Schattierungen von Weiß
berichtete von dem Desaster mit seinen Eltern, dann erzählte er von Mias zweitem Job und von dem, was die Chefin ihm eben erzählt hatte.
„Wenn… wenn ihr das alles über den Kopf gewachsen ist, dann… dann hätte sie mir das doch sagen können“, flüsterte er heiser.
„Ich bin mir sicher, dass alles, was in dem Brief steht, stimmt. Mia liebt Sie, Levin, daran habe ich keinen Zweifel. Aber sie glaubt auch, dass sie nicht gut für Sie ist, und auch wenn es nicht hier drin steht, dann denke ich, dass es mit Ihren Eltern und Ihrem gesellschaftlichen Standing zu tun hat. Mia ist ein Mensch mit sehr geringem Selbstwertgefühl, ich dachte eigentlich, durch den Job wäre das etwas besser geworden, aber gerade Sie, also die Person, die Sie liebt, möchte Mia um alles in der Welt beschützen. Und ich denke, dass sie Angst hat, dass sie das nicht kann - oder nicht mehr kann… Deswegen ist sie gegangen.“
„Glauben Sie, dass sie wirklich zu Ihrer Oma ist?“, Levin runzelte die Stirn, an die Version, die Mia ihrer Chefin erzählt hatte, konnte er zwar selbst nicht glauben, aber er musste alles in Betracht ziehen.
„Nein, das glaube ich nicht. Ich habe die Akten studiert, die Oma hasst sie, was sollte Mia also bei ihr. Und selbst wenn sie krank wäre, dann hätte Mia Ihnen das doch mitgeteilt.“
„Soll ich sie trotzdem anrufen und nach Mia fragen?“
„Die Großmutter hat versucht, Mia unter Betreuung stellen zu lassen. Wenn sie jetzt erfährt, dass sie weg ist, könnte sie vielleicht wieder einen Anlauf starten. Nein, ich denke, das können wir ausschließen, aber warten Sie…“
Silke Meier griff nach den Akten und suchte dann die Nummer von Mias Großmutter heraus. „Versuchen wir einfach mal was…“, zwinkerte die Therapeutin Levin zu.
„Hallo Frau Kessler, schön, Ihre Stimme zu hören. Hier ist Sabine Winter von der Arbeiterwohlfahrt. Ihre Nachbarin hat uns gebeten, eine Pflegekraft zu Ihnen zu schicken, jetzt wollte ich nachhören, wann es Ihnen denn Recht ist“, säuselte Silke Meier ins Telefon, es entstand eine kurze Pause, Levin konnte die Stimme von Mias Großmutter deutlich hören.
„Na, Ihre Nachbarin hat uns verständigt, dass Sie Hilfe benötigen. Haben Sie denn jemand anderen beauftragt?“, fragte die Therapeutin weiter, Levin musste ihr gute schauspielerische Fähigkeiten bescheinigen.
„Oh, das tut mir leid, dann war das vielleicht eine Verwechslung. Aber schön zu hören, dass es Ihnen so gut geht. Auf Wiederhören“, beendete Silke Meier das Gespräch.
„Die alte Dame ist rüstig und klingt auch nicht so, als sei sie schwer erkrankt. Und sie sagt, dass sie keine Betreuung braucht und noch sehr gut alleine klar kommt. Ich glaube ihr“, wandte sie sich dann wieder an Levin. „Aber da ist noch etwas: Wie kommt Mia an soviel Geld? Sie sagten, sie hätte sich noch einen zweiten Job gesucht, damit sie über die Runden kommen. Mit dieser Summe in der Hinterhand wäre das doch gar nicht nötig gewesen.“
„Ich weiß es auch nicht“, seufzte Levin auf. „Ich kann mir nicht vorstellen, woher sie das Geld hat. Sie hatte mal ein Konto, das ihre Großmutter für sie eingerichtet hatte, vielleicht stammt es daher…“, Levin fuhr sich mit den Händen durch die Haare. „Ich glaube auch nicht, da ss sie es sich geliehen hat, Mia ist nicht der Typ, der jemandem etwas schuldig bleibt…“
„Bleibt also nur eine Rücklage?“, Silke Meier zog die Augenbrauen hoch und sah Levin durchdringend an. „Kann das die einzige Erklärung sein?“
Levin lachte bitter auf. „Ich weiß, was Sie jetzt denken, mir kam der Gedanke auch schon… Aber nein, meine Eltern würden niemals so weit gehen und ihr Geld bieten. Sie sind gegen unsere Verbindung, aber das… nein… ausgeschlossen“, Levin schüttelte energisch den Kopf.
„Na ja, wie dem auch sei: Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.“
„Und wenn Sie nach Mia suchen lassen?“, Levin sah Silke Meier bittend an.
„Suchen? Wie meinen Sie das? Per Fahndung oder was? Dafür gibt es keinerlei Grund… Und glauben Sie wirklich, Sie täten Mia einen Gefallen damit, sie wieder einfangen zu lassen? Levin, ich weiß, es ist hart für Sie, aber ich lege Ihnen nahe, Mias Entscheidung zu respektieren. Sie sollten auch in Erwägung ziehen, dass manche Beziehungen eben zerbrechen“, die Therapeutin schüttelte den Kopf. „Mir kommt das alles auch etwas seltsam vor, aber ich sehe keinen Handlungsbedarf, tut mir leid.“
„Na klasse“,
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