Schattenwanderer
auf sein Bein einzustechen, genauer gesagt, um ihm die Sehne am Knie zu durchtrennen. Daraufhin stieß ihm der Oger den Holzschaft des Beils vor die Brust, und Marmotte schoss einige Yard zurück, rutschte auf dem Rücken über den glatten Boden davon.
»Schtichs!«, fluchte Hallas, der seine Streithacke fest gepackt hielt, jedoch keine Hast zeigte, sich in den Kampf zu mischen. Da würde er nur die eigenen Leute behindern.
»Kater, tu was!«, befahl Ohm, worauf der dicke Mann wie eine Kugel nach vorn rollte und sich vor Marmotte aufbaute, um ihn, der sich gerade hochrappelte, vor einem möglichen Angriff zu schützen.
Nun kamen auch die letzten Feinde wieder zu sich. Sobald ihnen aufging, dass der Oger alle in Schach hielt und sich ihnen die einmalige Gelegenheit bot zu entkommen, drängten sie in einen Gang hinein – in dem jedoch Ysmees Leute standen.
Im Saal tobte der Kampf weiter. Die Armbrustschützen gaben eine neue Salve ab. Acht Feinde fielen, durchbohrt von Bolzen. Die Wilden Herzen, die nicht mit dem Oger beschäftigt waren, setzten den Verrätern nach, die fliehen wollten. Im Gang blieben nur der Narr und ich.
»Stürz du dich jetzt bloß nicht auch noch ins Getümmel!«, sagte Kli-Kli.
Ich griff die Idee nur zu bereitwillig auf, denn auch ich zog es vor, das Geschehen aus einem gewissen Abstand heraus zu beobachten. Der Oger war inzwischen ernsthaft böse. Er kannte nur noch ein Ziel: den verfluchten gelbhaarigen Mann, der über seinem Kopf den schweren Ogerbrecher kreisen ließ. Obwohl der Oger auf dem rechten Bein hinkte, schwang er unverdrossen sein Beil hin und her, in der Hoffnung, Met zu erwischen. Der war zwei Köpfe kleiner als der Oger und wartete auf seine Gelegenheit, indem er langsam zurückwich. Zum Glück war der Saal ja groß und es würde dem Oger nicht gelingen, das Wilde Herz gegen eine Wand zu treiben.
Und Mets Warten sollte belohnt werden. Schandmaul, von allen vergessen, schlich sich von hinten an den Feind heran und schlug mit gehässigem Lächeln auf das andere Bein des Monsters ein, worauf dieses auf die Knie fiel und sich verständnislos umsah. Schandmaul hatte sich bereits vor dem Beil des Ogers in Sicherheit gebracht und beobachtete nun gespannt, wie der Ogerbrecher dieser Kreatur nach einem neuerlichen Anlauf knirschend den Kopf spaltete.
»Gute Arbeit!« Schandmaul näherte sich dem Körper des Ogers und trat dagegen.
»Puh!«, stöhnte Met, während er sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn wischte. »So ein Mistkerl kostet dich das halbe Leben!«
»Komm! Unsere Leute brauchen Hilfe!« Schandmaul rieb sich die Nasenwurzel.
»Was für Hilfe?« Marmotte stellte sich zu den beiden, die Hand gegen die Brust gepresst. »Alles ist vorbei.«
Es war wirklich alles vorbei. Der letzte Feind hatte unsere Welt verlassen. Die Gardisten ließen sich erschöpft auf den Fußboden fallen. Kein einziger Anhänger des Unaussprechlichen war lebend gefangen genommen worden. Alle hatten es vorgezogen, im Kampf zu sterben.
»Garrett! Sieh!« Der Narr sprang geschickt an den Soldaten vorbei und kletterte auf den Körper des Ogers. »Nicht schlecht!«
»Du hast gut reden! Nicht schlecht!« Lämpler spuckte aus. Er hatte seinen Birgrisen nicht dabeigehabt und mit einem gewöhnlichen Schwert kämpfen müssen. »Das hat mir gerade noch gefehlt! So weit entfernt von den Öden Landen gegen einen Oger zu kämpfen!«
»He! He!«, widersprach Arnch. »Zu jammern, das ist die Lieblingsbeschäftigung von Schandmaul, mach ihm das nicht streitig!«
Nach und nach versammelten sich alle Gardisten um den Oger. Den Blick auf die Leiche des Monsters gerichtet, schwiegen sie erschüttert.
»Ziemlich kräftiger Kerl!«, erklärte der Kobold mit einem leicht bewundernden Unterton, als er den Körper des Ogers mit seinen kleinen Schritten ausmaß.
»Komm runter, Kli-Kli.« Alistan Markhouse nahm den Helm ab und sah den Kobold finster an. »Was hast du hier überhaupt zu suchen?«
»Ich kämpfe.« Zur Bekräftigung seiner Worte fuchtelte der Narr mit dem Dolch. »An Garretts Seite. Der Prinz kann das bestätigen.«
»Wir müssen jedes Zimmer und jeden Gang überprüfen. Irgendwo könnte sich noch jemand versteckt halten«, sagte der Prinz, statt die Worte des Narren zu bestätigen.
»Ich gebe sofort Befehl«, erklärte Alistan.
Es kostete einige Überwindung, mich nicht in die erste Reihe zu drängeln – um mich dann möglichst unauffällig abzusetzen und in mein Zimmer zu verschwinden.
Weitere Kostenlose Bücher