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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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einzigen dieser Führungskräfte meines Unternehmens gesehen hatte.
    Noch nie. Noch nicht einmal mit 10 Prozent des Ausmaßes an Spaß und Freude, zu dem diese Menschen offenbar außerhalb der Arbeit fähig waren. Ich bin ja eine Heulsuse, und darum brachte mich diese Diskrepanz, die mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel überfiel, noch am Tisch beinahe zum Weinen. Am schlimmsten war es bei dem Geschäftsführer, der geradezu beseelt über seine Erlebnisse als Kick- und Thaiboxer sprach. Während er schwärmte, dachte ich: »Mensch Junge, bitte kündige sofort. Du bist eindeutig am falschen Platz bei mir. Ich kann dir so ein Glück nicht bieten. Gehe. Werde Boxlehrer, Profisportler, mach ein Gym auf oder sonst was, aber mach dich doch nicht selbst so unglücklich mit dem, was du in meinem Unternehmen tust.«
    Damals war ich noch viel zu verwirrt, um das anzusprechen. Und wahrscheinlich war ich auch zu feige. Immerhin hatten mir ja auch alle versichert, dass sie ihren Job gerne machen. Außerdemließ ich dem Geschäftsführer und der Geschäftsleitung freie Hand, sich das Unternehmen und das Umfeld so zu gestalten, dass es für sie funktioniert.
    Aber es funktionierte nicht. Es funktionierte aber auch rein gar nicht. Und ich Trottel hatte die Augen zugemacht. Es folgten die ersten Besprechungen, in denen der Geschäftsführer meinte, irgendwie nicht motiviert zu sein. Ja, wer soll ihn denn motivieren? Gott? Die Kanzlerin? Oder soll ich ihm ein paar Boxhandschuhe mitbringen?
    Als ich die Firma an eben diesen Geschäftsführer übergeben hatte, lag allein auf dem Girokonto eine Liquidität von 2,8 Millionen Euro. Als er zwei Jahre später kündigte, gab er mir den Rat, Insolvenz anzumelden, denn das Konto war mittlerweile im Minus. Was man in zwei Jahren alles verbrennen kann …
    Noch bei der Einstellung hatte er mir versichert, dass er so ein Kerl war, der sinngemäß bis zu den Knien im Blut stehen könnte, ohne dass es ihm was ausmacht. Ein Macher. Einer, der es bringt, auch wenn es tough ist. Heute glaube ich eher, dass er einer ist, der sinngemäß schon beim Blutabnehmen ohnmächtig wird. Heute ist mir klar: Diese Typen haben kein Commitment, sie spielen Commitment. Sie sind nicht frei, um das Beste zu geben, dass sie haben, sie täuschen diese Freiheit nur vor. Das sind die Business-Nomaden, die als Vorstände oder Geschäftsführer von Firma zu Firma ziehen, überall zwei, drei Jahre bleiben, sich nach außen so darstellen, als hätten sie das Unternehmen gerissen – und in Wirklichkeit hoffnungslos versagen und auf den nächsten Job spekulieren. Ein Trauerspiel, das ich in vielen Unternehmen sehe. Aber damals habe ich es am eigenen Leib mitbekommen. Und ja, auch am eigenen Geldbeutel. Das irregeleitete Vertrauen, dass ich in ihn gesetzt hatte, kostete mich ein halbes Vermögen.
    Geldbeutel. Das ist das richtige Stichwort. Ja, der Geldbeutel ist für diese Leute die einzige Motivationsquelle. Mein Geschäftsführer war so einer. Er erklärte mir immer wieder, warum dies und jenes nicht möglich ist, nicht geht, oder er als Geschäftsführer dazu rechtlich nicht in der Lage ist. Er gab vor, so regelbewusst zu sein, dass ich schon begann, von Paragrafen zu träumen.Als ich merkte, dass das alles kein gutes Ende nehmen würde, wollte ich es dann doch noch mal genau wissen und testete ihn. Ich bat ihn, einen illegalen Beratervertrag für mich auszustellen, was ich auch mit einer netten Privatzahlung in Höhe von 20 000 Euro honorieren würde. Ein unmoralisches Angebot. Was passierte? Wer hätte das gedacht – am nächsten Tag hatte ich meinen Vertrag im Posteingang. Ich habe ihn natürlich nie unterschrieben, wusste nun aber, dass er keineswegs regelbewusst war, sondern schlicht umsetzungsschwach. Andere würden »faul« sagen. Noch ganz andere würden »clever« sagen. Unterm Strich war er unabhängig von Moral und Anstand einfach nur unfähig zum Erfolg. Dafür wusste ich nun aber, wozu er sehr wohl fähig war, nämlich zur Korruption. Und das bei einem sechsstellig bezifferten Arbeitsvertrag! Halleluja!
    Obwohl ich wahrlich genug anderes zu tun hatte, übernahm ich daraufhin kommissarisch das Unternehmen als Geschäftsführer. Mir ging es dabei nicht nur um die Rettung meines Investments, sondern mich packte recht bald auch die Neugier, was in diesem Karren, der im Dreck steckte, noch drin war. Nur ein Jahr später sah die Welt nämlich wieder rosig aus: Wir haben den Gewinn im Vergleich zu unserem jemals

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