Schatz, schmeckts dir nicht
dass er doch so lange gar nicht weg gewesen sei, schien aber trotzdem geschmeichelt. Für Helene war seit Freitagnachmittag eine halbe Ewigkeit vergangen. Die Welt hatte sich für sie grundlegend verändert.
Als sie durch die sonntäglich ruhigen Straßen nach Hause fuhren, hatte Helene große Mühe, sich auf Jans begeisterte Erzählungen über seine Freunde und Kollegen zu konzentrieren. Zu sehr war sie noch durchdrungen von dem Triumphgefühl, die alten, sicheren Verhältnisse wieder hergestellt zu haben. Die eisernen Bänder, die sich um ihr Herz gelegt hatten, waren endlich abgesprungen.
»Heinz und die anderen waren sehr interessiert an unserem Projekt. Es könnte sogar sein, dass sie, wenn wir erst in der Konstruktionsphase sind, mal zu einem Informationsbesuch zu uns kommen. Schade, dass Diane nicht dabei war. Schließlich trägt sie ungeheuer viel zum Gelingen von Öko-City bei. Ich muss ihr alles ausführlich erzählen.«
»Ja, mein Schatz!« Helene genoss die Leichtigkeit, mit der sie Jan zustimmen konnte. Das Leben war einfach köstlich und plötzlich so unkompliziert!
»Heute Abend bist du aber zuhause, ja? Ich habe etwas zum Essen vorbereitet, die Kinder werden auch da sein – mal wieder ganz gemütlich en famille.«
»Natürlich Lenchen! Ich hab auch schon richtig Hunger. Werde nur noch kurz bei Diane anrufen.«
Janina und Peer saßen erwartungsvoll am Tisch, den sie gemeinsam auf der Terrasse gedeckt hatten. Hungrig, aber guter Dinge, waren sie von ihren Wochenendausflügen zurückgekehrt. Janina war mächtig stolz über den zweiten Platz, den sie mit ihrem Pferd im Turnier errungen hatte, und ihr Mund stand nicht still. Peer verteilte den Tomatensalat mit Zwiebeln, Basilikum und Pinienkernen auf die Salatschälchen.
Während Helene den heißen, noch leise vor sich hinbrutzelnden Auflauf aus Auberginen, Mozzarella, Nudeln und weißer Soße zum Tisch trug, kam Jan mit nachdenklichem Gesicht aus seinem Zimmer und legte das Telefon zurück in die Ladeschale.
»Ist irgendwas? Schlechte Nachrichten?«, fragte Helene besorgt ihren Mann.
»Nein, nein. Es ist nur so merkwürdig, dass ich Diane nicht erreiche.«
»Na, vielleicht ist sie essen gegangen oder sonst wie aus.«
»Mmh. Ja, vielleicht.«
»Morgen siehst du sie ja und dann kannst du alles mit ihr besprechen.«
»Stimmt. Du hast recht. Na, dann lasst uns mal essen, Kinder. Ich hab vielleicht einen Mordshunger!«
Es herrschte eine irgendwie aufgekratzte Stimmung. Sie erzählten sich Witze und lachten bis zur Erschöpfung. Der Abend war mal wieder richtig nett. Zum Nachtisch vertilgten sie eine Riesenschüssel Erdbeeren mit Schlagsahne, und nachdem die Kinder sich in ihre Zimmer zurückgezogen hatten, blieb Helene mit Jan noch allein bei einem Rotwein sitzen. Sogar ein paar Sterne waren am Großstadthimmel auszumachen. Sie legte ihren Kopf auf Jans Schulter. Dem romantischen Zauber konnte man sich nicht entziehen.
In dieser Nacht hatte Helene das erste Mal seit Monaten das Gefühl, mit ihrem Mann allein im Bett zu sein, und genoss es ausgiebig. Mit einem zufriedenen Seufzen rollte sie sich dann in ihre Decke und fiel sofort in tiefen Schlaf.
Als am nächsten Morgen die Familie aus dem Haus war, fand sie endlich Muße, sich in die Vorarbeiten für das in zwei Wochen anstehende Theaterbüffet zu stürzen. Sie hatte jetzt den Kopf frei und richtig Lust, wieder einmal einen kulinarisch-ästhetischen Glanzpunkt zu setzen vor einem großen, anspruchsvollen Publikum. Mit einer Schale Milchkaffee und einem Stapel Bücher, teils aus ihrer eigenen Kochbibliothek, teils aus Bibliotheken geliehenen, traumhaften Fotobänden über Inneneinrichtungen und Dekors in Ländern des Orient, machte sie es sich unter dem großen Sonnenschirm auf der Terrasse bequem. Am Anfang eines Kunstwerks stand erst einmal die Inspiration, das sich Treibenlassen durch Rezepte und Dekorationen, Berichte über fremdländische Märkte und Einladungen bei Familien von Marrakesch bis Teheran. Und natürlich hatte Helene den Text von ›Salomé tanzt nicht mehr‹ und eine prachtvoll bebilderte Ausgabe der ›Märchen aus 1001 Nacht‹ vor sich liegen.
Sie hatte sich gerade in das erste Buch vertieft, da klingelte das Telefon. Wie sie schon vermutet hatte, war es Jan.
»Was gibt’s? Wolltest du nur mal wieder meine Stimme hören, mein Schatz?«
Das schien nicht der richtige Moment für derart neckische Plaudereien.
»Helene, tut mir leid, für diese Art
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