Schatzfinder
entwickelten, andere aber nicht. Alle Nonnen hatten, als sie mit Anfang 20 dem Orden beitraten, einen persönlichen Essay schreiben müssen. Snowdon entdeckte nun, dass diejenigen Nonnen, die in ihrem Aufsatz vorrangig positive Gefühle (Glück, Liebe, Hoffnung, Dankbarkeit und Zufriedenheit) zum Ausdruck brachten, im Durchschnitt länger und produktiver lebten. Die Nonnen mit den meisten von positiven Emotionen geprägten Sätzen hatten in allen Altersklassen eine deutlich höhere Lebenserwartungals diejenigen mit der niedrigsten Anzahl solcher Sätze. Das deckt sich mit den Ergebnissen verschiedener anderer Studien, aus denen wir schließen können, dass eine Neigung zur Depression – der heimtückischsten aller Emotionen – die Wahrscheinlichkeit, irgendwann Alzheimer zu entwickeln, verdoppelt. Diese Resultate beeinflussten Snowdon nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. »Ich bemühe mich jetzt bewusst darum, nach einer Störung mein physiologisches Gleichgewicht möglichst rasch wiederherzustellen«, erklärt er. »Ich versuche, nicht in der Negativität zu verharren. Mein Ziel ist es, meinen Körper so schnell wie möglich in einen normalen, gesünderen Zustand zurückzuführen.«
Eine Banane vor 8 Uhr
Es geht also darum, sich selbst zu vertrauen, nicht, der Welt zu vertrauen. Nur: Wie geht das? Sollen wir alle unser Ego so weit aufblasen, bis wir glauben, wir seien James Bond, Superman und Arnold Schwarzenegger in Personalunion? Sollen wir so narzisstisch werden, dass wir es nicht mehr bemerken, wenn wir scheitern?
Dabei geht es darum, zu sich selbst in etwa die gleiche innere Haltung einzunehmen, wie Eltern zu ihren Kindern.
Die Psychologin Kristin Ness von der University of Texas in Austin schlägt ein Gegenmodell zum gängigen Aufbau von brusttrommelnder Selbstsicherheit vor: Sie nennt es Self-Compassion, übersetzen wir es einmal mit »Selbst-Mitgefühl«. Dabei geht es darum, zu sich selbst in etwa die gleiche innere Haltung einzunehmen, wie es Eltern in einer gesunden Beziehung mit ihren Kindern tun würden.
Also in etwa so:
Willst du das wirklich, was du da vorhast?
Ja, ich will das.
Glaubst du, du schaffst das?
Hm, nein, ich bin mir nicht sicher. Ich habe die Hoffnung. Aber auch große Zweifel.
Gut. Aber wie ist das, stell dir mal vor, du würdest es nicht hinbekommen: Könntest du dann damit leben? Könntest du in Frieden mit dir selbst weiterleben wenn es schiefgeht?
Ja, das könnte ich. Dann hast du meinen Segen, leg los! Wenn man das Spiel im Innern so aufbaut, dann kann man es nicht verlieren, dann baut man gegen die Dilemmata der Außenwelt im Innern eine sichere Bank auf. Kristin Neff schreibt selbst, dass ihr Konzept Ähnlichkeit mit der buddhistischen Weltsicht hat. Self-Compassion besteht bei genauerem Hinsehen aus drei Elementen: Erstens blickt man auf sich mit einer großen Freundlichkeit anstatt mit dem abschätzigen Bewertungsblick. Man ist sein eigener Freund, nicht sein eigener Richter. Zweitens sieht man sich als Mitglied der Menschheit und nicht als eine isolierte, von allen anderen unabhängige Instanz. Drittens bleibt man sich selbst gegenüber offen und aufmerksam und legt sich nicht fest. Ich verschreibe mich also nicht einer Option und bin dann unfähig, mich künftig davon zu lösen, ohne an Selbstwertgefühl einzubüßen. Sondern ich gestehe mir von vornherein selbst zu, meine Meinung zu ändern. Und habe geprüft, ob ich in Frieden mit mir selbst weiterleben kann, wenn es schiefgeht.
Mit dieser Grundhaltung kann ich beginnen, mir selbst zu vertrauen, also Selbstvertrauen aufzubauen. Selbstvertrauen, ganz ohne Egozentrik und Narzissmus, wird dann zum Gegenteil von Selbstzweifel. Es gibt also ein Gegenmittel! Selbstvertrauen. Nur: Wie geht das dann ganz praktisch?
Das ist nichts anderes als eine Einzahlung auf dem Erfahrungskonto mit dem Namen »Versprechen gehalten«.
Nun, wenn es darum geht, anderen zu vertrauen, wissen wir das doch ganz genau: Wir beginnen immer dann, anderen Menschen zu vertrauen, wenn sie einhalten, was sie versprochen haben. Einer sagt: Ich gebe dir morgen 20 Euro zurück. Am nächsten Tag tut er es. Und schon beginnen wir, ihm zu vertrauen. Das ist nichts anderes als eine Einzahlung auf dem Erfahrungskonto mit dem Namen »Versprechen gehalten«.
Bei unserem Selbstbetrug schauen nur wir selbst uns zu, sonst sieht es ja keiner. Und genau das ist das Problem.
Genauso würden wir uns auch selbst vertrauen, wenn wir einhalten würden,
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