Schattenwandler 05. Noah
auf die Küche zu und ließ sie gerade noch rechtzeitig herunter, damit sie sich am Spülbecken festklammern und sich übergeben konnte. Während er sie mit einem Arm stützte, strich er ihr mit der freien Hand die Haare aus dem Gesicht. Sein Mund berührte ihren Hinterkopf, und er flüsterte ihr sanft etwas zu. Es klang wie eine Entschuldigung.
Nach einer Minute konnte sie wieder atmen und spülte sich den Mund aus. Dabei stellte sie fest, dass sie wahnsinnig durstig war, und sie versuchte, das kalte Wasser gierig aus ihren zu einer Schale geformten Händen zu trinken, um ihren Durst zu löschen.
»Nein.« Noah hielt sie sanft davon ab, zog sie dichter an seinen warmen, nassen Körper und drehte den Wasserhahn zu. Er beugte sich zum Kühlschrank vor, wobei er das Gerät einen Augenblick ansah, als könnte es ihn vielleicht beißen. Dann öffnete er die Tür und schaute die Fächer durch. Sofort hatte er die Sportdrinks entdeckt, von denen Athleten immer eine Menge Vorräte zu haben schienen. Ihr fiel gar nicht auf, dass der Strom anscheinend ausgefallen war und dass kein Licht brannte. Sie war zu beschäftigt damit, sich an seine warme Haut zu schmiegen.
Doch er tat das Richtige. Das mineralstoffreiche Getränk war besser als Wasser. Er gab ihr die Flasche, und sie hielt sie fest, während er sie hochhob und über den Flur zu ihrer Suite ging. Sie hörte ein lautes, schmatzendes Geräusch, das in ihrem schmerzenden Kopf widerhallte, und blickte an ihm hinunter. Sie lachte, als sie sah, dass beim Gehen Wasser aus seinen Stiefeln schwappte.
»Ich hatte keine Zeit, sie auszuziehen«, erklärte er und musste grinsen, als sie ihn auslachte. Sie war verblüfft. Sie hätte nie gedacht, dass er jemand war, der über sich selbst lachen konnte.
»Du verteilst das Wasser im ganzen Haus.«
»Es ist nur Wasser«, sagte er mit einem Schulterzucken.
Er hatte recht. Sie hatte wirklich andere Sorgen. Ihr Schädel brummte, und ihr war noch immer übel. Ihre Haut juckte, und ihre Hände und Füße krampften wie verrückt. Er trug sie zum Bett und legte sie vorsichtig in die Mitte. Dann schob er ihr ein Kissen unter den Kopf, bevor er sie losließ und sein tropfendes Hemd auszog. Sobald er sicher war, dass er das Bett nicht noch nasser machen würde, zog er ihr die schwere Steppdecke bis über die Hüften hoch.
»Bleib liegen«, befahl er ihr streng, als wäre sie ein junges Hündchen. Da sie sich nicht stärker fühlte als ein junges Hündchen, konnte sie kaum etwas dagegen sagen. Sie hielt nur ihre Trinkflasche und versuchte herauszufinden, wie man den kleinen Plastikdeckel abmachte, während sie sah, wie er ins Bad ging.
Verglichen mit den Dingen um ihn herum, wirkte er ungeheuer groß, vor allem wenn er so in Aktion war. Sie hatte einen direkten Blick ins Badezimmer und sah, wie er einen Stapel frischer Handtücher von einem Regal nahm. Dann setzte er sich auf die Bank vor dem Schminktisch und zog die Stiefel aus. Kestra musste kichern, als das Wasser auf den gekachelten Fußboden lief. Tadelnd blickte er in ihre Richtung. Doch Kestra entging nicht das Lächeln um seinen Mund und um seine Augenwinkel. Sie hatte recht gehabt. Er schien doch öfter zu lächeln.
Ihr Lächeln verschwand, als er aufstand und seinen Gürtel abnahm. Noah wandte ihr dabei den Rücken zu, doch sie bemerkte, dass er sich nichts dabei gedacht hatte. Er zog die Hose aus und stand nackt und stark und verdammt männlich da.
Gott hatte wohl besondere Sorgfalt walten lassen bei der Gestaltung von Noahs Muskeln und Sehnen. Doch damit nicht genug, Noah hatte die schönste Rückseite, die sie je gesehen hatte. Er drehte sich ein wenig, und der Blickwinkel ließ sie auf eine Weise erschauern, die nichts mit ihrem Unwohlsein zu tun hatte. Es war ein Unterschied, ob man etwas sah oder ob man etwas fühlte, stellte sie fest und starrte auf seinen kräftigen Penis. Trotz des kalten Wassers war er ziemlich beeindruckend. Unbewusst fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen, als Noah nach einem Handtuch griff und es sich fest um die Hüften schlang.
Erst als sie wieder ausatmete, bemerkte Kestra, dass sie die Luft angehalten hatte. Doch sie schalt sich nicht dafür. Er war einfach prachtvoll, gebaut wie ein Gott und von Kopf bis Fuß gebräunt. Groß, dunkel und äußerst gefährlich. Auf betörende Weise gefährlich.
Zum Aus-dem-Flugzeug-Springen gefährlich.
Verdammt.
Sie schloss die Augen, als er mit den Armen voller Handtücher zurückkam. Er ließ die
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