Schattenwandler: Adam (German Edition)
versuchten Fehler zu vermeiden, ob sie wollten oder nicht.
Es war genau dieses Augenpaar, das Adams Vater Asher dazu gebracht hatte, einer aufreizenden, sturen Frau mit rabenschwarzem Haar seine unsterbliche Liebe zu gestehen, obwohl er sich ewiges Junggesellentum geschworen hatte. Jetzt hatte er zwei erwachsene Söhne und war noch nie glücklicher gewesen.
Dieselbe Frau, nun dreihundert Jahre älter, doch noch genauso anziehend und schön, rief nach Adam von einem der Ecktürme ihres Schlosses aus. Er konnte den langen Zopf erkennen, der ihr anderthalb Meter lang über die Schulter fiel, und das lose Ende flatterte in der Brise wie das Familienwappen, in dessen Nähe sie stand, über die Mauer gebeugt.
»Madam«, sprach er sie an, und seine tiefe Stimme dröhnte hinauf zur Festung und noch weiter. »Ich habe Euch gebeten, mich nicht zu stören, wenn ich trainiere.« Mit einer Hand wies er auf die vier Dämonen hinter sich, die in unterschiedlichen Stellungen halb bewusstlos auf dem staubigen Boden lagen, und auf die große, schlaksige Gestalt seines Bruders Jacob, der lässig an der Rückseite einer steinernen Statue ihres Großvaters am Rand des Übungsplatzes lehnte.
Jacob machte beinahe den Eindruck, als bemitleidete er den alten Mann, der verschmitzt auf den Übungsplatz hinabblickte, wo er, wie sein ältester Enkelsohn, Übungspartner mit atemberaubender Schnelligkeit außer Gefecht zu setzen pflegte.
»Sieht so aus, als gönnst du deinen Männern eine Verschnaufpause«, entgegnete seine Mutter mit viel zu mütterlicher Anteilnahme in der Stimme, als sie seine erschöpften Gegner sah.
Adam hasste es, wenn sie das tat: ihn wie einen Sohn zu behandeln. Und natürlich vergötterte er sie auch dafür. Als Mutter war sie diejenige, die, obwohl sie ihn stets unterstützte und lobte, es noch immer schaffte, völlig unbeeindruckt von dem Mann zu sein, zu dem er geworden war. Sogar ihr Vater legte Adam gegenüber mehr Respekt an den Tag für seinen Rang und seine Position, die er innehatte. Trotzdem vermutete Adam, dass es das Privileg einer Mutter war, ihren Sohn stets so zu behandeln, als wäre er noch immer ein kleiner Junge, und es war das Privileg des Sohnes, ihr gegenüber deswegen nachsichtig zu sein.
»Ich nehme an, du hast recht«, gestand er ein und warf seinem kleinen Bruder ein breites Grinsen zu, sofern man einen Mann von zweihunderteinundzwanzig Jahren noch als kleinen Bruder bezeichnen konnte. Jacob grinste zurück und strich sich mit der Hand durch das braunschwarze Haar, das er für Adams Geschmack viel zu locker trug. »Brauchst du deinen jüngsten Sohn ebenfalls?«, fragte er sie.
»Das sollte ich mir tatsächlich überlegen.«
»Was ist los, Adam, hast du Angst, dass ich dich überflügle, wenn ich ein paar Minuten Extratraining bekomme?«
»Das zu befürchten wäre nicht nur lächerlich, es wäre reine Zeitverschwendung«, entgegnete Adam seinem großspurigen Bruder. Er würde Jacob ein wenig Staub fressen lassen müssen, damit der bescheiden blieb. Der Lümmel war langsam wirklich so gut, wie er zu sein glaubte, und das konnte das Leben mit ihm unerträglich machen.
Das Necken und Prahlen ging weiter, während die Söhne sich auf den Weg nach Hause begaben, um herauszufinden, was ihre Mutter von ihnen wünschte.
Eleanor war vom oberen Verbindungsgang gekommen, ein wenig zerzaust und atemlos, doch heiter und entzückt von ihrem Nachwuchs, als die beiden den Salon vom oberen Stockwerk des Nordturms aus betraten. Einen Moment lang betrachtete sie ihre Söhne, die in vielem so unterschiedlich und doch aus dem gleichen Holz geschnitzt waren.
Adam hatte die Farbe ihrer Augen und ihrer Haare geerbt, doch seine riesenhafte Größe und die beinahe animalische Statur ging auf seinen Großvater väterlicherseits zurück. Sein bester Freund, der zugleich sein Cousin war, war ein Dämon namens Noah, der einzige Dämon, der seine Körpermaße hatte. Adam hatte Schultern, die eine Meile breit zu sein schienen, einen ebenso breiten Brustkorb und eine schmal zulaufende Taille mit wohlgeformten Muskeln, die jedoch immer noch so breit war wie der Stamm einer Eiche.
Sein jüngerer Bruder Jacob hingegen war schlank und athletisch, geschmeidig, wo er eher bullig war, und beweglich, wo sein Bruder vor Kraft strotzte. Eleanors jüngerer Sohn hatte die Statur und die Haare seines Vaters ebenso wie die dunkelbraunen Augen, die bei jeder Gemütsregung ebenholzfarben wurden.
Doch obwohl sie sich äußerlich
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