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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Fress mich doch ein Oger! Aber nein, dieses Monster malte ich besser nicht an die Wand!
    »He, schläfst du, oder was? Soll ich mir hier im Zug den Tod hol’n?! Setz dich in Trab!« Das Gezeter des ehemaligen Wilden Herzens riss mich aus meinen Grübeleien.
    »Wie heißt du eigentlich, Alterchen?«, frage ich.
    »Bolzen«, knurrte der Alte, der eine Fackel anzündete. »Nach dem Armbrustbolzen. So nennt man mich. Pass auf, dass du dir nicht die Beine brichst, die Stufen sind schief. Alle verbotenen Bücher liegen im Keller. Wir nehmen, was du brauchst. Du kannst die Sachen oben lesen, hier unten würd ich mir ja den Tod hol’n.«
    »Und was sagen die Vorschriften dazu?«, wollte ich von Bolzen wissen. »Dürfen die verbotenen Bücher denn überhaupt aus dem Keller rausgebracht werden?«
    »He, weißt du, was ich auf die dämlichen Vorschriften des Ordens gebe? Diese verfetteten Zauberer haben doch nichts im Kopf! Die hätten mal selber gegen die Oger kämpfen soll’n, wie ich, dann würden sie auf ihre idiotischen Regeln pfeifen. Klaut doch sowieso niemand, den Kram. Du liest alles, was du brauchst, ich schlepp die Sachen dann zurück. Vorsicht, die Stufe hat ‘n Loch!«
    Bolzen. Hmm. Soweit ich wusste, bekamen bei den Wilden Herzen viele Soldaten einen Spitznamen: für eine kühne Tat, ein besonderes Talent, eine erstaunliche Begebenheit oder einfach aufgrund ihres Charakters. Die Wilden Herzen führten ihre neuen Namen voller Stolz. Nur die Elfen kannten keine Spitznamen, dafür achteten sie die althergebrachten Namen zu sehr.
    Bolzen. Der Alte musste seinerzeit ein hervorragender Armbrustschütze gewesen sein. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht hatten ihm seine Kameraden ja nachts einen glühenden Bolzen in die Hosen gestopft.
    Wir stiegen in einen kleinen dunklen Raum hinunter, den die Fackel mit ihrem trüben Licht in keiner Weise zu erhellen vermochte. Der Alte streckte die Hand in die Dunkelheit aus, und etwas klickte. Blendendes Sonnenlicht flammte auf. Ich kniff die Augen zusammen.
    »Na, hab ich dir ‘nen Schrecken eingejagt?« Der Alte kicherte zufrieden. »Keine Angst! Kannst die Augen wieder öffnen!«
    Nach und nach gewöhnte ich mich an das grelle Licht. Die eisernen Regale waren wie oben bis unter die Decke mit Büchern und Schriftrollen vollgestopft. Unter der Decke hing eine blendende Kugel, die an eine strahlende, kleine Sonne erinnerte.
    »Das haben sich die Zwerge ausgedacht. Du hast ja wohl nicht geglaubt, die würden in ihren Höhlen im Dunkeln rumrennen und sich die Schädel an den Wänden einhau’n? Nöö … Die haben solche Lampen zusammengezaubert. Das ist Magie! Unser Orden kriegt so was einfach nich’ hin! Diese Scharlatane! Die Zwerge haben hier eine Lampe hergebracht, und in die Keller vom Königspalast sogar zehn! Keine Ahnung, wie viel sie uns für die Dinger abgeknöpft haben. Aber du musst zugeben, sie sind einmalig.«
    Ich nickte.
    »Gut, warte hier, rühr nichts an und steck deine Nase nich’ in Sachen, die dich nichts angehen! Ich hol dir, was du brauchst.« Bolzen bedachte mich mit einem drohenden Blick.
    Ich setzte die reine Unschuldsmiene auf, doch der Alte gab mir mit einem abfälligen Prusten unmissverständlich zu verstehen, er lasse sich von mir keinen Bären aufbinden, und entschwand zwischen den Bücherregalen. Im Nu war meine Harmlosigkeit verflogen, ich lief die Regale entlang und las die Titel auf den Folianten. Fast alle waren in der mir unverständlichen Sprache der Orks geschrieben. Nur einige Bücher über Magie und die Geschichte des Königsgeschlechts waren in der Sprache der Menschen abgefasst. Mein Blick eilte durch den Raum, bis er an einem kleinen Regal hängen blieb. Magische Schriftrollen. Mit großen, verschnörkelten Buchstaben stand an der Wand über den Rollen: »Kampfzauber! Runenmagie! Der Gebrauch der Rollen ist einzig den Erzmagiern des Ordens nach Stattgabe durch den Rat erlaubt!«
    Mir war schleierhaft, warum die Kampfzauber der Runenmagie derart offen herumlagen. Da konnte sich ja jeder dahergelaufene Nichtsnutz eines dieser eingerollten Pergamente ausborgen.
    Schlamperei würde diese Welt noch in den Abgrund treiben.
    Ich sah mich rasch um, zog aus dem Stapel staubbedeckter Rollen eine mit einem schwarzen Band, die mir nicht ganz so dreckig vorkam, und ließ sie im Ausschnitt verschwinden. Dann entfernte ich mich vom Regal und wartete auf den Alten. Ich hatte mich zwar wie ein kleiner Dieb verhalten, aber die Rolle würde in der

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