Schatzfinder
Leben.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Commitment gerne in Bezug auf die Arbeitsaufgabe verwendet. Hier ist der Grad an Committment allerdings überschaubar und ziemlich ernüchternd: Nur 11 Prozent der in den letzten Jahren vom Beratungsunternehmen Gallup befragten deutschen Arbeitnehmer geben an, sich emotional stark an ihre Organisation gebunden zu fühlen. Das heißt nichts anderes, als dass 89 Prozent nicht committed sind, also einer Arbeit nachgehen, die sie nicht erfüllt, weil sie für sie persönlich keine große Bedeutung hat. Es ist nur ein Deal: Arbeitskraft gegen Geld.
Das ist insofern heutzutage nicht nur für diese Individuen eine schlimme Sache, sondern auch für Wirtschaft und Gesellschaft eine Katastrophe, weil wir in den Unternehmen seit dem Ende des Zeitalters der Fließbandarbeit, wie sie Charlie Chaplin 1936 in seinem Meisterwerk
Modern Times
so unübertroffen karikiert hat, nicht mehr die Arbeitszeit beziehungsweise Anwesenheit von Arbeitskräften benötigen, sondern ihr Commitment. Am besten das Commitment zum Erfolg des Unternehmens. Dem Erfolg des Unternehmens committet zu sein heißt, nicht eher aufzugeben, bevor es ihn hat. Wohlgemerkt: Angestrebt wird nicht der persönliche Erfolg des Mitarbeiters selbst, sondern der Erfolg des Unternehmens als Ganzes. Wir haben heute nicht mehr einfach nur die persönliche Leistungsverantwortung für die Arbeit pro Zeit, die wir abliefern, sondern wir haben die Ergebnisverantwortung.Es zählt nur, was dabei herauskommt. Das schulterzuckende »Wieso, ich hab meinen Job doch gut gemacht« ist nichts mehr wert, denn gute Jobs machen alle, das ist selbstverständlich geworden.
Jeder Job ist heute in Wahrheit eine freiwillige, aus der eigenen Überzeugung erwachsene, längerfristige Selbstverpflichtung. So müssen wir es verstehen. Richtig ein- und umgesetzt, werden Menschen dann zu echten Leistungsträgern, zu Workeuphorics statt zu Workaholics oder Burn-outlern.
Wir können kein Vertrauen in den Markt haben – wir können nur Vertrauen in uns haben, mit volatilen Märkten umzugehen.
Wer sich und die Arbeitswelt aus dieser Perspektive betrachtet, für den wird auch klar, dass es sinnlos geworden ist, darauf zu vertrauen, dass der Arbeitsmarkt oder der Absatzmarkt oder irgendwelche anderen Märkte für uns sorgen werden. So gut wie alle Märkte haben heute nur noch eine Konstante: die Veränderung. Wir können kein Vertrauen in den Markt haben – wir können nur Vertrauen in uns haben, mit volatilen Märkten umzugehen. Das ist die ureigenste individualistische Perspektive: Wir werden genau in dem Moment unabhängig und frei vom »System«, in dem wir beginnen, uns selbst zu vertrauen. Dementsprechend können wir von einer Führungskraft in der Wirtschaft oder in der Politik heute nicht mehr erwarten, dass sie den Weg in die Zukunft kennt. Aber wir dürfen sehr wohl erwarten, dass sie den Weg in die Zukunft findet. Und das ist ein großer Unterschied.
Den Weg in die Zukunft finden kann aber nur, wer ihn von Herzen gerne finden will und bereit ist, dafür große Risiken auf sich zu nehmen. Am Ergebnis kann man den Grad an Freiheit messen. Steve Jobs war so frei, das iPhone zu finden, Thomas Alva Edison war so frei, die alltagstaugliche Glühlampe zu finden, Kolumbus war so frei, Amerika zu finden. Ich kenne aber eine Führungskraft, die hat gar nichts gefunden …
Die Frucht des freien Willens
Als Gesellschafter einer meiner Unternehmen habe ich einmal meine Führungsriege zum Abendessen eingeladen. Wir wollten uns alle ein wenig näher kennenlernen, und so waren die Gespräche fernab des Geschäfts angesiedelt, mehr bei den Hobbys, Vorlieben und sonstigen Dingen, die man gerne tut. Dabei geschah etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Es geschah das Außergewöhnliche, das Schreckliche, etwas, das mich hinterher beinahe verzweifeln ließ. Und das war: Ich sah jeden Einzelnen bei der Beschreibung seiner Hobbys mit einem riesigen Lachen und einem strahlenden Gesicht vor mir sitzen. Ja, mit einem geradezu seligen, erfüllten Ausdruck und einer Aura des Glücks.
Es war grauenhaft. Keine Sorge, ich habe kein Problem damit, wenn Menschen glücklich sind. Nein, ich gönne so einen Ausdruck strahlenden Glücks jedem Menschen dieser Erde. Es war ein so schönes Bild. Es war großartig. Ich war ehrlich bewegt von so viel Commitment. Grauenhaft war etwas ganz anderes: nämlich die Tatsache, dass ich dieses Glück bisher im Rahmen der Arbeit bei keinem
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