Schatz, schmeckts dir nicht
im Grunde eine Lappalie. Am Ende würden ihre Mühe und Arbeit von Erfolg gekrönt sein.
Mit gutem Beispiel vorangehend, schnitt sich Helene von allen fünf Käsesorten ein Häppchen ab und butterte eine Scheibe französisches Baguette. Susanne folgte, und schließlich waren alle am Verkosten und man tauschte sich über die Qualität des jeweils Genossenen aus. Die Käseplatte wurde abgerundet durch einige Informationen und Geschichtchen, die Elfriede zu erzählen wusste, da sie manche der Bauernhöfe und Käsereien, von denen sie die Produkte bezog, schon selbst besucht hatte. Auf diese Weise verband sie Urlaub und Beruf, wenn sie an den von ihren Großhändlern organisierten Informationsreisen teilnahm.
»Also ich kann ja immer nicht glauben, dass das wirklich alles Bio ist, was als Bio verkauft wird. Teurer als anderes verkauft wird!«
Ulli musste sich ihre Skepsis von der Seele reden. Elfriede verzog in gespielter Qual das Gesicht.
»Wie oft ich mir das schon anhören musste! Und immer von Leuten, die nicht Kunde bei uns im Naturkostgeschäft sind! Ich kann dir versichern, dass wir als Ladner mit unseren Großhändlern und Produzenten in ständigem Kontakt sind und wir so eine Art freiwillige Selbstkontrolle haben. Ich rede jetzt nicht von Discountern und Ähnlichem, nur von reinen Naturkostgeschäften. Schließlich lebt unsere Branche nicht zuletzt von ihrer Glaubwürdigkeit! Natürlich gibt es überall schwarze Schafe, und wenn dann wieder ein so genannter Bioskandal ruchbar wird, stürzt sich die gesamte Journaille auf das gefundene Fressen. Solange es gut läuft, interessiert es sie alle nicht. Wahrscheinlich ernähren die sich immer von Junkfood und können dann endlich ihr schlechtes Gewissen beruhigen, indem sie sich sagen, wusste ich doch schon immer, dass das mit Bio sowieso nur Etikettenschwindel ist!«
Elfriede trank einen großen Schluck Wein und meinte dann fröhlich:
»So, hiermit ist meine PR-Kampagne in Sachen Naturkost beendet. Und denkt nicht, dass ich jetzt kontrolliere, ob ihr Vollkornbrot oder Weißmehlbaguette zum Käse esst. Im Vertrauen gesagt: Ich ziehe auch Letzteres dazu vor.«
Und sie nahm sich eine weitere Scheibe.
»Wir müssen unbedingt mal bei dir einkaufen kommen, nicht Dorothea? Ich habe da neulich was über so eine Körnerkur zum Abnehmen gelesen.«
Ulli fasste schon wieder neue gute Vorsätze. Doch erst einmal folgte sie der irreführenden Stimme ihres Körpers und hielt sich an den köstlichen Käsespezialitäten schadlos.
Seit der Diskussion über die verschütteten Instinkte sagte Diane nicht mehr viel. Helene hatte das Gefühl, dass sie sich langweilte. Diese Runde war nicht das Publikum für ihre Selbstdarstellungen. Hier lauschte niemand andächtig. Diane ihrerseits aber folgte aufmerksam dem Kommunikationschaos und beobachtete, ja fixierte die jeweils Redenden, als wolle sie deren Gedanken lesen.
Befriedigt lehnte sich Helene zurück. Sie begann diesem Zirkel jetzt sogar etwas wie Gemütlichkeit abzugewinnen. Es war ganz windstill und immer noch richtig mild. Eine angenehme Duftwolke hielt sich über dem Tisch, die Gerüche der Speisen, gemischt mit dem Aroma, das den Weingläsern entströmte, und über diesem wiederum die Mischung aus den Parfums der Anwesenden mit dem intensiven Duft, der von dem Fliederbusch neben der Terrassentür ausging. Im rötlichen Schein der Windlichter sah man nur jugendlich frische Gesichter unter frisch gewaschenem Haar, hier und da funkelte ein Schmuckstück auf einem glatten Dekolleté, und natürlich hatten alle ihre Garderobe für den Abend mit Bedacht gewählt. Niemand wollte durch die Prüfung der strengen Blicke fallen, der in einer solchen Runde jede unterzogen wurde. Und niemand wollte Opfer von Kommentaren werden, wie: »Ach, das ist Bouretteseide? Hat ja immer ein bisschen was von einem alten Scheuertuch …« oder: »Hast du eigentlich viel für diese Schuhe bezahlt?« und: »Tja, manche Farben machen einfach alt, da kannst du machen, was du willst.« – Davor war man natürlich nie gefeit, mochte man sich auch noch so viel Mühe gegeben haben.
Jedenfalls befand Helene für sich, dass ihre Gästedamen in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit ein wirklich schönes Bild boten. Auch Diane, natürlich. Bei diesem Zugeständnis an Dianes optische Vorzüge fiel ihr der eigentliche Zweck dieses Abends ein, und sie spürte ihre Anspannung. Hatte sie sich vielleicht doch zu viel vorgenommen und ging sie wieder leichtfertig
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