Kinn und brachte dann heraus: »Das waren Markuns Leute. Snapper und Nachtigall, so heißt es. Das geht auf ihr Konto. Es sind gute Diebe.«
»Gute und tote«, warf ich ein.
»Hast du …?« Gosmo riss erstaunt die Augen auf.
Von mir aus sollte er ruhig denken, ich hätte die beiden in die Holzkiste befördert. Das würde ihn gesprächiger und zugänglicher machen.
»Ich habe immer gewusst, dass es in Awendum eines Tages für euch alle zu eng werden würde!«
»Lenk nicht ab!«
»Also: Sie haben alles tadellos erledigt, nicht einmal die Magier sind ihnen auf die Schliche gekommen. Sie haben für Markun ein Artefakt der Doralisser geklaut. Das Ding muss ungeheuer wertvoll sein, sonst hätte Markun nicht den Mord an einem Magier in Kauf genommen.«
»Und um ihre Spuren weiter zu verwischen, hat dieser Schwachkopf, der es nicht wert ist, ein Dieb genannt zu werden, mir die Doralisser auf den Hals gehetzt! Andernfalls wären sie ja wohl kaum dermaßen auf eine Begegnung mit mir erpicht gewesen, oder?«
»Stimmt. Markun hat dich an die Doralisser verraten, er selbst ist abgetaucht und wartet auf einen Käufer.«
»Wunderbar! Das ist der zweite Gefallen. Du verkaufst doch heiße Ware, nicht wahr? Du weißt, wer als Verkäufer dafür in Frage kommt?«
»Es gibt da ein paar …«
»Morgen früh triffst du dich mit Markun und erzählst ihm, dass ein Mann aufgetaucht sei, der diese Sache kaufen möchte. Sagen wir für … für zwanzigtausend Goldmünzen.«
»Aber das ist eine Lüge!«
Nun brach ich doch in Lachen aus. In ein ehrliches und fröhliches Gelächter. »Gosmo! Du willst mir ja wohl nicht weismachen, dass du ein Heiliger bist und nie lügst! Das würde ich dir nie im Leben glauben!«
»Aber Markun und seine Burschen befördern mich dafür unter die Piers! Um die Fische zu füttern!«
»Du musst dich schon zwischen Markun und mir entscheiden! Also mach dir keine Sorgen, ich schwöre bei Sagoth, dass Markun nach dieser Sache lange Jahre nicht mehr an dich denken wird. Also, sagst du es ihm?«
»Einverstanden«, brummte Gosmo.
»Dann pass auf: Sag ihm, er solle zehn Minuten vor Mitternacht in die Schenke kommen. Morgen. Genauer gesagt, heute. Außerdem kannst du ihm einen Vorschuss abknöpfen, dann hast du gleich Schadenersatz, wenn die Schenke zerlegt wird.«
»Was soll das heißen?«
»Ach, das ist nur so dahergesagt. Markun soll jedenfalls morgen Nacht mit seinen Jungs herkommen, zehn Minuten vor Mitternacht, und er soll die Ware mitbringen. Sag ihm, der Käufer kann ihn nur morgen treffen, genauer: heute. Heute oder nie. Markun ist zu gierig, um sich zwanzigtausend Goldmünzen durch die Lappen gehen zu lassen.«
»Und meine Schenke?« Das ließ Gosmo keine Ruhe.
»Vergiss es. Ich hab doch schon gesagt, das war nur so dahergeredet«, antwortete ich dem Schankwirt mit der ehrlichsten Stimme der Welt.
»Ich weiß nicht, was du da ausgeheckt hast, Garrett. Mir schmeckt diese Geschichte nicht.«
»Aber du wirst mir zustimmen, dass es besser
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