Schatzfinder
gegen den Masten, auf dessen Schutzkissen er saß. Er war auf der Stelle tot.
Nein, vielmehr habe ich immer wieder die Befürchtung, selbst gerade eine solche Dummheit zu begehen, die sich erst hinterher als eine solche herausstellt.
In dem Moment, in dem er diese Riesendummheit beging, war er sich der Konsequenzen seiner Tat natürlich nicht bewusst, sonst hätte er es ja nicht gemacht. Wir können ihn deswegen nicht verurteilen oder ihn mit einem Anflug von schwarzem Humor auslachen. Nein, vielmehr habe ich immer wieder die Befürchtung, selbst gerade eine solche Dummheit zu begehen, die sich erst hinterher als eine solche herausstellt.
Damit meine ich nicht nur das Risiko, ums Leben zu kommen oder mich in einen Unfall zu verwickeln, sondern vor allem die Angst, mich im entscheidenden Moment so dumm anzustellen, dass ich versage, dass ich es nicht schaffe, dass ich mein Vermögen verliere, meinen Ruf, mein Gesicht, dass alles umsonst war.
Ich weiß, dass es nicht nur mir so geht. Wenn ich Kleingruppenseminare gebe, habe ich es meistens mit ambitionierten, intelligenten, erfolgreichen Menschen zu tun. Darunter sind außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmer, reiche Menschen, großartige Persönlichkeiten. An so einem Tag intensiver gedanklicher und emotionaler Arbeit lernt man sich näher kennen. Es ist für mich anschließend manchmal unfassbar, wie sehr diese tollen Leute an sich selbst zweifeln. Ich stehe vor ihnen und denke: Wow, ihr seid zu beneiden. Ihr könnt stolz auf euch sein. Aber was sie denken ist: Ich weiß nicht, ob ich es schaffe!
Aber wenn selbst sie nicht an sich glauben, wer kann dann an sich glauben?
Sie glauben nicht an sich! Aber wenn selbst sie nicht an sich glauben, wer kann dann an sich glauben? Der Osterhase?
Wir scheinen nicht für die Freiheit gemacht zu sein. Aus Angst vor derFremdbestimmung durch andere oder durch »das System« streben wir nach Freiheit. Aber durch diese Flucht vor der Fremdbestimmung sind wir erst recht fremdbestimmt und unfrei, voller Zweifel und Sorgen. Wir können das Dilemma nicht auflösen. Oder doch?
Am Ende verlieren wir ja sowieso
Es gibt noch genügend andere Menschen, die fleißig und talentiert sind, aber es nicht schaffen.
Es ist sogar viel sicherer, dass wir es nicht schaffen werden.
Madonna Louise Ciccone aus Bay City in Michigan hat es geschafft. Sie wurde Madonna, und das heißt, sie wurde die erfolgreichste Popmusikerin aller Zeiten, einflussreiche Stilikone und Vorbild für Millionen von Menschen. Aber all die anderen attraktiven jungen Frauen, die mindestens ebenso gut singen können wie Madonna und ebenfalls willens sind, sich vor Kameras auszuziehen, sich in den Schritt zu fassen und Britney Spears zu küssen, sind nicht Madonna geworden. Es gibt noch genügend andere Menschen, die fleißig und talentiert sind, aber es nicht schaffen. Wir müssen dummerweise davon ausgehen, dass es selbst dann, wenn wir unser Tauschpotenzial voll ausnutzen, selbst dann, wenn wir alles in die Waagschale werfen, was unsere genetische Ausstattung hergibt, wir es nicht sicher schaffen werden. Es ist sogar viel sicherer, dass wir es nicht schaffen werden.
Alles, was Ihnen Redner oder Coachs nach dem gängigen Muster erzählen: »Wenn du es nur genug willst, wirst du es schaffen!« – oder noch schlimmer: Alles, was esoterische Rattenfänger Ihnen erzählen nach dem Muster »Wenn du nur genügend daran glaubst, wenn du es dir nur genügend stark wünschst, dann wird es in Erfüllung gehen!« – all dieser Quatsch, der nur dazu dient, Menschen abhängig zu machen, ist schlicht nicht wahr.
Leider. Wir wissen einfach nicht, ob es klappt, selbst wenn wir alles richtig machen. Du steckst nicht drin. Du weißt nicht, ob es in Japan eine Atomkraftwerkskatastrophe gibt. Die Welt ist zu komplex.
Wenn wir all das zusammennehmen, wird klar: Zu den sechs Dingen, die wir müssen, wenn wir leben wollen, nämlich essen, trinken, schlafen, ausscheiden und atmen, warm halten, und zu dem einen einzigen Ding, das wir müssen, ohne es zu wollen, nämlich sterben, kommt fast noch ein siebtes hinzu: Wir müssen zweifeln. Und zwar an uns selbst. Denn wir sind prinzipiell fehlerhaft und unvollkommen.
Also sind wir doch prinzipiell Opfer. Wir sind prinzipiell dazu gezwungen, eine limitierte Vorstellungskraft zu haben, mittelmäßig zu sein, die Umstände zu berücksichtigen, alles um uns herum zu bewerten und die Wirklichkeit mit der Wahrheit zu verwechseln. Was nützt da die
Weitere Kostenlose Bücher