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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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man es verstehen will. Aber dabei störe ich Sie besser nicht länger …«
    Als er sich abwenden wollte, hob ich die Hände.
    »Nein, nein! Sie stören nicht!« Im nächsten Moment spürte ich, dass ich rot wurde. Mist, warum musste mir das passieren? »Ich wollte sagen …« Und warum stotterte ich jetzt auch noch? »… dass ich schon fertig war. Und es ist immer gut, wenn man mit jemandem über die Ergebnisse seiner Arbeit reden kann.«
    Cyriel lächelte mich amüsiert an. »Ach? Und bisher dachte ich, Sie sehen in mir weniger einen Berater als einen Aufseher.«
    »Nur weil wir manchmal anderer Meinung sind?« Ich bemühte mich um ein unschuldiges Gesicht. Nein,eigentlich bemühte ich mich um ein geheimnisvolles Anna-Lächeln. Gleichzeitig fragte ich mich, was ich hier gerade tat. Ich flirtete doch nicht etwa mit dem Mann, den ich heute Nachmittag noch für einen arroganten Fatzke gehalten hatte?
    »Das freut mich«, erwiderte Cyriel mit einem Nicken. »Verraten Sie es mir doch bitte, wenn Sie etwas über diese Details im Fresko herausgefunden haben.«
    Sein Blick hielt meinen etwas länger fest als nötig. Annas Abwesenheit bekam unserem … Arbeitsverhältnis auf jeden Fall gut.
    Ein Geräusch ließ mich hochfahren. Es klang wie ein paar kleine Steine, die auf Steinboden fielen, und das Klackern wurde von oben heruntergetragen, viel lauter als sein Ursprung, wie es schien – vermutlich durch das Echo der Wände verstärkt.
    Cyriel war ebenfalls zusammengezuckt und wir beide sahen nach oben. Aber es war nichts zu sehen. Und es war still.
    »Haben wir Ihre Gespenster wieder aufgestört?«, fragte ich mit einem unsicheren Lachen. »Vielleicht den Geist des Malers?«
    Cyriels Gesichtszüge waren plötzlich wie in Stein gemeißelt und er war wieder unnahbar und düster. »Es wird Zeit, schlafen zu gehen, wenn wir morgen arbeiten wollen«, sagte er und ging ohne ein weiteres Wort zur Tür.
    »Ebenfalls gute Nacht!«, murmelte ich irritiert.
    Aber er hörte mich schon nicht mehr.

Kira
    Man sollte meinen, dass für zwei Personen ein Badezimmer ausreichend wäre, aber bei uns wurde es knapp. Anna hatte an diesem Morgen über eine Stunde gebraucht, und als ich endlich hineindurfte, empfing mich eine Wolke aus Deo und Parfum, sodass ich erst einmal das Fenster aufreißen musste.
    Viel zu spät saß ich allein beim Frühstück, wo ich mir nur schnell eine trockene Scheibe Toast und zwei Schlucke zu heißen Kaffee gönnte. Und viel zu spät kam ich unten in unseren Katakomben an. Als ich die Tür zum Verlies öffnete, sah ich Cyriels und Annas Rücken. Beide saßen auf einem Hocker vor dem Materialtisch und betrachteten seine Farben.
    »Alle Farben, die man beim Fresko benutzen kann, kann man auch beim Malen ›a secco‹, also auf trockener Wand, benutzen«, erklärte er gerade. »Umgekehrt gilt das allerdings nicht. Zum Beispiel Grünspan, Bleiweiß, Zinnober oder Auripigment. Aber Sie muss das nicht interessieren, Sie werden ›a secco‹ malen, also auf trockenem Untergrund.«
    »Guten Morgen!«, sagte ich mit übertriebener Freundlichkeit.
    Beide drehten sich halb zu mir um, grüßten kurz und wandten sich wieder einander zu. Anna nahm ein Glas mit Pigment in die Hand.
    »Cinabrese«, las sie etwas mühsam ab. »Ist das richtig, dass man das für die Farbe der Haut benutzt hat?«
    Er nickte sichtlich beeindruckt und dieser Anblick machte mich wütend. Anna hatte keine Ahnung von Fresken! Die Nuss musste über Nacht in ihrem Laptop recherchiert haben!
    »Hergestellt aus hellem Sinopia«, warf ich ein, obwohl ich wusste, dass ich mich kindisch benahm. »Normalerweise gemischt mit Bianco-Santogiovanni, einem Weiß, das aus gereinigtem Kalk hergestellt wurde.«
    Cyriel nickte – allerdings in Annas Richtung. »Stimmt, aber bei Ihrer Hautfarbe würde man vermutlich recht wenig Weiß benutzen.«
    Anna kicherte, als wäre es ihr peinlich.
    »Ein Freskomaler arbeitete gegen die Zeit«, fuhr Cyriel fort, »deshalb musste er seine Farbschattierungen gut vorbereiten. Er bearbeitete nur einen Teil des Bildes an einem Tag, die sogenannte ›giornata‹. Giorno bedeutet auf Italienisch Tag.«
    »Sie sprechen Italienisch?«, fragte Anna, die ihm ergeben an den Lippen hing. »Apropos, warum haben Sie als Holländer eigentlich fast keinen Akzent?«
    »Ich lebe schon sehr lange hier«, gab Cyriel knapp zurück.
    »Wobei ich den holländischen Akzent unheimlich süß finde«, fügte Anna hinzu.
    Ich verdrehte die Augen und setzte

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