Schau Dich Nicht Um
Entwicklung lassen.«
»Wie kannst du das sagen?«
»Schatz, ich sage ja nicht, daß du ihn nicht heiraten sollst«, wiederholte ihre Mutter.
»Doch, sagst du schon. Genau das sagst du.«
»Ich sage nur, du solltest noch ein paar Jahre warten. Du bist gerade erst am Beginn deines Studiums. Warte, bis du dein Examen gemacht hast. Warte, bis du die Chance gehabt hast, dir darüber klarzuwerden, wer du bist und was du willst.«
»Ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, was ich will. Ich will Don. Und ich werde ihn heiraten, ob es dir paßt oder nicht.«
Ihre Mutter schenkte sich seufzend von dem frisch gekochten Kaffee ein. »Möchtest du auch eine Tasse?«
»Von dir möchte ich gar nichts«, entgegnete Jess bockig.
»Okay, vergessen wir es.«
»Ich will es aber nicht vergessen. Du glaubst, du kannst erst mit diesen Geschichten anfangen und dann, wenn du keine Lust mehr hast weiterzudiskutieren, einfach sagen, vergessen wir’s.«
»Ich hätte überhaupt nichts sagen sollen.«
»Ganz recht. Du hättest überhaupt nichts sagen sollen.«
»Manchmal vergesse ich eben, daß du alles besser weißt.«
»Na das ist ja toll, Mutter. Das ist echt toll.«
»Entschuldige, Kind. Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich bin wahrscheinlich heute ein bißchen nervös und vielleicht auch aufgeregter, als mir selbst klar war.« Ihrer Mutter schossen die Tränen in die Augen.
»Bitte wein jetzt nicht«, sagte Jess und sah zur Zimmerdecke hinauf. »Warum mußt du mir immer so ein schlechtes Gewissen machen?«
»Es ist doch gar nicht meine Absicht.«
»Dann hör auf, mein Leben für mich leben zu wollen.«
»Das will ich nun wirklich nicht, Jess«, entgegnete ihre Mutter weinend. »Natürlich sollst du dein eigenes Leben leben.«
»Dann misch dich nicht ein! Bitte!« fügte Jess hinzu, um ihren Worten die Härte zu nehmen, aber sie wußte, daß es zu spät war.
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht nötig, Jess«, sagte sie. »Das muß ich mir von dir nicht gefallen lassen.«
Und wie war es weitergegangen? fragte sich jess jetzt. Sie fühlte sich wie ein Spielzeug zum Aufziehen, das nicht aufhören konnte sich zu drehen, bis sein Räderwerk abgelaufen war. Unbedachte Worte. Zornige Beteuerungen. Stolz auf beiden Seiten.
»Du brauchst nicht mit mir zum Arzt zu gehen. Das kann ich auch allein erledigen.«
»Wie du willst.«
Sie war aus dem Haus gestürmt. Und hatte ihre Mutter nicht lebend wiedergesehen.
Jess sprang auf und rannte zur Tür. Sie stieß gegen die beiden Babywippen und hätte sie beinahe umgeworfen, nahm sich eine Sekunde Zeit, um sie wieder richtig hinzustellen.
»Es tut mir leid, Jess«, rief Maureen ihr weinend nach. »Bitte geh doch jetzt nicht. Ich hab das doch alles nicht so gemeint.«
»Wieso nicht?« Jess blieb abrupt stehen und drehte sich nach ihrer Schwester um, sah wieder das Gesicht ihrer Mutter. »Es ist alles wahr, was du gesagt hast. Es ist alles wahr.«
»Aber es war doch nicht deine Schuld«, entgegnete Maureen. »Was unserer Mutter zugestoßen ist, war doch nicht deine Schuld.«
Jess schüttelte ungläubig den Kopf. »Wie kannst du das sagen?« fragte sie. »Wenn ich mit ihr zum Arzt gefahren wäre, wie ich es versprochen hatte, wäre sie nicht verschwunden.«
»Das kannst du doch gar nicht wissen.«
»Doch, ich weiß es. Und du weißt es auch. Wenn ich mit ihr zum Arzt gefahren wäre, wäre sie heute noch hier.«
»Aber nicht, wenn jemand es auf sie abgesehen hatte«, rief ihr Vater und kam mit Barry in den Vorsaal hinaus. »Nicht, wenn jemand sich vorgenommen hatte, ihr etwas anzutun. Du weißt so gut wie ich, daß es praktisch unmöglich ist, jemanden zu hindern, wenn er es wirklich darauf abgesehen hat, einem etwas anzutun.«
Jess dachte augenblicklich an Rick Ferguson.
Das Telefon läutete.
»Ich geh schon hin«, rief Barry und eilte ins Wohnzimmer. Von den anderen rührte sich keiner von der Stelle.
»Gehen wir doch wieder ins Eßzimmer und setzen uns«, schlug Maureen vor.
»Ich glaube wirklich, ich sollte jetzt gehen«, sagte Jess zu ihr.
»Wir haben über das, was damals geschehen ist, niemals gesprochen«, sagte Maureen. »Ich meine, wir haben über die Tatsachen gesprochen, über die Details. Aber über unsere Gefühle haben wir nie gesprochen. Ich glaube, wir hätten uns da eine Menge zu sagen. Meinst du nicht?«
»Ich möchte ja gern.« Jess’ Stimme klang wie die eines kleinen Kindes. »Aber ich glaube, ich kann nicht. Jedenfalls nicht heute
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