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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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abend. Vielleicht ein andermal. Ich bin so müde. Ich möchte nur noch nach Hause und in mein Bett.«
    Barry kam wieder in den Flur. »Es ist für dich, Jess.«
    »Für mich? Aber es weiß doch gar niemand, daß ich hier bin.«
    »Dein Ex-Mann scheint es zu wissen.«
    »Don?« Jess erinnerte sich vage, ihm erzählt zu haben, daß sie bei ihrer Schwester zum Essen war.
    »Er sagt, es sei wichtig.«
    »Wir gehen inzwischen wieder ins Eßzimmer«, sagte Maureen.
    Wie in Trance ging Jess zum Telefon. »Ist etwas passiert?« fragte sie ohne ein Wort des Grußes. »Hat Rick Ferguson gestanden?«
    »Rick Ferguson ist auf dem Weg nach Los Angeles. Ich habe ihm einen Flugschein gekauft und ihn selbst um sieben Uhr in die Maschine gesetzt. Wegen Ferguson mach ich mir keine Sorgen.«
    »Weshalb machst du dir dann Sorgen?« fragte Jess.
    »Siehst du Adam heute abend?«
    »Adam? Nein, er ist verreist.«
    »Ganz sicher?«
    »Was soll das heißen, ganz sicher?«
    »Ich möchte, daß du heute nacht bei deiner Schwester bleibst.«

    »Was? Wieso denn? Was redest du da?«
    »Jess, ich habe diesen Mann überprüfen lassen. Wir haben bei der Anwaltskammer angerufen. Dort hat man nie von einem Anwalt namens Adam Stohn gehört.«
    »Was?«
    »Du hast richtig gehört, Jess. Sie kennen den Mann dort nicht. Und wenn er dich über seine Person angelogen hat, dann kann es leicht sein, daß er dich auch mit seiner Reise angelogen hat. Tu mir den Gefallen und bleib bei deiner Schwester. Wenigstens heute nacht.«
    »Das kann ich nicht«, flüsterte Jess eingedenk all dessen, was an diesem Abend geschehen war.
    »Wieso nicht?«
    »Ich kann eben nicht. Bitte, Don, frag mich jetzt nicht.«
    »Dann komme ich zu dir.«
    »Nein! Bitte nicht. Ich bin eine erwachsene Frau. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    »Du kannst anfangen, auf dich selbst aufzupassen, wenn wir wissen, daß alles in Ordnung ist.«
    »Es ist alles in Ordnung«, behauptete Jess. Sie fühlte sich am ganzen Körper wie betäubt, als hätte man ihr eine Überdosis Novocain gespritzt. »Adam will mir nichts Böses«, murmelte sie, das Gesicht vom Hörer abgewandt.
    »Hast du etwas gesagt?«
    »Ich habe gesagt, du sollst dir keine Sorgen machen«, erwiderte Jess. »Ich ruf dich morgen an.«
    »Jess...«
    »Ich melde mich morgen.« Sie legte auf.
    Ein paar Sekunden lang blieb sie am Telefon stehen und versuchte zu begreifen, was Don ihr erzählt hatte. Keine Eintragung für einen Rechtsanwalt namens Adam Stohn? Kein Anwalt dieses Namens im Register des Staates Illinois verzeichnet? Aber weshalb sollte er sie
belogen haben? Und machte das auch alles andere, was er ihr gesagt hatte, zur Lüge? Ergab denn nichts in ihrem Leben mehr einen Sinn?
    Jess starrte den nackten Weihnachtsbaum an, der auf seinen Schmuck wartete, hörte die gedämpften Stimmen aus dem Eßzimmer. »Ich glaube, wir haben uns eine Menge zu sagen«, hatte ihre Schwester gesagt. Und sie hatte recht. Vieles mußte endlich ausgesprochen, vieles endlich bearbeitet werden. Vielleicht würde sie am Montag vormittag Stephanie Banack anrufen, fragen, ob sie wiederkommen durfte. Sie mußte aufhören, sich wie Richterin und Geschworene in eigener Sache aufzuführen, das wurde ihr jetzt klar, während sie geräuschlos in die Diele hinausschlich. Es war Zeit, die lähmenden Schuldgefühle abzuschütteln, die sie acht Jahre lang mit sich herumgeschleppt hatte.
    Sie nahm ihre Handtasche, ließ aber ihren Mantel im Garderobenschrank hängen, öffnete lautlos die Haustür und trat in die bitterkalte Nachtluft hinaus. Eine Minute später saß sie am Steuer ihres Mietwagens und raste die Sheridan Road hinunter, tränenüberströmt, eingehüllt von dröhnender Musik aus dem Radio, nur von dem Wunsch getrieben, in ihr Bett zu kriechen, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und bis zum Morgen zu verschwinden.

27
    S ie weinte immer noch, als sie zu Hause ankam. »Hör endlich auf zu heulen!« fuhr sie sich ungeduldig an. Sie schaltete den Motor aus und setzte Mick Jaggers frauenfeindlichen Prahlereien ein Ende. »Under my thumb« heulte er in ihrem Kopf, als sie durch die eisige Kälte zur Haustür rannte; sie schob den Schlüssel ins Schloß, drückte die Tür auf und sperrte sie hinter sich wieder ab. Was heulst du denn immer noch? fragte sie sich. Nur weil du dich heute abend
wie eine Vollidiotin benommen hast, weil du deine Schwester als Donna Reed und deinen Schwager als Perversen beschimpft, dich der neuen Freundin deines Vaters von

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