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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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fast ständig an dich gedacht. Mir war klar, daß ich dich wiedersehen mußte, obwohl du mir gesagt hattest, ich solle mich nicht mehr blicken lassen. Ich hab nicht ein einziges verdammtes Paar Schuhe verkauft.«
    Jess lachte und weinte zu gleicher Zeit. »Und was ist mit deinen Eltern?« fragte sie.
    »Ich hab sie nicht mehr gesehen, seit ich aus Springfield weggegangen bin.«
    »Das muß schwer sein für dich.«
    Er sah sie erstaunt an. »Die meisten Leute hätten gesagt, es müßte für sie schwer sein. Aber ja, es ist auch für mich schwer«, bekannte er.
    »Warum tust du es dir dann an?«
    »Wahrscheinlich bin ich einfach noch nicht soweit, daß ich ihnen gegenübertreten kann«, antwortete er. »Ich telefoniere ab und zu mit ihnen. Sie bemühen sich, mich zu verstehen und mir die Zeit zu lassen, die ich brauche, aber du hast recht, es macht eigentlich keinen Sinn mehr. Aber man fällt eben leicht in einen Trott. Manchmal in einen gefährlichen Trott.«
    »In Springfield hast du nicht im Schuhgeschäft gearbeitet, nicht wahr?« fragte sie, obwohl sie die Antwort schon wußte.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Was hast du gearbeitet?«
    »Möchtest du das wirklich wissen?«
    »Ich habe das schreckliche Gefühl, daß ich es schon weiß«, erwiderte sie. »Du bist Anwalt, nicht wahr?«

    Er nickte schuldbewußt. »Ich wollte es dir sagen, aber jedesmal hab ich mir gedacht, was spielt es für eine Rolle, ich melde mich ja doch nicht wieder bei ihr.«
    »Und da hab ich dir einen endlosen Vortrag über die Juristerei gehalten, über unser Rechtssystem...«
    »Ich fand ihn hervorragend. Es war der reinste Auffrischungskurs. Mir ist dadurch so richtig bewußt geworden, wie sehr ich meinen Beruf vermisse. Dein Enthusiasmus ist ansteckend. Und du bist eine großartige Lehrerin.«
    »Ich komme mir vor wie eine Vollidiotin.«
    »Der einzige Idiot an diesem Tisch bin ich«, behauptete er.
    »Worauf hattest du dich spezialisiert?« Sie fing an zu lachen, noch ehe sie seine Antwort gehört hatte.
    »Strafrecht«, lautete die erwartete Antwort.
    »Natürlich.« Jess rieb sich die Stirn und dachte, sie hätte davonlaufen sollen, als sie die Chance dazu gehabt hatte.
    »Ich wollte dich wirklich nie belügen«, sagte er noch einmal, »ich habe nur nie gedacht, daß es sich so weit entwickeln würde.«
    »Wie weit?« fragte Jess.
    »So weit, daß mir klar wurde, daß ich dich auf keinen Fall verlieren wollte, und daß ich dir über mich die Wahrheit sagen wollte. So weit, daß ich glaube, ich liebe dich«, sagte er leise.
    »Erzähl mir von deiner Tochter«, sagte Jess. Sie griff über den Tisch und nahm seine Hände in ihre.
    »Was soll ich dir erzählen?« fragte er mit zitternder Stimme.
    »Erzähl mir von schönen Dingen, an die du dich erinnerst.«
    Er schwieg lange. Carla näherte sich dem Tisch, fing einen Blick von Jess auf und ging wieder.
    »Ich erinnere mich, als sie vier Jahre alt war. Sie war in heller Aufregung, weil sie am nächsten Tag Geburtstag hatte«, begann Adam. »Susan hatte ihr ein neues Kleid gekauft, und sie konnte nicht erwarten, es anzuziehen. Sie hatte eine ganze Horde Kinder zu ihrem Fest
eingeladen, und wir hatten Spiele vorbereitet und einen Zauberer engagiert, na ja, was eben so zu einem Kinderfest gehört. In der Nacht vor dem Geburtstag, Susan und ich waren im Bett und schliefen fest, tippte mir plötzlich jemand zaghaft auf den Arm. Als ich die Augen aufmachte, sah ich Beth an meinem Bett stehen. ›Was ist denn, meine Süße?‹ fragte ich, und sie sagte mit ihrem aufgeregten hellen Stimmchen: ›Heute ist mein Geburtstag.‹ Ich sagte: ›Ja, das stimmt, aber geh jetzt wieder ins Bett, Schatz, es ist ja erst drei Uhr morgens.‹ ›Ach‹, sagte sie da, ›ich dachte, es wäre schon Zeit zum Aufstehen. Ich hab mich schon ganz angezogen.‹ Und so war es auch. Sie hatte ganz allein ihr neues Kleid angezogen und Strümpfe und Schuhe und stand nun um drei Uhr morgens fix und fertig für ihr Geburtstagsfest an meinem Bett. Ich weiß noch, wie ich dachte, wie wunderbar solche Vorfreude ist. Ich bin aufgestanden und habe sie in ihr Zimmer zurückgebracht. Sie zog wieder ihren Pyjama an, ich hab sie ins Bett gepackt, und sie ist sofort wieder eingeschlafen.«
    »Das ist eine schöne Geschichte«, sagte Jess.
    Adam lächelte. Sie sah den feuchten Schimmer in seinen Augen.
    »Einmal, als sie gerade in den Kindergarten gekommen war, sie muß eben drei gewesen sein, erzählte sie mir, in ihrer Gruppe sei ein

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