Schattenwandler 05. Noah
ausgeschaltet hatte. Sie ließ die Wasserflasche hinter sich auf die Bank fallen und streckte sich mit einem glücklichen Seufzer aus.
Die Hitze war drückend, füllte ihre Lungen und schwemmte Gifte aus ihren Poren. Sie fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, strich ihr Haar zurück und befahl sich, sich zu entspannen. Das Atmen war mühsam, doch es machte ihr nicht wirklich etwas aus. Ihre Haut war von Feuchtigkeit überzogen, und Schweiß perlte über ihre nackten Brüste bis zu ihrem Hals, wo die kleinen Rinnsale sie kitzelten, bevor sie von ihrem Körper herabtropften.
Sie glitt mit ihren Fingerspitzen über Hals und Schlüsselbein und rutschte unruhig hin und her, während ungebetene Bilder von Noah in ihr aufstiegen. Ein paar Tage lang war es ihr gelungen, nicht von ihm zu träumen, wofür sie dankbar war, doch sie konnte die Erinnerungen an ihren leidenschaftlichen, explosiven Liebesakt nicht aus ihren Gedanken verscheuchen. Noch nie hatte sie so etwas empfunden, hatte sich einer solchen Leidenschaft, wie er sie ihrem Körper so leicht entlockt hatte, nicht annähernd für fähig gehalten.
Sie seufzte leise und legte einen Arm über die Augen, während ihre Haut bei diesem Gedanken am ganzen Körper zum Leben zu erwachen schien. Vielleicht war das der Grund, weshalb sie so leichtsinnig gewesen war. Die wenigen Male, die sie einem Mann erlaubt hatte, ihr näherzukommen, hatte man ihr vorgeworfen, sie sei kalt, kontrolliert und sogar frigide. Jedes Mal hatte sie gehofft, das würde sich ändern, doch das war nicht der Fall. Es gab zu viele Wunden, zu viele Altlasten, die sie davon abhielten, sich gehen zu lassen. Sie hatte nicht einmal eine vage Ahnung davon gehabt, wie ein Orgasmus sich anfühlen konnte, bis sie vor sechs Monaten zum ersten Mal so wirklichkeitsnah davon geträumt hatte.
Doch auch das war nicht zu vergleichen gewesen mit der Wirklichkeit. Und es war mehrmals geschehen. Oh Gott, nie hätte sie erwartet … Wie war das möglich? Wie konnte er ihren widerspenstigen Körper mit solcher Leichtigkeit erregen? War er einfach geschickter als die anderen? Wie, fragte sie sich, wäre es dann erst, wenn er sich tatsächlich Zeit nahm, anstatt dem drängenden Verlangen einfach nachzugeben? Wie wäre sie dabei?
Kestra strich mit einer Hand über ihren Körper und wischte Wasser und Schweiß ab. Ihre Fingerspitzen glitten dabei über ihre Brüste hinunter bis zu ihrem Bauch. Sie fühlte Hitze und Schwere, doch die waren in ihrem Körper und hatten nichts mit dem Dampf um sie herum zu tun.
Sie hatte ein hervorragendes Gedächtnis auch für noch so kleine Details. Sie erinnerte sich an jede Facette seiner seltsamen rauchfarbenen und an Edelsteine erinnernden Augen, an jeden Zentimeter seines markanten Gesichts, und an jede Berührung seines starken Körpers mit ihrem.
Kestra setzte sich rasch auf und umklammerte die Bank, während Bilder und Hitze durch ihren Kopf wirbelten. Das reichte jetzt! Sie musste diese Erinnerungen loswerden, bevor sie sich verrückt machte. Sie führte ein extremes Leben, in dem kein Platz war für einen Liebhaber, egal, wie sehr er sie in Wallung brachte. Außerdem kannte sie diesen Typ Mann, sie wusste, wie mächtige Männer waren und welche Forderungen sie glaubten stellen zu können. Sie würde sich lieber eine Kugel in den Kopf jagen, als das aufzugeben, wofür sie ihr Leben lang so hart gearbeitet hatte.
Kestra erhob sich und wandte sich zur Tür.
Sie taumelte und bemerkte zu spät, dass sie zu schnell aufgestanden war. Ein Schwindelgefühl überkam sie, und alles begann sich zu drehen. Sie fiel hin und verfluchte ihre eigene Dummheit. Dass sie in ernsthaften Schwierigkeiten war, bemerkte sie allerdings erst, als sie versuchte, sich aufzurichten, und dabei spürte, dass ihr die Kraft dazu fehlte.
Hitze und Dampf schienen sie zu Boden zu drücken und erstickten sie, so als versuchte sie unter Wasser zu atmen.
Sie rang nach Luft, einmal, zweimal.
Dann versank sie in Dunkelheit.
Noah ging über die Terrasse, während Jacob sich bereits wieder auf den Rückweg machte. Jacob konnte alles aufspüren, und Kestra war da keine Ausnahme gewesen. Jetzt konnte auch Noah sie fühlen und riechen. Sie war überall im Haus, und sein Herz zersprang beinahe vor Erwartung, sie wiederzusehen. Er wusste, dass er erst einmal nicht willkommen und dass sie ihm gegenüber immer noch genauso feindselig wäre, doch das spielte keine Rolle. Er war hier wegen ihres Wohlergehens. Er musste
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