Schau Dich Nicht Um
sie umzubringen, wenn sie gegen ihn aussagen sollte -«
»Euer Ehren, wir drehen uns doch hier nur im Kreis.« Don hob gereizt und ungeduldig die Arme.
»Was ist denn los?« rief Mrs. Gambala vom Zeugenstand herüber. »Ich verstehe das alles nicht.«
Caroline McMahon sah die alte Frau teilnahmsvoll an. »Sie können den Zeugenstand verlassen, Mrs. Gambala«, sagte sie freundlich.
»Ich versteh das alles nicht«, wiederholte Mrs. Gambala.
»Es ist schon in Ordnung«, versicherte ihr Jess und half ihr aus dem Zeugenstand. »Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht, Mrs. Gambala.«
»Müssen Sie mich denn nichts mehr fragen?«
»Im Augenblick nicht, nein.«
»Und der Mann muß mich auch nichts fragen?« Sie wies mit zitterndem Finger auf Don.
»Nein«, sagte Jess leise. Während Neil Strayhorn Mrs. Gambala in den Flur hinausführte, sah sie Tom Olinsky an und sah die Resignation in seinem Gesicht.
»Ich bin jetzt bereit, über Ihren Antrag zu entscheiden, Mr. Shaw«, sagte die Richterin.
Don und Jess traten näher an den Richtertisch.
»Ich neige dazu, in dieser Frage der Verteidigung rechtzugeben, Ms. Koster«, begann sie.
»Aber, Euer Ehren -«
»Die präjudizierende Wirkung der Aussagen überwiegt eindeutig ihren Beweiswert. Ich werde daher der Anklage untersagen, dieses Material bei der Verhandlung vorzutragen.«
»Aber ohne diese Aussagen sind unsere Hände gebunden, Euer Ehren. Die Anklage kann dann kein Motiv nachweisen. Unsere ganze Beweisführung bricht zusammen.«
»Da kann ich nur zustimmen«, erklärte die Richterin. »Sind Sie bereit, Antrag auf Verfahrenseinstellung zu stellen?«
Jess blickte von der Richterin zu ihrem geschiedenen Mann. Immerhin war er so anständig, keine Schadenfreude zu zeigen.
»Die Entscheidung liegt bei dir«, sagte er zu ihr.
Eine Minute später wurde das Verfahren gegen Rick Ferguson eingestellt.
»Wie konntest du nur?« fragte Jess Don zornig, während sie in dem jetzt leeren Korridor vor dem Gerichtssaal auf und ab lief.
Tom Olinsky war ins Büro zurückgekehrt; Neil war am anderen Ende des langen Ganges und versuchte, Mrs. Gambala und den beiden anderen Zeuginnen zu erklären, was geschehen war, warum
man Rick Ferguson nicht wegen Mordes unter Anklage stellen würde.
»Wie konntest du zulassen, daß dieser Killer ungeschoren davonkommt?«
»Du hattest nichts in der Hand, Jess.«
»Du weißt, daß er sie getötet hat. Du weißt, daß er schuldig ist!«
»Seit wann zählt so etwas vor Gericht?« fragte Don scharf, aber gleich wurde seine Stimme wieder weich. »Jess, ich weiß ja, wie gern du Rick Ferguson als den Schuldigen sehen möchtest. Ich weiß, wie gern du ihn hinter Gitter befördern möchtest. Ehrlich gesagt, mir wäre auch wohler, wenn er säße, wenigstens bis wir wissen, wer diesen Terror gegen dich veranstaltet. Aber ich bin keineswegs davon überzeugt, daß Rick Ferguson der Mann ist, den wir suchen, und ich kann nicht meine Pflicht als Anwalt meines Mandanten vernachlässigen, nur weil ich dich liebe.« Er schwieg und sah sie forschend an, offensichtlich auf ein Zeichen des Verständnisses wartend. Aber Jess verweigerte es ihm. »Komm, schließen wir einen Waffenstillstand«, bot er ihr an. »Gehen wir zusammen essen. Ich lade dich ein.«
»Ich glaube nicht, daß das unter den gegebenen Umständen eine gute Idee wäre.«
»Aber, Jess«, drängte er, »du kannst doch diese Dinge nicht persönlich nehmen.«
»Aber ich tu’s. Tut mir leid, wenn dich das enttäuscht.«
»Du enttäuschst mich nie.«
Jess’ Zorn ließ nach. Welchen Sinn hatte es, Don böse zu sein, wenn sie in Wirklichkeit auf sich selbst zornig war?
»Heute abend kann ich nicht, Don. Ich habe schon etwas vor«, sagte sie.
»Adam?«
»Meine Schwester«, entgegnete sie. »Und mein Schwager. Und mein Vater. Und seine neue Frau. Der krönende Abschluß eines perfekten Tages. Bis bald.«
Sie drehte sich auf dem Absatz um und sah sich unerwartet Rick Ferguson gegenüber. »Du lieber Gott!«
»Nein, nein«, sagte er grinsend. »Ich bin’s nur. Ich hab eigentlich gehofft, wir würden zur Feier des Tages noch ein Glas zusammen trinken«, sagte er über Jess’ Kopf hinweg zu Don.
»Tut mir leid, ich kann nicht«, erwiderte Don kalt.
»Oh, das ist aber schade«, sagte Rick mit einem Lächeln, das ganz im Gegensatz zu seinen Worten stand. »Wie ist es mit Ihnen, Jess? Ich könnte Ihnen einiges zeigen.«
»Sie werden ihr gar nichts zeigen«, sagte Don scharf. »Sie wird
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