Schattierungen von Weiß
Kessler?“, kam es kalt zurück.
Mia strich sich mit zitternden Händen eine blonde Locke hinters Ohr zurück. „Möchten… möchten Sie sich setzen?“
„Hierher? Nein, danke. Ich möchte nicht!“, Sonja Webber lachte, aber es klang sehr höhnisch. „Hören Sie, Frau Kessler: Sie wissen ja bestimmt, dass Levin am Samstag nicht zu unserer Feier gekommen ist. Ihretwegen nicht gekommen ist…“, begann Sonja Webber dann schneidend.
„Ja, und das tut mir sehr leid“, antwortete Mia bedauernd.
„Ach? Tut es das? Er hat uns mit seinem Verhalten vor unserer Verwandtschaft und unseren Gästen brüskiert. Er hätte da sein müssen!“, die Stimme von Levins Mutter wurde immer lauter. „Das ist alles Ihr Einfluss, nicht wahr? Levin hätte – bevor er Sie kennengelernt hat – niemals so gehandelt. Er hätte uns nie so einer Situation ausgesetzt, er weiß eigentlich zu gut, wie wichtig diese Feier war. Es waren schließlich auch gute Klienten und einflussreiche Bürger der Stadt anwesend. Aber nein, er kam nicht, und das alles nur, weil er mit Ihnen zusammen ist“, sie musterte Mia von oben bis unten.
Mia hätte sich am liebsten unter einem Stein verkrochen, was sollte sie denn jetzt bloß tun? Levins Mutter hatte ja Recht und Mia tat das alles so schrecklich leid, vielleicht sollte sie ihr das einfach noch mal sagen?
„ Frau Webber, ich… ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich das alles sehr bedauere, also… also die Situation und… und wie das gekommen ist und…“
„Hören Sie doch das Gestotter auf“, zischte Levins Mutter ihr zu. „Es tut Ihnen also leid, ja? Wissen Sie, was Ihnen leid tun sollte? Dass Sie Levin überhaupt erst in so eine Situation gebracht haben. Sie haben ihm mit Ihren Reizen offenbar so den Sinn vernebelt, dass er komplett den Verstand verloren hat. Sie haben einen schlechten Einfluss auf ihn und Sie ruinieren mit dieser… dieser lächerlichen Beziehung seine Zukunftsaussichten und seinen Ruf, ist Ihnen das eigentlich klar? DAS sollte Ihnen leid tun, Frau Kessler. Ihnen ist es vielleicht egal, was die Leute über Sie sagen, Sie sind es bestimmt gewöhnt, dass man Sie schief ansieht. Aber bei meinem Sohn ist das etwas ganz anderes, er hat – im Gegensatz zu Ihnen – tatsächlich etwas zu verlieren. Können Sie das begreifen?“
Die Stimme von Sonja Webber klang immer schriller, Mia war unwillkürlich vor ihr zurückgewichen, sie schien so unglaublich wütend auf sie zu sein.
Jedes Wort traf Mia genau ins Herz, sie wusste natürlich, dass Sonja Webber Recht hatte und diese Frau hatte allen Grund dazu, ihr ihre Wut ins Gesicht zu schleudern. „Das… das ist mir klar, aber Levin und ich… also… also wir lieben uns doch“, flüsterte Mia heiser, sie hatte einen dicken Kloß im Hals.
„Liebe?“, Sonja Webber lachte auf. „Das glauben Sie vielleicht – oder besser gesagt: Das wollen Sie Levin glauben machen. Für Sie ist Levin doch die ganz große Chance , gesellschaftlich aufzusteigen. Von einer Psychopathin zu einer Anwaltsgattin, das kann man wahrlich einen steilen Aufstieg nennen. Aber für Levin bedeutet dies den Absturz. Bevor Sie in sein Leben getreten sind, hat er sich mit jungen hübschen Frauen getroffen, sehr GEBILDETEN jungen Frauen, die einen tadellosen Ruf haben. Sie blockieren ihn, Frau Kessler, in jeglicher Hinsicht. In gesellschaftlicher, beruflicher und privater Hinsicht. Wenn Sie nicht wären, hätte Levin mit Sicherheit schon wieder eine andere Beziehung, aber mein Sohn ist viel zu anständig, um Sie fallen zu lassen. Verstehen Sie nicht? Er würde auch aus Mitleid bei Ihnen bleiben, auch wenn er sich anders orientieren würde. Und das wird er über kurz oder lang, denken Sie denn, Sie könnten ihm auf Dauer genügen? Sie sind sehr hübsch und Ihre Geschichte ist interessant, aber das ist für eine Beziehung auch nicht ausfüllend…“, Frau Webber kam einen Schritt auf Mia zu.
„Sie sagen, Sie lieben ihn… Wenn das wirklich stimmt, dann sollten Sie den Anstand haben und ihn freigeben. Damit Levin wieder sein unbekümmertes und sorgenfreies Leben weiterführen kann. Damit er sich wieder verlieben und eine standesgemäße Beziehung führen kann“, die Stimme von Levins Mutter klang jetzt nicht mehr so hart, sie lächelte Mia sogar etwas an. „Beweisen Sie, dass Sie wirklich eine reife junge Frau sind. Benutzen Sie Ihren Verstand und geben Sie sich einen Ruck. Wenn man liebt, dann möchte man doch nur das Beste für seinen Partner – oder etwa
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