Schattenwandler: Adam (German Edition)
gibt so viele Gefahren da draußen.«
»Er sollte mich selbst machen lassen. Es kommt mir so vor, als wäre er glücklich, wenn ich von der Erde verschwinden würde«, sagte Seth mit einem Schulterzucken.
»Seth! Wie kannst du nur so etwas denken?«
Bei ihrer heftigen Reaktion zuckte Seth zusammen und sah einen Augenblick lang aus wie ertappt, als hätte er seine Gefühle eigentlich gar nicht laut aussprechen wollen.
»Schon gut«, sagte er hastig und wich zurück, als seine Mutter die Hand nach ihm ausstreckte. »Das war dumm von mir.«
»Erstens«, sagte sie, während sie ihn am Arm packte, »geht es nicht, dass du deine Mutter anlügst. Und zweitens ist es sinnlos, eine Empathin anzulügen. Als mein Sohn müsstest du das inzwischen wissen.«
Sie nahm der Rüge die Schärfe, indem sie ihm mit Mehl eine Linie über die Wange zog.
»Mama!«, protestierte er und wischte sich übers Gesicht. Doch er versuchte ihr nicht mehr auszuweichen. Mit hängendem Kopf zog er eine seiner mageren Schultern hoch. »Es ist nur … ich weiß, dass ich für euch beide eine große Enttäuschung bin. Für alle. Ich bin ein Niemand ohne besondere Fähigkeiten, wo ich doch eigentlich etwas Besonderes sein sollte. Er findet es schrecklich, dass ich nicht so herausragend und so besonders bin wie er.«
»Du lieber Himmel, Seth, das ist nicht wahr! Was, glaubst du, erwarten wir denn von dir? Du bist erst vierzehn! Du hast noch vier bis sechs Jahre vor dir, bevor wir uns um deine besondere Fähigkeit kümmern!«
»Das ist doch Quatsch. Ihr schaut alle auf Leah und fragt euch, warum ich nicht so begabt und so besonders bin wie sie.« Tränen traten dem Jungen in die Augen, als er sich von ihr losriss und abwehrend die Arme um sich schlang. »Sie hat unglaubliche Dinge getan, da war sie erst zwei Jahre alt. Noah war auch noch ziemlich jung, als seine besondere Fähigkeit zum Vorschein kam. Und wie alt war Jacob? Neun? Acht? Die stärksten Dämonen auf dem Planeten hatten so viel Kraft in sich, dass sie sich einfach Bahn brach. Und dann bin da ich. Ein großer, fetter … Niemand.«
»Der größte Fehler, den man machen kann, ist, sich mit anderen zu vergleichen.«
Seth zuckte zusammen, als er die Stimme seines Vaters hinter sich hörte. Scham überkam ihn. Wie hatte er das nur vergessen können? Mit seiner Mutter zu sprechen war genauso, als würde er mit ihm sprechen, ihre Verbindung war so stark und ihre Gedanken so miteinander verwoben. Doch er hatte auch schon erlebt, wie seine Mutter von seinem Vater psychisch auf Abstand gegangen war. Dumm von ihm, zu glauben, dass sie das wieder getan hatte, um mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Er drehte sich rasch um, um das Astralbild seines Vaters anzuschauen, während sich sein ganzer Körper sträubte, als er eine Art mentalen Schutz zu errichten versuchte.
»Und wenn schon«, sagte Seth mit einem Schulterzucken. Er hatte den Blick gesenkt und betrachtete den Teppichvorleger.
»Seth«, sagte sein Vater, und seine Stimme klang viel freundlicher, als er es von seinem Erzeuger gewohnt war. Es brachte ihn dazu, den Blick zu heben. »Ich glaube ganz fest daran, dass du eines Tages ein außergewöhnlicher Dämon sein wirst, das will ich nicht leugnen. Doch wenn du gesund und glücklich wärst, würde mir das vollauf genügen. Dass du glücklich bist, ist das Wichtigste für mich.«
Seth hatte seinen Vater noch nie so sprechen hören. Zweifelnd blickte er ihn an und fragte sich, ob er so eine Art umgekehrter Psychologie auf ihn anwendete.
»Oder«, unterbrach seine Mutter leise seine Gedanken, »er liebt dich einfach so, wie du bist.«
Seth war so überzeugt, dass es anders war, dass er es kaum glauben konnte. Legna spürte das, und sie konnte auch die Ohnmacht ihres Mannes spüren. Es war eine Sache, die immer wieder und über einen langen Zeitraum angesprochen werden musste. Doch jetzt, wo ihnen bewusst war, was ihren Sohn im Grunde beschäftigte, konnten sie die Sache vielleicht in Ordnung bringen.
»Dein Sohn wollte dich etwas fragen, Gideon«, sagte sie und wechselte so unauffällig das Thema. Seth war erleichtert. Er hoffte, dass Leah es wirklich zu schätzen wusste, dass er wegen ihr Kopf und Kragen riskierte. Seine Eltern zu manipulieren war keine einfache Sache.
Er zog die Schultern hoch und versuchte, beiläufig zu klingen. »Es ging um etwas, was Leah mich gefragt hat. Ich sag ihr Bescheid, und wir kommen gemeinsam zu dir. Es ist etwas Historisches.«
»Geschichte ist ganz
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