Schattenwanderer
auf!«, befahl Panarick, der das Partikel entstehenden Dunkels ebenfalls bemerkt hatte.
»Wagt es ja nicht! Ich bin noch nicht fertig!«, brüllte Semmel.
»Das ist ein Befehl, Semmel«, gab der Magister streng zurück und schickte sich an, seinen Kraftstrom zu löschen.
»Schahsstan!«, kreischte Semmel und wies auf Panarick, die Finger zu einer komplizierten Figur geformt.
Der Magister wurde jäh von den Füßen gerissen und blieb reglos auf dem Spiegelboden liegen. Man brauchte kein Heiler zu sein, um zu wissen, dass er tot war. Semmel hatte ihn mit seinem Schamanenzauber schlicht und ergreifend geköpft. Mit dem Tod Panaricks barst der Kreis. Die vier Erzmagier wurden in unterschiedliche Richtungen nach hinten geschleudert. Nur Semmel blieb stehen, umgeben vom schwarzen Leuchten der feindlichen Magie, die vom Horn ausging.
Das regenbogenfarbige Schimmern des Tages wich der Nacht. Die Magier geboten nicht mehr über ihre Kraft, vier blendende Lichtsäulen schossen hoch, verdampften erst die Decke des Raums, dann das Dach des Turms. Eisiger Wind fuhr in den Raum, der in einem wahnsinnigen Tanz des Schmerzes eine Armee von Schneeflocken durcheinanderwirbelte. Der fünfte Kraftstrom – jener Strom, den zuvor Panarick kontrolliert hatte – raste horizontal durch den Raum und spießte Elo auf, der sich gerade vom Boden erhob, tötete den Magier auf der Stelle, bohrte ein gewaltiges Loch in die Wand des Raums und verschwand. Krachend rollte die Kraft über den benommenen Walder hinweg, der ebenfalls aufzustehen versuchte. Als er zum Spiegelboden hinunterblickte, sah ihn sein bleiches Gesicht an.
»Mörder!«, schrie Ilio, der links von Walder bereits wieder auf die Beine gekommen war.
Jede Magie vergessend, stürzte er sich auf Semmel, der sich am frisch erweckten Kronk-a-Mor berauschte. Semmel beachtete Ilio genauso wenig wie ein Oger eine Mücke. Er schnippte lediglich mit den Fingern und sprach eine Formel auf Ogerisch – worauf Ilio schreiend in ein Loch fiel, das sich im Spiegelboden auftat. Anschließend schob sich der Spiegel mit einem schmatzenden Geräusch wieder zusammen und bestattete somit Walders Freund.
»Du!«, brüllte Walder, doch da fesselten ihn schon die schwarzen Tentakel der Kraft.
»Schweig, Walder!« Semmels Stimme klang kalt. »Ich bin anderweitig beschäftigt.«
»Was tust du da, du Wahnsinniger?«, schrie Walder, der versuchte, sich aus der Umklammerung der feindlichen Magie zu befreien. »Du weißt ja nicht, was du anrichtest!«
»Ganz im Gegenteil! Das weiß ich nur zu gut. Und das, was ich nicht verstehe, wird mir der Herr gern erklären.« Semmel vollführte in einem fort seine Passes. Die Magie der Oger unterwarf sich ihm mit einem Zittern. »Ja, Walder, ja! Der Herr hat mich gelehrt, wie ich euch alle täuschen kann und unsterblich werde. In wenigen Minuten bin ich dem Unaussprechlichen gleich, womöglich sogar stärker als er! Ja! Der Unaussprechliche, dieser Versager, wird sich mir unterwerfen!«
»Was für ein Herr? Wovon redest du?«, schrie der Erzmagier, der nach der zuckenden Hand O’Carts schielte.
Der Filänder kam zu sich.
»Das versteht du doch nicht! Du und deinesgleichen, ihr bildet euch zu viel auf die Macht des Ordens ein, ihr Hornviecher, die ihr mit euerm geringen Verstand nicht einmal begreifen könnt, über welche Macht ich bald gebiete! Vor langer, vor sehr langer Zeit hat mir der Herr erklärt, wie ich den Kronk-a-Mor wecken kann. Dafür waren das Horn und fünf Schwachköpfe nötig, die sich bereit erklärten, mir ihre Kraft zu überlassen. Ich habe die Sprache der Oger studiert, jahrzehntelang habe ich über ihren Büchern gesessen und mir die alten Geheimnisse des Schamanismus angeeignet. Ich werde unsterblich sein – und mir ist völlig einerlei, wie viele von euch ich Panarick auf dem Weg dahin ins Dunkel nachschicke!«
»Verreck selbst im Dunkel!«, schrie O’Cart und schlug mit einem Feuerhammer auf Semmel ein.
Wumm!, kreischte die Flamme, welche die Schneeflocken mit ihrer Glut schmolz.
Da sich Walders Fesseln nun lockerten, verstärkte er mit seiner Kraft den Schlag O’Carts. Semmel indes schwankte nur leicht, während die Flamme in einem dünnen Faden an seiner Kleidung herunterrann.
Gleich darauf griff der Verräter Walder an. Die Luft verdichtete sich, und auf den Erzmagier rollte eine durchscheinende blutrote Kugel zu. Als Walder das Geflecht aus Luft, Erde und einem weiteren Element, das er nicht zu bestimmen vermochte, sah,
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