Schatzfinder
gelernt oder erfahren haben, falsch ist, Einbildung war, zurechtgelogen und schöngedacht war? Was, wenn so ein schwerer Stahlvogel gar nicht abheben kann? – Mit anderen Worten: Siezweifeln plötzlich. Nun können Sie aber sehen, wie die Startbahn auf Sie zu- und unter Ihnen hindurchläuft, immer schneller. Sie sind sich nicht mehr sicher, ob das gut gehen kann. Schon sehen Sie das Ende der Startbahn auf sich zurasen. Sie haben die Verantwortung für gut 800 Passagiere und die Crew. Zu Hause warten Frau und Kinder auf Sie. Müssten Sie jetzt nicht eigentlich die Bremse ziehen, den Gegenschub reinhauen, um das Schlimmste zu verhindern? Möglicherweise sind es auch die Selbstzweifel, die dafür sorgen, dass am Freitag, den 13., die Unfallkliniken stärker besetzt sind und mehr passiert.
Mit jedem Ja, das ich zu etwas oder zu jemandem gesagt habe, habe ich Tausende Neins verteilt – nämlich an alle anderen Optionen, die ich ausgeschlagen habe.
Genau solche Zweifel habe ich ständig, und ich bin sicher, dass es zumindest einigen von Ihnen genauso geht. Mein Leben fühlt sich dann für mich an wie ein 550 Tonnen schwerer Stahlvogel, der mit über 300 Sachen auf das Ende der Rollbahn zurast, und ich weiß nicht, ob er abheben wird. Es ist doch so: Mit jeder Entscheidung, die ich in der Vergangenheit getroffen habe, mit jedem Ja, das ich zu etwas oder zu jemandem gesagt habe, habe ich Tausende Neins verteilt – nämlich an alle anderen Optionen, die ich ausgeschlagen habe. Was, wenn unter diesen Tausenden Optionen der richtige Weg war? Und wenn der Weg, zu dem ich ja gesagt habe, eine Sackgasse ist? Kann ich die Verantwortung dafür überhaupt übernehmen? Ich kann es doch gar nicht wissen!
Da macht ein Manager eines internationalen Konzerns alles richtig, was man nur richtig machen kann, und dann rollt ein Tsunami über Japans Küste hinweg, ein Atomkraftwerk fliegt in die Luft, und damit ist die komplette Lieferkette lahmgelegt. Das Unternehmen strauchelt, der Manager verliert seinen Job und mit ihm viele andere Mitarbeiter. Hat er also wirklich alles richtig gemacht? Einerseits ja, denn das hatte er nicht wissen können. Aus Sicht des Resultats nein, er hat alles falsch gemacht, denn hätte er sich nicht in Japan, sondern in Brasilien in die Logistikeingekauft, dann würde sein Unternehmen noch florieren und er hätte noch seinen Job.
Wir geben unsere Freiheit auf, um in einer unbegreiflich unsicheren Welt ein kleines bisschen mehr Sicherheit einzutauschen.
Demnach ist doch alles auf Sand gebaut! Alles, was Sie und ich mit bestem Wissen und Gewissen tun, kann uns ins Verderben führen. Wir schicken unsere Kinder in die Ferien und bekommen sie in Särgen zurück, wir gehen ins Kino und laufen dem Amokschützen vor den Lauf, wir kaufen Aktien, und die Börse bricht ein, wir zahlen Rente, Steuern und Versicherungen, und morgen ist alles weg. Wir leben prinzipiell in Unsicherheit. Kein Wunder, dass Sicherheit für die meisten Menschen das Wichtigste im Leben ist, kein Wunder, dass die Sorgen und Ängste der Menschen so groß sind. Das ist ja auch vollkommen berechtigt! Wir geben unsere Freiheit auf, um in einer unbegreiflich unsicheren Welt ein kleines bisschen mehr Sicherheit einzutauschen. Wir brauchen diese Sicherheit einfach zum Leben, ansonsten wäre das alles wohl einfach nicht auszuhalten.
Aber noch viel schlimmer als die Angst, dass wir unverschuldet eines Tages einfach vom Schicksal erwischt werden, ist die Angst, selbst dafür verantwortlich zu sein. An einem heißen Julitag im Jahr 1999 wollte der 31-jährige Siddiq Parekh im Yosemite-Nationalpark in den USA seine Füße im Merced River kühlen. Die Strömung riss ihm die Füße unterm Körper weg und trug ihn mit sich. Sein Leben endete am Fuß des 180 Meter hohen Nevada Fall, den er hinunterstürzte. Das ist tragisch. Vermutlich kann man mit Recht sagen, dass er unvorsichtig war, aber in dem entscheidenden Moment wusste er das nicht, sonst hätte er es nicht gemacht.
Wir sind aber nicht nur zu tragischen, selbst verschuldeten Unfällen fähig, sondern auch zu richtigen Dummheiten: Der 22-jährige David Hubal suchte im amerikanischen Skigebiet von Mammoth Lake einen Untersatz, mit dem er einen Hang hinunterrutschen konnte. Also band er ein mit Schaumstoff gefülltesPlastikkissen von einem der Skilifte los, die dort als Aufprallschutz installiert waren. Er kletterte den Hügel hoch, rutschte mit einem Riesenspaß den Hang hinunter und knallte genau
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