Schattenwandler 03. Elijah
Schwarze Buch die Zeiten überdauert hatte.
Laut ihrer Mutter hatte dieses Buch die Macht, die mächtigsten Feinde zu vernichten. Sogar Noah, den außerordentlich mächtigen Feuerdämon, der, wenn er wollte, wahrscheinlich die ganze Welt zerstören könnte.
Aber Mary glaubte nicht, dass sie es brauchen würden. Sie hatten doch schon Gideon vernichtet, den Urältesten seiner Art. Und wenn sie das geschafft hatten, dann schafften sie alles.
„An deiner Stelle würde ich mich nicht zu sehr darauf verlassen.“
Mary schrak aus ihren Gedanken auf, schnappte nach Luft und fuhr herum, um zu sehen, von wem diese kaltblütige Bemerkung gekommen war. Und blickte unversehens in zwei furchteinflößend kalte Silberaugen, während der Mund sich zu einem sardonischen Grinsen voll grausamer Selbstgewissheit verzog.
„Na, na, na“, ließ sich da eine weiche, warnende Stimme vernehmen, worauf Mary abermals entsetzt herumfuhr und in ein ebenso silbernes Augenpaar blickte. „Ich weiß, was du jetzt denkst“, sagte Magdelegna mit einem ebenso grausamen Lächeln. „Aber deine Mami kann dir jetzt nicht helfen.“
Marys Herz raste, als ihr bewusst wurde, dass die Frau die Wahrheit sagte. Die junge Dämonin war von ebenden Dämonen umringt, deren Namen sie ihr Leben lang so gefürchtet hatte.
„Jacob, Bella, haltet die kleine Göre in Schach. Ruth taucht bestimmt bald hier auf.“
Der Befehl kam vom Dämonenkönig, und er selbst und die anderen wandten sich zu dem umgegrabenen Gelände hin, auf dem es von Zauberinnen und von Jägerinnen wimmelte und von wo plötzlich Warnrufe zu hören waren.
„Wie eine mir bekannte Druidin einmal gesagt hat, versohlen wir ein paar Leuten den Hintern!“
Das Nächste, was nach diesem ausgelassenen Ausruf aus dem Munde der Königin der Lykanthropen kam, war das durchdringende Gebrüll des Pumas.
Ruth wurde von dem Geräusch entsetzter und panischer Stimmen vor ihrem Zelt aus dem Studium des Buches gerissen, das aufgeschlagen vor ihr lag. Sie sprang so heftig auf, dass sie ihren Stuhl umstieß, griff schützend nach dem schweren alten Band vor ihr und holte mit ihren mächtigen Sinnen aus.
Sie erkannte sofort, dass sie in höchster Gefahr schwebte. Und, was noch schlimmer war, auch ihre Tochter war in Gefahr. Verzweifelt unterdrückte die Dämonin den unwillkürlich aufwallenden Zorn und den Drang, sofort zu reagieren, wie ihr Mutterinstinkt es ihr eingab. Zum Glück jedoch erinnerte ihre jahrhundertelange Ausbildung zur Kriegerin sie daran, dass man eine Schlacht sicher verlor, wenn man unter dem Einfluss seiner Gefühle kämpfte. Rückblickend hatte Gideon, als sie ihn seinerzeit überfallen hatte, es genau deswegen geschafft, die Oberhand zu gewinnen. Ein Fehler, für den sie offenbar immer wieder bezahlen musste, so erkannte sie, als sie ganz in der Nähe die Präsenz des Urältesten wahrnahm. Wütend fasste sie sich an den schlanken Hals, tastete nach Blutergüssen, die gar nicht mehr da waren, nur mehr in ihrer Erinnerung an Gideon, der sie ihr beigebracht hatte und der sie dabei um ein Haar getötet hätte.
Und nun wollten sie ihr ihr einziges Kind wegnehmen, und das nach allem, was sie Mary schon angetan hatten! Ohne ihre selbstgerechten Gesetze wäre Mary mit einem Druiden verbunden worden, der sie unendlich geliebt und so die Macht des Mädchens mindestens verdoppelt hätte. Aber nein. Sie hatten sich nicht dazu durchringen können, den bedauernswerten Druiden vor einem furchtbaren Hungertod zu bewahren. Sie hatten ihre Gesetze nur für einen aus ihrer eigenen Clique geändert. Nämlich für den Vollstrecker und seine Braut.
Ruth wusste, dass sie Mary nur benutzten, um sie selbst anzulocken, aber sie würde sich nicht so einfach zum Narren halten lassen, und sie würde nicht so einfach zulassen, dass sie ihr Vorhaben vereitelten.
Isabella stand der jungen Erddämonin beinahe auf Tuchfühlung gegenüber, und ihre veilchenfarbenen Augen blitzten vor kaum unterdrückter Wut. Als sie schwanger war, hatten Mary und deren Mutter sie in einen Hinterhalt gelockt und sie niedergeschlagen, um ihrem Leben und dem ihres Kindes ein Ende zu setzen. Die Vollstreckerin würde diese Demütigung nicht so schnell vergessen oder vergeben. Und ihr Gefährte auch nicht, der im Moment ein Sensornetz auslegte, das verhindern sollte, dass Ruth sich an sie heranpirschte, so wie sie selbst sich an ihr Feldlager und an ihren schutzlosen Sprössling herangeschlichen hatten. Die Nekromantinnen und die
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