Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
du mich nicht zu erinnern«, fiel ihm Frago ins Wort. »Was hat Justin eigentlich nachts dort zu suchen gehabt?«
    Am liebsten hätte ich ihm gesagt, was – genauer: wen – dieser käufliche Soldat dort nachts gesucht hatte. Aber dann hätte mich Lonton bis morgen früh mit Fragen gelöchert. Deshalb tat ich etwas sehr Vernünftiges: Ich schwieg.
    »Was für eine Nacht!« Frago spuckte aus. »Du hast einen meiner Leute erledigt, Garrett!«
    »Ihm stand nicht auf der Stirn geschrieben, dass er zur Stadtwache gehört, Euer Gnaden. Und sein Kumpan und er hatten es auch nicht sonderlich eilig, sich vorzustellen, als sie mich in Hackfleisch verwandeln wollten.«
    »Gut«, seufzte Frago. »In jeder Herde gibt es ein schwarzes Schaf.«
    Ich wollte dem Baron schon sagen, dass es in seiner Herde weit mehr als nur ein schwarzes Schaf gäbe, wählte aber erneut diese vernünftige Verhaltensweise und schwieg. Schweigen ist Gold – allmählich begriff ich, dass dem wirklich so war.
    »Komm mit mir mit, Garrett, du musst deinen Bekannten identifizieren.« Frago bedeutete mir mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.
    Sollte ich etwa wie ein kleines Hündchen hinter dem Baron herscharwenzeln?
    »Verzeiht, Euer Gnaden, aber ich habe eine Aufgabe für den König zu erledigen.«
    Ich erntete einen weiteren missbilligenden Blick von Seiten Lontons, aber immerhin verzichtete er auf einen Streit. Die Befehle des Königs nahm jeder ernst – bis auf den Hofnarren vielleicht.
    »In Ordnung. Geh!«
    Bevor Frago es sich anders überlegen konnte, verschwand ich im Gang. Ich schnappte mir eine Fackel und bescherte mir damit für den Rückweg ein wenig Helligkeit – auch wenn meine Stimmung durch und durch finster war.

Kapitel 15

    Antworten
    Man möge mir den Kalauer verzeihen – aber die Straße des Schlafenden Hundes lag in tiefem Schlaf. Sie unterschied sich sowohl durch ihre Häuser als auch durch ihre Größe deutlich von ihrer Schwester, der Straße der Schlafenden Katze. Der Schlafende Hund war eine recht kurze und verwinkelte Gasse. Hier gab es allerlei Läden, alte Häuser und auch ein paar Schenken, die nicht gerade im besten Ruf standen. Hinter einer dieser Schenken befand ich mich gerade. Ein riesiges Schild mit einem Messer und einem Beil darauf drohte mir auf den Kopf zu fallen – mochte ich nun ein Kunde sein oder nicht.
    Das Messer und Beil schlief, genau wie ich vermutet hatte. For hatte mir erzählt, Gosmo habe seine kleine Schenke aus heiterem Himmel geschlossen. Das war recht merkwürdig, angesichts der enormen Summen, die er damit einbüßte. Türen und Fensterläden waren verrammelt, obwohl weder Erstere noch Letztere (die schon gar nicht) ein ernsthaftes Hindernis für mich darstellten. Nichts würde mich abhalten, heute Nacht Gosmos Schenke zu besuchen. Zwischen meinem alten Freund und mir musste ein klärendes Gespräch stattfinden, und die Nacht ist die beste Zeit, um den Schankwirt kalt zu erwischen. Um drei Uhr nachts wollte er schlafen – nicht aber Widerstand leisten.
    Die Nacht trotzte dem Vollmond ein kleines Stück ab. Die erste Julinacht, die erste Nacht ohne diesen grauenvollen Nebel, der sämtliche Geräusche schluckte und alles unter dem Schild der Unsichtbarkeit barg. Gut, man konnte den Nebel nutzen, indem man sich in ihm versteckte. Nur konnte das eben auch dein Feind tun.
    Zunächst wollte ich frech durch den Haupteingang einmarschieren und die ganze Schenke durchqueren, aber dann dämpfte ich meinen Eifer und beschloss, durchs Fenster in Gosmos Schlafzimmer zu steigen. Das verringerte auch die Gefahr, von jemandem, der an Schlaflosigkeit litt, ertappt zu werden, während ich gerade an Schlössern und Riegeln hantierte.
    Das Fenster des Schlafzimmers lag im ersten Stock, ganz außen. Es hätte mich überhaupt nicht gewundert, wenn der alte Gauner einen geheimen Zugang zu seinem Zimmer besäße, der zu einem sicheren Ort führte, weshalb mein Eintritt durch die Tür auch taktisch ein Fehler gewesen wäre. Sollte Gosmo doch nicht schlafen, wäre es für ihn ein Kinderspiel, mir zu entwischen.
    Mit dem Elfenseil war es eine Sache von einer Minute, das Fenster im ersten Stock zu erreichen. Mehr Zeit kostete es mich, mit dem Riegel fertigzuwerden. Es war nicht leicht, ihn lautlos zu öffnen. Doch ich war nicht umsonst Meister in meinem Fach. Ich führte diese Arbeit tadellos aus, und Gosmo schnarchte weiter, stieß seine schwermütigen Triller und Pfeifer aus, ohne sich auch nur zu rühren. Wesentlich

Weitere Kostenlose Bücher