Schattierungen von Weiß
rieb sie sich über die Hände.
„Was ist los? I st dir kalt?“, fragte Levin und musterte sie besorgt. Er kam zu ihr, Juliette und Philippe bestaunten gerade die Architektur eines Bauwerks, auf die Levin sie aufmerksam gemacht hatte.
„Oh, ähm ja, ich habe… also… ich hätte wohl lieber Handschuhe mitnehmen sollen“, antwortete sie verlegen.
„Warum sagst du denn nichts? Wir hätten eben ein paar Geschäfte ansteuern können“, schimpfte er mit ihr, dann sah er sich suchend um.
„Das geht schon“, Mia lächelte ihm lieb zu, Levin schüttelte den Kopf.
„Du bist unvernünftig, Mia“, sagte er und schaute sie betont streng an.
„Kann sein“, gluckste sie. „Aber ich werde es schon überleben…“
„Nicht, dass du krank wirst“, rügte er sie weiter, dann nahm er ihre Hände und steckte sie bei sich in die Jackentaschen. So hatten sie es früher auch schon einmal gemacht, er konnte sich noch sehr gut daran erinnern und fragte sich, ob Mia es auch noch wusste.
Gott sei Dank hatte auch diese Jacke so große Taschen, dass seine Hände mit hineinpassten, sanft umschlang er ihre Finger mit seinen.
„Deine Finger sind Eiszapfen“, er sah ihr tief in die Augen, sie war ihm jetzt sehr nahe, doch um keinen Preis der Welt wollte er sie loslassen.
„Na ja, ich bin die Temperaturen halt nicht mehr gewohnt“, sie konnte den Blick nicht von ihm lösen, spürte die Wärme, die von seinen Händen ausging und die sich jetzt auf ihren gesamten Körper zu übertragen schien.
„Denkst du… denkst du noch ab und zu an damals ?“, fragte Levin sie mit heiserer Stimme.
„Jeden Tag“, antwortete Mia ehrlich.
„Als ich den Brief gefunden habe, bin ich fast durchgedreht. Das war der schrecklichste Tag in meinem Leben“, Levin schluckte heftig, alles war wieder präsent, dabei dachte er doch, dass er das weit hinter sich gelassen hätte.
„Es… es hat mir so wehgetan zu gehen , bitte glaub mir das, aber ich war mir sicher, dass ich das Richtige tue“, flüsterte sie leise, der Schmerz saß immer noch sehr tief.
Levin nahm seine Hände aus den Jackentaschen und umfasste zärtlich ihr Gesicht. „Nein, das war es nicht. Ich hätte doch zu dir gestanden, ich habe dich so sehr geliebt, ich wäre überall mit dir hingegangen, wir hätten ja nicht in Berlin bleiben müssen. Noch nie war ein Mensch für mich so wichtig wie du“, seine Stimme brach jetzt selber weg.
„Es tut mir so leid“, weinte Mia leise.
Levin schlang die Arme um sie herum, auch Mia tat das Gleiche, sie hielten sich einfach nur ganz fest, gaben sich Halt – und weinten.
Mia schloss die Augen und ließ sich von ihm halten, es war so schön und traurig zugleich, sie weinten beide um ihre Liebe und gaben sich Trost. Sie fühlte sich schuldig, alles hätte anders laufen können, vielleicht wären sie noch ein Paar, wäre sie damals nicht gegangen. Aber es war müßig , darüber nachzudenken, Levin hatte eine neue Freundin und sie durfte sich nicht dazwischendrängen.
Vorsichtig löste sich Mia von ihm, sie sah in sein Gesicht, das genauso tränennass war wie ihres. „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun.“
„Ja, ich auch“, Levin rang sich ein Lächeln ab, dann zog er ein Taschentuch aus seiner Hose und wischte behutsam ihre Tränen fort.
Er sah sie traurig an, er hatte so viel verloren, das wurde ihm wieder einmal schmerzlich bewusst. Warum hatte das geschehen müssen?
Aber was brachte es , mit dem Schicksal zu hadern? Es war passiert und sie führten ganz unterschiedliche Leben.
„Wir sollten zu Juliette und Philippe gehen“, Mia räusperte sich und versuchte , ihre Fassung wieder zu erlangen.
„Ja… natürlich“, Levin nickte ihr zu und folgte ihr zu dem netten französischen Ehepaar.
Sie bummelten noch eine Weile weiter, Levin bedauerte es, dass Mia jetzt wieder so viel Abstand zu ihm hielt. Natürlich wusste er, dass es besser so war, aber er vermisste den Körperkontakt zu ihr.
‚Levin – pass auf’ , ermahnte er sich selbst, er zwang sich, an Sarah zu denken und auf keine blöden Gedanken zu kommen, doch die Worte seiner Tante schwirrten auch in seinem Kopf herum. Er sollte auf seinen Bauch hören – und der zog ihn wie magisch zu Mia.
„Puh, Levin, wir möchten uns ganz herzlich bei Ihnen bedanken, aber ich bin erschöpft, ich kann keinen Schritt mehr laufen“, erklärte Juliette ihm schließlich. „Wir haben heute schon soviel gesehen, morgen ist auch noch ein
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