Schatzfinder
als wüssten wir, wovon die Rede ist, 70 Tage Sehnsucht, sechs Monate Fernsehwerbung, vier Wochen lang nachdenken, ob wir unsere Zeit nicht besser nutzen könnten, drei Jahre lang Essen kauen, vier Minuten lang überlegen, wie unser Leben wohl aussehen würde, wenn wir die Reihenfolge der Ereignisse ändern könnten.
Zeit ist sowieso relativ. Immer wieder hören wir, dass Menschen in Schrecksekunden, zum Beispiel kurz vor einem Autounfall oder bei einem Sturz von einem Dach oder hohen Gebäude, die Ereignisse und Geschehnisse um sich herum wie in Zeitlupe wahrnehmen. Diese Momente werden häufig als Moment der absoluten Ruhe und geradezu unheimlicher Geistesschärfe wahrgenommen. Obwohl es bei diesen Ereignissen nur Momente gibt, die in der Regel kürzer sind als eine Sekunde, erscheinen einem diese Zeiten extrem lang. Das lässt einen auf die Idee kommen, dass unser Gehirn die Zeit nicht einfach passiv registriert oder wahrnehmen lässt, sondern je nach Besonderheit der Umstände die Zeitwahrnehmung vielleicht aktiv konstruiert. Man könnte daraus schlussfolgern, dass die Gehirnzeit unabhängig von der wirklichen Zeit ist. Wobei wir letztlich noch nicht einmal ganz genau wissen, was wirkliche Zeit ist. Wir können zwar alles auf die Hundertstelsekunde genau messen, aber damit liefern wir nur eine brauchbare Konvention, denn die Zeit hat anders als sehen, hören, riechen, schmecken und tasten keinen identifizierbarenPunkt der Wahrnehmung. Sie sitzt gewissermaßen auf allen unseren Empfindungen wie etwas Angedocktes dran. Stellen wir uns einfach mal vor, die Zeit würde jetzt mitten in unserem Satz plötzlich stehen bleiben, ungefähr für 5 000 Jahre lang, und dann wieder zu ticken beginnen. Wir würden davon nichts merken. Die Unterbrechung kennen wir gar nicht, zumindest nicht in unserer Wahrnehmung. So ist unsere Zeit. Einfach weg.
Und was machen wir mit der restlichen, wenigen Zeit bis zu unserem Tode? Wenn er denn kommt, denn da gibt es ja folgende Geschichte:
Ein Pfarrer besuchte eine kleine Kirche auf dem Lande und begann seine Predigt dort mit den aufrüttelnden Worten:
»Jeder in dieser Gemeinde wird sterben.« Der Pfarrer blickte auf die Gläubigen und bemerkte einen Mann in der ersten Reihe, der zufrieden grinste.
»Was erfreut Sie so?«, fragte der Pfarrer den Mann »Ich gehöre nicht zu dieser Gemeinde«, antwortete der. »Ich bin nur übers Wochenende hier, um meine Schwester zu besuchen.«
»Der Tod geht mich eigentlich nichts an. Denn wenn er ist, bin ich nicht mehr, und solange ich bin, ist er nicht.«
Epikur meinte dazu: »Der Tod geht mich eigentlich nichts an. Denn wenn er ist, bin ich nicht mehr, und solange ich bin, ist er nicht.«
Das Leben duldet keinen Aufschub, unsere Uhr tickt unerbittlich. Unter meinen Newsletter-Lesern habe ich eine Umfrage durchgeführt: Knapp 73 Prozent derer, die mitgemacht haben, sind der Meinung, dass sie ihre Ziele nicht erreicht hätten, wenn sie jetzt sterben müssten. Von diesen wiederum sind knapp 70 Prozent der Meinung, dass sie ihre Ziele nicht erreichen werden, wenn sie ihr Leben nicht ändern.
Also will ich nun wissen: Was müssen wir ändern, damit wir das Leben nicht verleumden und unsere Träume finden?
EIN GUTER DEAL
Wir wollen doch alle nichts weiter als ein gutes Leben führen. Nur: Wie wollen Sie beurteilen, ob das, was Sie tun, gut oder schlecht, richtig oder falsch ist? Da braucht es schon einiges an Selbstvertrauen und Werten.
Vertrauen in uns selbst haben wir dann, wenn wir davon überzeugt sind, recht zu tun mit dem, was wir tun. Aber wie kommen wir zu unserem Urteil über uns und unser Leben? Im Wort Urteil steckt, dass wir, wenn wir zwischen richtig und falsch entscheiden, die ursprüngliche Teilung der Welt in recht, richtig, gut einerseits und unrecht, falsch, böse andererseits durchführen. Wenn wir Menschen es nicht wissen, ob eine Tat eine Untat ist oder ob eine bestimmte Art, sein Leben zu führen, richtig oder falsch ist, dann haben wir in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden immer unsere Götter befragt. Wir wollten von ihnen das Urteil, das wir selbst nicht fällen konnten, wir wollten die Ur-Teilung, das »or-deal«, das »Ordal« – ein Ordal ist ein Gottesurteil.
Vorzugsweise haben die Menschen dann eine Feuer- oder eine Wasserprobe durchgeführt. Schon vor 4 000 Jahren im alten Mesopotamien wurden Wasserproben dokumentiert. Ordale finden sich in der Bibel, es gab sie in Ägypten, im Alten China, in Indien, in
Weitere Kostenlose Bücher