Schattenwandler: Adam (German Edition)
in Schwarzer Magie versuchte. Einer eigennützigen, schädlichen Magie. Das letzte Jahrzehnt hatte der Welt der Schattenwandler gezeigt, dass es nicht immer so gewesen war. Geborene Hexen, die gute Magie in selbstloser und schützender Weise anwandten, behielten einen sauberen und reinen Geruch. Doch sobald sie mit den Schwarzen Künsten experimentierten, wurden sie süchtig danach wie nach einer giftigen Droge, und diese Droge roch für jeden Schattenwandler, der in ihre Nähe kam, nach dem Bösen.
Ruth und Nico stanken nach ihrer Sucht, und ihre Augen schimmerten auf eine ganz eigene Weise, die einen davor warnte, dass sie wahrscheinlich ein wenig wahnsinnig geworden waren angesichts der Macht, über die sie verfügten.
»Nun, hör zu«, sagte Nico, während er sich ebenfalls über sie beugte, um sie anzustarren. »Sie ist kaum alt genug für die Unterweisung, und trotzdem stinkt ihr Verstand nach dieser wichtigtuerischen, rechtschaffenen Moralpropaganda, die ihr Dämonen so gern verbreitet.«
»Oh, mehr noch«, flüsterte Ruth atemlos. »Sie denkt über uns nach, Nico, und darüber, wie sie es anstellen kann, uns loszuwerden.«
Panik erfasste jede Faser in Leahs Körper. Plötzlich wurden ihr schlagartig bewusst, was für Folgen es haben würde, wenn sie wehrlos in den Händen der Dämonin war. Weil ein Vampir die Fähigkeit eines Schattenwandlers nur in sich aufnehmen konnte, wenn er dessen Blut trank, und weil Leah nur eine nennenswerte Fähigkeit besaß, bedeutete das … Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit, dass Ruth und Nico sich womöglich ihre Fähigkeit aneignen könnten, sich durch die Zeit zu bewegen. Plötzlich bedeuteten die vergleichsweise geringen Auswirkungen ihres ein wenig egoistischen Akts nichts gegenüber dem Schaden, den die beiden anrichten konnten, wenn sie die Kontrolle über die Zeit gewännen und sich in die Vergangenheit und in die Zukunft bewegten, Dinge veränderten und sich an historische Gestalten heranmachten, die in keinster Weise auf ihr Kommen vorbereitet waren.
»Ich liebe es, wenn sie in Panik sind«, sagte Ruth zu ihrem Gefährten und fuhr ihm durch eine Locke an seinem Ohr. »Sie vergessen, dass wir in ihrem Geist lesen und Informationen in ihre Gedanken einstreuen können.«
»Ja, das ist ziemlich praktisch, nicht wahr?«, pflichtete Nicodemous bei.
Nico packte Leah vorn an ihrem Shirt und zog sie hoch, sodass sich der Stoff unter ihrem viel zu schweren Gewicht dehnte, während er sie dicht an sein Gesicht zog und seine Fangzähne fletschte.
»Also, du Leckerbissen, du glaubst, du hast den Schlüssel zu etwas, was andere nie fertiggebracht haben? Du glaubst, du hast das, was es braucht, um uns zu vernichten?«
»Vielleicht hat sie recht«, bemerkte Ruth. »Wenn sie einen Weg finden würde, uns anzugreifen, bevor wir stark genug sind …«
Die wahnsinnige Dämonin streckte sich und strich sanft über ihr Haarband. »Reiß ihr die Kehle auf. Trink, so viel du kannst, und töte das kleine Biest. Dann haben wir Macht über die Zeit, und niemand kann uns mehr aufhalten.«
»Endlich … endlich werde ich Prinz der Vampire«, knurrte Nico.
Und in einer einzigen heftigen Bewegung fletschte er die Zähne und stieß sie dem jungen Mädchen tief in den zarten Hals.
Leah schrie auf. Sie wusste, dass es nur einer Bewegung bedurfte, um ihr den Hals aufzureißen, sodass sie verbluten würde genau wie ihre Mutter. Und es bräuchte nur einen Schluck ihres Bluts, und die gesamte Schattenwandlerwelt würde im Chaos versinken.
Die Panik verlieh ihr ungeahnte Kräfte, die durch sie hindurchfuhren wie ein Rasiermesser, schmerzhaft und unkontrolliert, nichts als reiner Instinkt. Jedes einzelne Molekül ihres Körpers schien vor ihrem Angreifer zurückweichen zu wollen und machte einen Sprung durch das Einzige, worüber sie wenigstens ein bisschen Kontrolle hatte.
Einen Sprung durch die Zeit.
3
Ungefähr vierhundert Jahre früher
»Adam!«
Adams dunkler Kopf fuhr hoch und Schweiß spritzte von seiner Stirn, als er die wilden schwarzen Locken zurückwarf, die troffen von der salzigen Flüssigkeit. Zur Bestürzung seines Vaters hatte er die Augen seiner Mutter. Mutter und Sohn hatten beide blassgrüne Augen, so klar und hell, als würden sie glühen. Es unterstrich die machtvolle Fähigkeit der beiden, jemandem direkt in die Seele zu blicken. Diejenigen, auf die sich der Blick aus den hellen Jadeaugen richtete, gestanden oft die volle Wahrheit, benahmen sich anständig und
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