Schattenwandler: Adam (German Edition)
verloren, die du liebst, aber du hast andere gewonnen«, fuhr sie unbeirrt fort und streckte eine Hand aus. »Eine wunderschöne Nichte mit ganz besonderen Fähigkeiten, die bereit war, alles zu opfern, damit du ihren Vater retten konntest. Sie hat dir hundertprozentig vertraut und ist dafür reich belohnt worden. Du hast einen Bruder, dem du noch nie begegnet bist. Seiner Frau auch noch nicht. Natürlich sollst du um diejenigen trauern, die du liebst, aber lass dich von der Trauer nicht auffressen, aus Furcht, die anderen hätten dir etwas voraus.«
Sie hatte recht. Zu begreifen, dass sein guter Vater und seine wunderschöne Mutter tot waren, war schmerzlich, und es hinterließ eine schreckliche Leere in seinem Herzen, doch es gab andere, die er ohne das mutige Handeln eines jungen Mädchens nie kennengelernt hätte. Und hatte es ihn nicht mehr als einmal gefragt, ob er alles dafür geben würde, seinen Bruder zu retten? Hatte er gelogen, als er Ja gesagt hatte?
Nein, dachte Adam. Es war beileibe keine Lüge gewesen. Er hätte in diesem Augenblick alles gegeben, damit das Leben seines Bruders verschont würde.
Und er hatte alles gegeben. Das war der Preis, den zu zahlen er bereit gewesen war. Er musste das akzeptieren. Er wusste, dass es das wert war, und wenn es nur um das Wohl eines kleinen Mädchens ging, das den Verlust seines Vaters nicht hätte verkraften können. Und den seiner Mutter, wie er sich in Erinnerung rief. An diesem Tag war nicht nur Jacobs Leben gerettet worden. Das durfte er nicht vergessen.
Er richtete einen warmen und dankbaren Blick auf die Vampirin ihm gegenüber. Jasmine. Trotz ihrer aufreizend engen Kleidung und diesem Lächeln auf den Lippen wusste er, dass sie um ihn besorgt war. Er wusste, dass sie nachempfinden konnte, wie es ihm erging. Als er ihr zum ersten Mal begegnet war, hatte sie etwas von einem langen Schlaf erwähnt. Sie musste sich genauso gefühlt haben wie er. Wirklichkeitsfremd. Verwirrt und orientierungslos. Rückständig.
»Wie machst du das?«, fragte er sie unumwunden. »Wie kannst du einfach Jahrhunderte später wieder aufwachen und mit den Veränderungen fertig werden, die um dich herum geschehen sind.«
»Ich?« Sie hob eine Braue und lächelte schelmisch. »Ich nehme die neue Welt um mich herum einfach an. Die Kleidung, das Essen, die Gerüche und die Atmosphäre. Ich will alles mitbekommen.« Während sie sprach, schlang sie die Arme um sich und nickte ihm zu. »Du hingegen scheinst nicht der Typ zu sein. Wahrscheinlich wärst du mit einem Führer besser dran.«
»Was meinst du mit nicht der Typ ?«, fragte er schroff, während sich ihm vor Verärgerung die Nackenhaare aufstellten.
»Ich bin ein Genusswesen«, sagte sie zu ihm, während sie näher auf ihn zutrat und ihren straffen Körper an ihn schmiegte, »und du kommst mir nicht vor wie jemand, der seinen Gefühlen nachgibt.«
Die Bemerkung war überheblich und provozierend, und er hätte sie am liebsten gepackt und erwürgt. Stattdessen bemerkte er, dass er angesichts ihrer Unverblümtheit vor seinem König und, wie es schien, seiner Königin errötete. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er sie fast genommen und ihr eine Lektion in Sex erteilt hätte, die auch eine jahrhundertealte Vampirin noch brauchen könnte, wenn sie sich noch ein bisschen mehr an ihm gerieben hätte. So sehr verlor er die Kontrolle, wenn sie in seine Nähe kam.
Verdammt noch mal, allein wenn er sie nur ansah …
»Ein Führer ist eine großartige Idee, Jasmine. Willst du dich freiwillig melden?«
Jasmines Körper versteifte sich, und ihr provozierendes Gebaren war wie weggewischt. Adam fand das seltsam. Warum sollte jemand, der so kühn und so selbstsicher war wie sie, einen orientierungslosen Dämon wie ihn als Bedrohung ansehen?
»Ich habe Wichtigeres zu tun«, sagte sie plötzlich kalt wie ein Eishauch. »Sein Bruder wäre …«
»Jacob muss sich um Bella und um seine Tochter kümmern. Ganz zu schweigen von seinen Aufgaben als Vollstrecker. Was hast du denn so Wichtiges zu tun?«, fragte Noah schelmisch.
»Das Gleiche wie immer. Kontakt zu unserer Gruppe von Wachleuten halten, die da draußen sind, um Schattenbewohner und Menschen vor abtrünnigen Vampiren, Dämonen und anderen zu schützen. Ich hatte ursprünglich vorgehabt, Ruth aufzuspüren. Sie ist fällig, bevor sie noch mächtiger wird. Vielleicht ist es schon zu spät.«
»Ruth ist niemand, den du allein jagen solltest, Jasmine. Keiner stellt sich Ruth
Weitere Kostenlose Bücher