Schattierungen von Weiß
kocht er eigentlich alle weich“, lachte der Detektiv, offenbar hatte er nicht vor, sich von seinen Lobhudeleien auf seinen Kollegen abhalten zu lassen.
„Ihre Freundin ist definitiv nach Casablanca geflogen, wie Sie es vermutet haben. Vor zwei Tagen also. Die Frage ist jetzt nur, wir gehen wir weiter vor? Ihre Freundin hat einen Vorsprung und wer weiß, ob sie noch in dieser Stadt ist.“
Levin schloss entsetzt die Augen. Es war also tatsächlich wahr, Mia war in Marokko. Er wollte sich gar nicht ausmalen – und tat es dann aber sofort doch – was ihr da alles für Gefahren drohen könnten.
„Herr Webber? Sollen wir dranbleiben? Nur von hier aus können wir nicht viel machen…“, kam es ungeduldig aus der Leitung.
„Ich melde mich. Danke erst mal“, stammelte Levin nur, dann rief er direkt seine Tante an.
„Also wie befürchtet…“, stellte sie sachlich fest. „Das ist ja alles sehr hoffnungslos…“
„Ich muss dahin“, sagte Levin sofort.
„Und dann? Willst du mit einem Bild in der Hand durch Casablanca rennen? Die Stadt hat über drei Millionen Einwohner! Levin, jetzt sei vernünftig!“
„Warum nicht?“, antwortete er trotzig. „Vielleicht… vielleicht habe ich ja Glück und es kann sich jemand an sie erinnern? Eine hübsche blonde Frau fällt doch auf!“
„Sie ist vor zwei Tage n gelandet, sie kann genauso gut schon woanders sein“, beharrte seine Tante. „Denke dran, was Mia in ihrem Brief geschrieben hat. Du sollst sie nicht suchen. Vielleicht solltest du das respektieren.“
„ Das kann ich nicht. Sie hat doch aus Verzweiflung so gehandelt. Ich fahre“, Levin blieb bei seiner Entscheidung, fieberhaft rechnete er schon durch, wie viel Geld er noch zur Verfügung hatte, jetzt fand er es dämlich, das Geld aus dem Umschlag nicht genommen zu haben. Sollten seine Eltern ihm doch den Trip bezahlen, das wäre doch das Mindeste gewesen.
„Ich sehe schon, es ist zwecklos, dir das ausreden zu wollen“, seufzte sie. „Ich kann dir noch zweitausend Euro geben, aber dann muss ich passen.“
„Danke Irmi“, Levin atmete auf. „Ich buche gleich einen Flug.“
35
Mia atmete erleichtert auf, als sie Philippe und Juliette vor ihrem Hotel stehen sah, wie sie es verabredet hatten.
„Nun Mia, bist du bereit, Marrakesch zu erkunden?“, erkundigte sich der nette ältere Herr. Gestern Abend, bei einem Tee, waren sie zum ‚Du’ gewechselt und Mia hatte sich wahnsinnig darüber gefreut , so freundliche Leute kennen gelernt zu haben.
„Ja“, nickte sie und schenkte ihm ein scheues Lächeln.
„Du siehst müde aus“, stellte Juliette fest. „Hast du nicht gut geschlafen?“
„Äh… ich… ich schlafe nie besonders gut“, antwortete Mia ausweichend.
Sie hatte wieder die halbe Nacht wach gelegen, war schließlich nur aus Erschöpfung eingeschlafen. Insgeheim fragte sie sich, ob dies sich jemals ändern würde. Würde sie jemals einschlafen können, ohne um Levin zu weinen?
Doch Philippe brachte sie dann auf andere Gedanken. Sie gingen los und steuerten zuerst einen Markt an. Mia blieb sprachlos vor den Ständen stehen, alles war bunt und laut, die verschiedensten Düfte hingen in der Luft, es wurden Gewürze in bunten Behältern verkauft, sie konnte sich kaum satt sehen und war wie gebannt von den Eindrücken.
Irgendwann berührte Juliette sie ganz sachte am Arm. „Mia? Können wir weitergehen? Es gibt noch soviel zu entdecken, dies ist erst der Anfang.“
Mia fühlte sich ertappt, sie hatte bestimmt die Zeit vergessen, das passierte ihr schon mal, wenn sie etwas Neues sah und in sich aufnehmen wollte. „Natürlich, tut mir leid, ich war… ich war abgelenkt.“
„Das muss dir nicht leid tun, ich finde Menschen, die so mit offenen Augen durchs Leben gehen, sehr angenehm“, zwinkerte Philippe ihr zu.
„Ja?“
„Ja“, lachten die beiden ihr zu.
Levin ließ sich frustriert auf eine Parkbank fallen. Seine Füße taten ihm weh und er resignierte langsam so immer mehr.
Seit drei Tagen war er jetzt in Casablanca, den Flughafen, den Bahnhof, die Taxistände und alle Busfahrer, die er erwischen konnte, hatte er jetzt nach Mia befragt. Eine Angestellte auf dem Flughafen meint e sich an sie erinnern zu können, aber natürlich hatte sie nicht mit Mia gesprochen und wusste nicht, wohin sie gegangen sein könnte.
Jetzt hatte er sich die Pensionen vorgeknöpft, alle teureren Hotels hatte er erst einmal außen vor gelassen, doch auch hier konnte man ihm
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