Schattenwandler 01. Jacob
Dingen veranlassen.
Und in diesem Augenblick fügte sich auch das letzte Puzzlestück ins Bild.
„Was ist mit Saul passiert? Ihr habt gesagt, er sei transformiert worden. Wie?“ Sie wandte sich an Jacob. „Du hast ihn gejagt. Deswegen hast du mich auch gefragt, ob ich irgendetwas gesehen hätte. Und als wir ihn dann gefunden haben … dieses bläuliche Licht … der andere Mann … sag mir, Jacob, was ist da passiert?“
„Er ist gefangen worden. Wir nennen es abberufen . Es gibt bestimmte Menschen, die wir Nekromanten nennen und die vor langer Zeit eine geheime Methode erlernt haben, einen Dämon abzuberufen, ihn gefangen zu setzen und seine Kräfte für eine bestimmte Zeit nach ihrem Willen zu nutzen.“ Jacobs Kiefermuskeln mahlten. „Mit jedem Befehl, den ein Magier gibt, beginnt die Transformation, sie schreitet fort, und zum Schluss wird der Dämon zu dem, was du gesehen hast … zu einer geistlosen Kreatur ohne jede Kontrolle über sich und ohne jeden Sinn dafür, was richtig ist und was falsch. Er ist der schlimmste Albtraum, den du dir vorstellen kannst.“
„Oh, mein Gott.“ Isabella schlug die Hand vor den Mund, und in ihren Augen stand das Entsetzen. „Du meinst, so was könnte jedem von euch passieren?“
Alle nickten in grimmiger Eintracht, und Isabella spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Diese wunderschönen Geschöpfe? Ihre Anmut, ihre Vitalität und ihr entschiedener Sinn für richtig und falsch, alles zerstört? Entartet zu einem von diesen sabbernden, geistlosen Ungeheuern?
„Warum erzählt ihr mir das alles? Habt ihr keine Angst, ich könnte euch irgendwie in Gefahr bringen? Warum vertraut ihr mir? Ich meine, um Himmels willen, ich habe einen von euch getötet. Oh!“ Sie schnappte erschrocken nach Luft. „Das wollte ich nicht! Ich schwöre es!“ Tränen schossen ihr in die großen veilchenfarbenen Augen, und Jacob konnte dem Drang nicht widerstehen, sie in die Arme zu nehmen. Er zog sie an seine Brust, legte seine große Hand auf ihren Kopf und beruhigte sie mit leisen Worten, während sie von Entsetzen geschüttelt wurde.
Noah war fasziniert von Jacobs sanftem Umgang mit ihr. So benahm sich kein Dämon, der einfach nur seiner Lust gefolgt war. Je mehr er die beiden beobachtete, desto mehr erkannte der Dämonenkönig, dass etwas Besonderes Jacob mit der kleinen Menschenfrau verband. Etwas, das er noch nicht ergründen konnte. „Isabella“, wandte Noah sich an ihren Gast, „wir betrachten das, was du getan hast, als einen Akt der Gnade. Es war uns nicht mehr möglich, Saul zu helfen. Hättest du ihn nicht getötet, wäre Jacob dazu gezwungen gewesen.“
„Für Saul wäre es schlimmer gewesen, als Monster weiterzuleben, das jeden angreift, der ihm in den Weg kommt, egal, von welcher Spezies“, führte Legna sanft aus. „Isabella, wenn du böse Absichten gehabt hättest, wenn du einem von uns etwas hättest anhaben wollen, hätte ich es gewusst. Ich würde es in deinen Empfindungen spüren. Doch alles, was ich spüre, ist Aufrichtigkeit und bemerkenswerter Mut.“
„Wir erzählen dir dies alles, weil wir überzeugt sind, dass du auf irgendeine Weise Teil unserer Zukunft bist.“ Meiner Zukunft. Jacob unterdrückte den Impuls, es auf sich selbst zu beziehen. „Du hast gestern Nacht einige verblüffende Fähigkeiten gezeigt, Bella. Ich glaube, das Schicksal hat entschieden, dass sich unsere Wege kreuzen, und dich genau deswegen aus dem Fenster gestürzt.“
Sie lachte, während er sanft über ihre Schultern und Arme strich. „Als Geschöpfe der Elemente glauben wir an Schicksal und an alle Dinge, die unausweichlich sind. An den Wechsel der Gezeiten, an das sich verändernde Gesicht der Erde, an Leben und Tod. Das ist die Bestimmung der Natur. Doch Lebewesen haben eine besondere Bestimmung. Dinge, die wir tun werden, für die das Schicksal uns gemacht hat. Es gibt einen Grund, warum du zu uns gekommen bist, und wir wollen ihn herausfinden.“
„Wieso?“, fragte sie mit zitternder Stimme, während sie tapfer versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten. „Ich meine, bisher habe ich für eure Leute doch nichts weiter getan, als einen zu töten, einen anderen windelweich zu schlagen und euch dazu zu bringen …“ Sie brach ab und wurde rot. „Warum zum Teufel wollt ihr nach all dem überhaupt noch etwas mit mir zu tun haben?“
„Ich würde nicht sagen, dass du irgendjemanden windelweich geschlagen hast“, meldete sich Elijah mit streitlustig vorgerecktem Kinn zu
Weitere Kostenlose Bücher